Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.
sichtlichkeit, organische Einheit. Hierüber vergl. namentlich Gervinus §. 356. Zugleich treffen aber die Germanen im römischen Volke und bei den von In Italien vermischen sich Gothen und Longobarden mit Römern,
ſichtlichkeit, organiſche Einheit. Hierüber vergl. namentlich Gervinus §. 356. Zugleich treffen aber die Germanen im römiſchen Volke und bei den von In Italien vermiſchen ſich Gothen und Longobarden mit Römern, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0263" n="251"/> ſichtlichkeit, organiſche Einheit. Hierüber vergl. namentlich <hi rendition="#g">Gervinus</hi><lb/> Geſch. d. poet. National-Literatur d. Deutſch. Bd. 1.</hi> </p> </div><lb/> <div n="7"> <head>§. 356.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Zugleich treffen aber die Germanen im römiſchen Volke und bei den von<lb/> ihm latiniſirten Nationen die eigentlichen Culturformen der römiſchen Welt an,<lb/> vermiſchen ſich mit dieſen Völkern und nehmen jene auf. Das Letztere geſchieht<lb/> auch bei den Deutſchen, die unvermiſcht in ihrer Heimath bleiben; es bereitet<lb/> ſich aber der Gegenſatz der romaniſchen und deutſchen Völker vor, der als<lb/> weiterer Bruch die nun entſtehende neue Welt von der geſchloſſenen nationalen<lb/> Einheit der antiken ſtreng unterſcheidet.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">In Italien vermiſchen ſich Gothen und Longobarden mit Römern,<lb/> in Spanien und Portugall Sueven, Vandalen, dann ſiegreich Weſtgothen<lb/> mit latiniſirten Kelt-Iberern, ſpäter tritt hier als wichtiges Moment die<lb/> Eroberung der Araber ein; in Gallien miſchen ſich Burgunden und Franken<lb/> mit latiniſirten, durch ihre Beweglichkeit, ihr aufloderndes Feuer, ihre<lb/> ſchwarzen Haare und Augen, ihre ovale, ſchwungvoller geſchnittene Geſichts-<lb/> form den Römern ſchon urſprünglich weniger fremden Kelten, Hier iſt<lb/> der deutſche Einſchlag am ſtärkſten und vermehrt ſich noch durch die<lb/> Niederlaſſung der Normanen an der Nordküſte, jener kühnen Seefahrer,<lb/> deren Züge weſentlich zur Ausbildung des Ritterlichen beitrugen und<lb/> welche ſpäter ſelbſt romaniſirt einen Theil romaniſchen Feuers mit ihrer<lb/> Eroberung zu den Angelſachſen nach England tragen. So entſtehen die<lb/> Italiener, Spanier, Franzoſen; dieſe Völker ſind die romaniſchen und ihr<lb/> Gegenſatz gegen die rein deutſchen und gegen die germano-romaniſchen<lb/> (Engländer, Belgier) iſt der ganzen neueren Geſchichte weſentlich. Das<lb/> deutſche Blut bringt einen neuen Bildungstrieb in die römiſche Grundlage,<lb/> obwohl es faſt zum Unkenntlichen mit dem fremden, gegen deſſen reife<lb/> Bildung es ſich nicht halten kann, verſchmilzt. In dieſer Verſchmelzung<lb/> aber bewahren dieſe Völker immer noch etwas von der antiken, d. h.<lb/> der objectiven, bruchloſen, in Einheit der Natur und des Geiſtes frei<lb/> ergoſſenen Weiſe des Daſeins und unterſcheiden ſich dadurch ſtreng von<lb/> den unvermiſcht deutſchen. Der Gegenſatz tritt nicht ſogleich, ſondern erſt<lb/> durch den Vertrag von Verdün, durch das Steigen des Papſtthums in<lb/> Italien, durch die Iſolirung Spaniens hervor; es iſt aber höchſt wichtig,<lb/> daß auch in dieſer Beziehung die nun entſtehende neue Welt ſich über<lb/> einen Bruch bewegt. Im Alterthum iſt immer nur Ein Volk modern,<lb/> Culturvolk, von nun an ſind es zwei gegenſätzliche, rivaliſirende Völker-<lb/> gruppen. Vorläufig jedoch können auch die unvermiſcht deutſchen Völker<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [251/0263]
ſichtlichkeit, organiſche Einheit. Hierüber vergl. namentlich Gervinus
Geſch. d. poet. National-Literatur d. Deutſch. Bd. 1.
§. 356.
Zugleich treffen aber die Germanen im römiſchen Volke und bei den von
ihm latiniſirten Nationen die eigentlichen Culturformen der römiſchen Welt an,
vermiſchen ſich mit dieſen Völkern und nehmen jene auf. Das Letztere geſchieht
auch bei den Deutſchen, die unvermiſcht in ihrer Heimath bleiben; es bereitet
ſich aber der Gegenſatz der romaniſchen und deutſchen Völker vor, der als
weiterer Bruch die nun entſtehende neue Welt von der geſchloſſenen nationalen
Einheit der antiken ſtreng unterſcheidet.
In Italien vermiſchen ſich Gothen und Longobarden mit Römern,
in Spanien und Portugall Sueven, Vandalen, dann ſiegreich Weſtgothen
mit latiniſirten Kelt-Iberern, ſpäter tritt hier als wichtiges Moment die
Eroberung der Araber ein; in Gallien miſchen ſich Burgunden und Franken
mit latiniſirten, durch ihre Beweglichkeit, ihr aufloderndes Feuer, ihre
ſchwarzen Haare und Augen, ihre ovale, ſchwungvoller geſchnittene Geſichts-
form den Römern ſchon urſprünglich weniger fremden Kelten, Hier iſt
der deutſche Einſchlag am ſtärkſten und vermehrt ſich noch durch die
Niederlaſſung der Normanen an der Nordküſte, jener kühnen Seefahrer,
deren Züge weſentlich zur Ausbildung des Ritterlichen beitrugen und
welche ſpäter ſelbſt romaniſirt einen Theil romaniſchen Feuers mit ihrer
Eroberung zu den Angelſachſen nach England tragen. So entſtehen die
Italiener, Spanier, Franzoſen; dieſe Völker ſind die romaniſchen und ihr
Gegenſatz gegen die rein deutſchen und gegen die germano-romaniſchen
(Engländer, Belgier) iſt der ganzen neueren Geſchichte weſentlich. Das
deutſche Blut bringt einen neuen Bildungstrieb in die römiſche Grundlage,
obwohl es faſt zum Unkenntlichen mit dem fremden, gegen deſſen reife
Bildung es ſich nicht halten kann, verſchmilzt. In dieſer Verſchmelzung
aber bewahren dieſe Völker immer noch etwas von der antiken, d. h.
der objectiven, bruchloſen, in Einheit der Natur und des Geiſtes frei
ergoſſenen Weiſe des Daſeins und unterſcheiden ſich dadurch ſtreng von
den unvermiſcht deutſchen. Der Gegenſatz tritt nicht ſogleich, ſondern erſt
durch den Vertrag von Verdün, durch das Steigen des Papſtthums in
Italien, durch die Iſolirung Spaniens hervor; es iſt aber höchſt wichtig,
daß auch in dieſer Beziehung die nun entſtehende neue Welt ſich über
einen Bruch bewegt. Im Alterthum iſt immer nur Ein Volk modern,
Culturvolk, von nun an ſind es zwei gegenſätzliche, rivaliſirende Völker-
gruppen. Vorläufig jedoch können auch die unvermiſcht deutſchen Völker
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |