völkerung den Bauern, den Weingärtner in vergebliche Schinderei, Armuth, Häßlichkeit herabdrückt. Schon die ägyptischen Darstellungen haben diesen Stoff benützt; der Schild des Achilles, L. Roberts Schnitter und jede Idylle zeigt seine Schönheit. Der Bauernstand ist der "substantielle", alterthümlich schlichte Stand. Daß feste Ansiedlung, Häuslichkeit, Schutz des Eigenthums, Recht und Sitte mit dem Landbau begann, ist eine Betrachtung, die unmittelbar mit dem sinnlichen Bilde, das er gibt, in Ein ästhetisches Ganzes aufgeht. Schillers Eleusisches Fest und Spazier- gang. Wie viel Großes in der Schifffahrt liegt, spricht Horaz höchst poetisch in der Ode an Virgil aus. Die Kühnheit ist das eine große ästhetische Moment, der Kampf mit dem Ozean; dann legt sich in das bewegte Bild des schwebenden Schiffes mit den todverachtenden Matrosen und dem ernsten Steuermann die große Idee des Völkerbildenden Verkehrs. Dieser ist namentlich durch die Bestimmung der Schifffahrt für den Handel vermittelt und der letztere bietet, wie schon angedeutet ist, noch sinnlichen Erscheinungsstoff genug, um der Idee der Humanität, zu deren Verwirk- lichung er so wesentlich beiträgt, die nöthige Unterlage zu geben. Auch die "Völkerverbindende" Straße, die sich, ein weißes Band, in die Ferne windet, die Brücke u. s. w. gehören hieher. Allerdings kommt nun Alles auf die Formen an. Eine Karavane ist ästhetischer, als ein Commis voyageur, der gefahrvolle, von Raubrittern bedrohte Zug früherer Kauf- leute zur Messe war ein anderes Bild, als die jetzige leichte und gefahr- lose Beförderung und je moderner, um so prosaischer erscheint der rechnende Kaufmann.
4. Der Krieg ist eines der bedeutendsten ästhetischen Schauspiele im Sinne des Furchtbaren; die höchste Entladung sinnlicher Kräfte durch den Geist des todverachtenden Muthes. Die Grenze des Schönen liegt auch hier in der blutigen Wildheit ohne sittlichen Zweck auf der einen, im mechanischen Dienste, der den Zweck zu wissen und zu fühlen den Herrn und Diplomaten überläßt, auf der andern Seite; in demselben Grade, als das Letztere herrschend wird, werden auch die Formen eintönig mathematisch, abstract. Die schöne Mitte ist der Krieg für das Vaterland in lebendigen Formen, welche den ganzen Mann in Anspruch nehmen, den Körper in voller Bewegung zeigen und die Massen zwar ordnen, aber zugleich der freieren Zufälligkeit des Zweikampfs, der aufgelöst kämpfenden Gruppen Raum lassen. Der Soldatenstand trägt den Stempel seines Pathos als dauerndes Gepräge, das aber im stehenden Heere bei langem Frieden ganz philisterhaft und spezifisch langweilig wird. Der kriegerische Ausdruck gehört eigentlich jedem Mann und jeder Mann soll Krieger sein. Der Krieg ist seiner Natur nach momentan; er soll Frieden schaffen, daß die menschliche Bildung blühe, daher kann es eigentlich
völkerung den Bauern, den Weingärtner in vergebliche Schinderei, Armuth, Häßlichkeit herabdrückt. Schon die ägyptiſchen Darſtellungen haben dieſen Stoff benützt; der Schild des Achilles, L. Roberts Schnitter und jede Idylle zeigt ſeine Schönheit. Der Bauernſtand iſt der „ſubſtantielle“, alterthümlich ſchlichte Stand. Daß feſte Anſiedlung, Häuslichkeit, Schutz des Eigenthums, Recht und Sitte mit dem Landbau begann, iſt eine Betrachtung, die unmittelbar mit dem ſinnlichen Bilde, das er gibt, in Ein äſthetiſches Ganzes aufgeht. Schillers Eleuſiſches Feſt und Spazier- gang. Wie viel Großes in der Schifffahrt liegt, ſpricht Horaz höchſt poetiſch in der Ode an Virgil aus. Die Kühnheit iſt das eine große äſthetiſche Moment, der Kampf mit dem Ozean; dann legt ſich in das bewegte Bild des ſchwebenden Schiffes mit den todverachtenden Matroſen und dem ernſten Steuermann die große Idee des Völkerbildenden Verkehrs. Dieſer iſt namentlich durch die Beſtimmung der Schifffahrt für den Handel vermittelt und der letztere bietet, wie ſchon angedeutet iſt, noch ſinnlichen Erſcheinungsſtoff genug, um der Idee der Humanität, zu deren Verwirk- lichung er ſo weſentlich beiträgt, die nöthige Unterlage zu geben. Auch die „Völkerverbindende“ Straße, die ſich, ein weißes Band, in die Ferne windet, die Brücke u. ſ. w. gehören hieher. Allerdings kommt nun Alles auf die Formen an. Eine Karavane iſt äſthetiſcher, als ein Commis voyageur, der gefahrvolle, von Raubrittern bedrohte Zug früherer Kauf- leute zur Meſſe war ein anderes Bild, als die jetzige leichte und gefahr- loſe Beförderung und je moderner, um ſo proſaiſcher erſcheint der rechnende Kaufmann.
