Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.
keinen besondern Stand für ihn geben. Weil der Krieg momentan ist, Alle diese Sphären müßen noch anderwärts berührt und diese §. 328. Aus diesen bildenden Thätigkeiten erwächst der Staat, in dessen gesetz- Der §. setzt als anerkannt voraus, daß der Gehalt, der in §. 24
keinen beſondern Stand für ihn geben. Weil der Krieg momentan iſt, Alle dieſe Sphären müßen noch anderwärts berührt und dieſe §. 328. Aus dieſen bildenden Thätigkeiten erwächst der Staat, in deſſen geſetz- Der §. ſetzt als anerkannt voraus, daß der Gehalt, der in §. 24 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0199" n="187"/> keinen beſondern Stand für ihn geben. Weil der Krieg momentan iſt,<lb/> ſo wird auch ſein fortgeſetzter Anblick wüſt, ermüdend. Wir wollen das<lb/> ſittliche Leben, das ſich in ihm Raum ſchafft, auch wieder in ſeinem<lb/> wahren, poſitiven Bilden, in der Regung des bürgerlichen Lebens und<lb/> ſeiner Sphären anſchauen.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Alle dieſe Sphären müßen noch anderwärts berührt und dieſe<lb/> flüchtigen Bemerkungen ergänzt werden.</hi> </p> </div><lb/> <div n="6"> <head>§. 328.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Aus dieſen bildenden Thätigkeiten erwächst der <hi rendition="#g">Staat</hi>, in deſſen geſetz-<lb/> licher Ordnung die Völker aus dem Naturzuſtande zur freien ſittlichen Perſön-<lb/> lichkeit ſich erheben. Das Schöne findet daher hier erſt den wahrhaft bedeutenden<lb/> Gehalt, ein Reich und Schauſpiel der ſittlichen Idee (§. 24). Wenn aber die<lb/> Durchführung der ſittlichen Idee zur Allgemeinheit öffentlicher Geltung eine<lb/> immer abſtractere Ablöſung von der unmittelbaren Einheit mit der lebendigen<lb/> Individualität zu fordern ſcheint, ſo erheiſcht dagegen das Schöne (vergl. 327, <hi rendition="#sub">1</hi>.),<lb/> daß eine ſolche beſtehe, und eignet ſich daher vorzüglich diejenigen Zuſtände an, worin<lb/> das Allgemeine weſentlich in der zwar mit Zufälligkeit behafteten, aber auch<lb/> gewaltiger Regung der Kräfte im Guten und Böſen freien Raum gebenden<lb/> Form der ſtarken Individualität ſich bewirkt. Solche Zuſtände waren nach den<lb/> patriarchaliſchen insbeſondere die <hi rendition="#g">heroiſchen</hi> des ſagenhaften Jugendalters der<lb/> hiſtoriſchen Völker vor ihrem Eintritt in das reife Staatsleben.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Der §. ſetzt als anerkannt voraus, daß der Gehalt, der in §. 24<lb/> als der bedeutendſte aufgeführt wurde, das Gute, nicht zuerſt im engen<lb/> Kreiſe des Familienlebens und der ſubjectiven Moral, ſondern da zu<lb/> ſuchen ſei, wo freie Männer zuſammentreten, Geſetze geben und aus-<lb/> führen, Recht pflegen, Wahrheit verbreiten, Menſchen erziehen, für das<lb/> Vaterland Gut und Blut einſetzen, veraltete Geſetze mit kühnem Wagen<lb/> umſtürzen, um der Freiheit neue Wege zu brechen. Das ganze Seelen-<lb/> leben (§. 319) wird nur im Staate zum geiſtigen, aus dem Syſteme<lb/> der Triebe das Syſtem der Tugenden. Nun begegnet uns die viel-<lb/> beſprochene Thatſache, daß je vollkommener, je garantirter das Staats-<lb/> leben, deſto abſtracter, naturloſer die Formen werden, und doch gilt vom<lb/> Staate natürlich daſſelbe, was in §. 327, <hi rendition="#sub">1</hi>. für die Culturformen als<lb/> äſthetiſches Geſetz aufgeſtellt wurde: rohe Natur und Naturloſigkeit<lb/> bezeichnen auf zwei Seiten die Grenze des Schönen. Der vorliegende §.<lb/> wiederholt dieß Geſetz nur in der beſonderen Anwendung auf die Sphäre,<lb/> zu der wir jetzt gelangt ſind. Vorläufig läßt er jedoch durch ein „ſcheint“ der<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [187/0199]
keinen beſondern Stand für ihn geben. Weil der Krieg momentan iſt,
ſo wird auch ſein fortgeſetzter Anblick wüſt, ermüdend. Wir wollen das
ſittliche Leben, das ſich in ihm Raum ſchafft, auch wieder in ſeinem
wahren, poſitiven Bilden, in der Regung des bürgerlichen Lebens und
ſeiner Sphären anſchauen.
Alle dieſe Sphären müßen noch anderwärts berührt und dieſe
flüchtigen Bemerkungen ergänzt werden.
§. 328.
Aus dieſen bildenden Thätigkeiten erwächst der Staat, in deſſen geſetz-
licher Ordnung die Völker aus dem Naturzuſtande zur freien ſittlichen Perſön-
lichkeit ſich erheben. Das Schöne findet daher hier erſt den wahrhaft bedeutenden
Gehalt, ein Reich und Schauſpiel der ſittlichen Idee (§. 24). Wenn aber die
Durchführung der ſittlichen Idee zur Allgemeinheit öffentlicher Geltung eine
immer abſtractere Ablöſung von der unmittelbaren Einheit mit der lebendigen
Individualität zu fordern ſcheint, ſo erheiſcht dagegen das Schöne (vergl. 327, 1.),
daß eine ſolche beſtehe, und eignet ſich daher vorzüglich diejenigen Zuſtände an, worin
das Allgemeine weſentlich in der zwar mit Zufälligkeit behafteten, aber auch
gewaltiger Regung der Kräfte im Guten und Böſen freien Raum gebenden
Form der ſtarken Individualität ſich bewirkt. Solche Zuſtände waren nach den
patriarchaliſchen insbeſondere die heroiſchen des ſagenhaften Jugendalters der
hiſtoriſchen Völker vor ihrem Eintritt in das reife Staatsleben.
Der §. ſetzt als anerkannt voraus, daß der Gehalt, der in §. 24
als der bedeutendſte aufgeführt wurde, das Gute, nicht zuerſt im engen
Kreiſe des Familienlebens und der ſubjectiven Moral, ſondern da zu
ſuchen ſei, wo freie Männer zuſammentreten, Geſetze geben und aus-
führen, Recht pflegen, Wahrheit verbreiten, Menſchen erziehen, für das
Vaterland Gut und Blut einſetzen, veraltete Geſetze mit kühnem Wagen
umſtürzen, um der Freiheit neue Wege zu brechen. Das ganze Seelen-
leben (§. 319) wird nur im Staate zum geiſtigen, aus dem Syſteme
der Triebe das Syſtem der Tugenden. Nun begegnet uns die viel-
beſprochene Thatſache, daß je vollkommener, je garantirter das Staats-
leben, deſto abſtracter, naturloſer die Formen werden, und doch gilt vom
Staate natürlich daſſelbe, was in §. 327, 1. für die Culturformen als
äſthetiſches Geſetz aufgeſtellt wurde: rohe Natur und Naturloſigkeit
bezeichnen auf zwei Seiten die Grenze des Schönen. Der vorliegende §.
wiederholt dieß Geſetz nur in der beſonderen Anwendung auf die Sphäre,
zu der wir jetzt gelangt ſind. Vorläufig läßt er jedoch durch ein „ſcheint“ der
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