4. Der Krieg iſt eines der bedeutendſten äſthetiſchen Schauſpiele im Sinne des Furchtbaren; die höchſte Entladung ſinnlicher Kräfte durch den Geiſt des todverachtenden Muthes. Die Grenze des Schönen liegt auch hier in der blutigen Wildheit ohne ſittlichen Zweck auf der einen, im mechaniſchen Dienſte, der den Zweck zu wiſſen und zu fühlen den Herrn und Diplomaten überläßt, auf der andern Seite; in demſelben Grade, als das Letztere herrſchend wird, werden auch die Formen eintönig mathematiſch, abſtract. Die ſchöne Mitte iſt der Krieg für das Vaterland in lebendigen Formen, welche den ganzen Mann in Anſpruch nehmen, den Körper in voller Bewegung zeigen und die Maſſen zwar ordnen, aber zugleich der freieren Zufälligkeit des Zweikampfs, der aufgelöst kämpfenden Gruppen Raum laſſen. Der Soldatenſtand trägt den Stempel ſeines Pathos als dauerndes Gepräge, das aber im ſtehenden Heere bei langem Frieden ganz philiſterhaft und ſpezifiſch langweilig wird. Der kriegeriſche Ausdruck gehört eigentlich jedem Mann und jeder Mann ſoll Krieger ſein. Der Krieg iſt ſeiner Natur nach momentan; er ſoll Frieden ſchaffen, daß die menſchliche Bildung blühe, daher kann es eigentlich
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völkerung den Bauern, den Weingärtner in vergebliche Schinderei, Armuth,
Häßlichkeit herabdrückt. Schon die ägyptiſchen Darſtellungen haben dieſen
Stoff benützt; der Schild des Achilles, L. Roberts Schnitter und jede
Idylle zeigt ſeine Schönheit. Der Bauernſtand iſt der „ſubſtantielle“,
alterthümlich ſchlichte Stand. Daß feſte Anſiedlung, Häuslichkeit, Schutz
des Eigenthums, Recht und Sitte mit dem Landbau begann, iſt eine
Betrachtung, die unmittelbar mit dem ſinnlichen Bilde, das er gibt, in
Ein äſthetiſches Ganzes aufgeht. Schillers Eleuſiſches Feſt und Spazier-
gang. Wie viel Großes in der Schifffahrt liegt, ſpricht Horaz höchſt
poetiſch in der Ode an Virgil aus. Die Kühnheit iſt das eine große
äſthetiſche Moment, der Kampf mit dem Ozean; dann legt ſich in das
bewegte Bild des ſchwebenden Schiffes mit den todverachtenden Matroſen
und dem ernſten Steuermann die große Idee des Völkerbildenden Verkehrs.
Dieſer iſt namentlich durch die Beſtimmung der Schifffahrt für den Handel
vermittelt und der letztere bietet, wie ſchon angedeutet iſt, noch ſinnlichen
Erſcheinungsſtoff genug, um der Idee der Humanität, zu deren Verwirk-
lichung er ſo weſentlich beiträgt, die nöthige Unterlage zu geben. Auch
die „Völkerverbindende“ Straße, die ſich, ein weißes Band, in die Ferne
windet, die Brücke u. ſ. w. gehören hieher. Allerdings kommt nun Alles
auf die Formen an. Eine Karavane iſt äſthetiſcher, als ein Commis
voyageur, der gefahrvolle, von Raubrittern bedrohte Zug früherer Kauf-
leute zur Meſſe war ein anderes Bild, als die jetzige leichte und gefahr-
loſe Beförderung und je moderner, um ſo proſaiſcher erſcheint der
rechnende Kaufmann.
4. Der Krieg iſt eines der bedeutendſten äſthetiſchen Schauſpiele
im Sinne des Furchtbaren; die höchſte Entladung ſinnlicher Kräfte durch
den Geiſt des todverachtenden Muthes. Die Grenze des Schönen liegt
auch hier in der blutigen Wildheit ohne ſittlichen Zweck auf der einen,
im mechaniſchen Dienſte, der den Zweck zu wiſſen und zu fühlen den
Herrn und Diplomaten überläßt, auf der andern Seite; in demſelben
Grade, als das Letztere herrſchend wird, werden auch die Formen eintönig
mathematiſch, abſtract. Die ſchöne Mitte iſt der Krieg für das Vaterland
in lebendigen Formen, welche den ganzen Mann in Anſpruch nehmen,
den Körper in voller Bewegung zeigen und die Maſſen zwar ordnen,
aber zugleich der freieren Zufälligkeit des Zweikampfs, der aufgelöst
kämpfenden Gruppen Raum laſſen. Der Soldatenſtand trägt den Stempel
ſeines Pathos als dauerndes Gepräge, das aber im ſtehenden Heere bei
langem Frieden ganz philiſterhaft und ſpezifiſch langweilig wird. Der
kriegeriſche Ausdruck gehört eigentlich jedem Mann und jeder Mann ſoll
Krieger ſein. Der Krieg iſt ſeiner Natur nach momentan; er ſoll Frieden
ſchaffen, daß die menſchliche Bildung blühe, daher kann es eigentlich
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Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik0201_1847/198>, abgerufen am 16.07.2024.
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