Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.
an Einem Kleidungsstück auf. Der Gottesdienst ruht seinen Hauptformen Mitte. §. 358. Dieser erste Bau zerfällt in allgemeine Zersplitterung. Den deutschen Die Welt hat ein geistiges Centrum gefunden und wirft es wieder
an Einem Kleidungsſtück auf. Der Gottesdienſt ruht ſeinen Hauptformen Mitte. §. 358. Dieſer erſte Bau zerfällt in allgemeine Zerſplitterung. Den deutſchen Die Welt hat ein geiſtiges Centrum gefunden und wirft es wieder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0266" n="254"/> an Einem Kleidungsſtück auf. Der Gottesdienſt ruht ſeinen Hauptformen<lb/> nach auf der Synagoge, wie der ganze hierarchiſche Bau auf Moſaiſmus<lb/> und Levitiſmus, aber viel des Prunkes liefern auch andere orientaliſche<lb/> Gottesdienſte, die im alten Rom zuſammengefloſſen; dieß und daß das<lb/> Kloſter- und Eremitenweſen, die ganze Aſceſe ägyptiſch und indiſch iſt,<lb/> wurde ſchon erwähnt.</hi> </p> </div> </div><lb/> <div n="6"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Mitte</hi>.</hi> </head><lb/> <div n="7"> <head>§. 358.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Dieſer erſte Bau zerfällt in allgemeine Zerſplitterung. Den deutſchen<lb/> Ländern ſtellen ſich die romaniſchen, der Kirche die Welt gegenüber und mehr<lb/> und mehr tritt ausgebildet das eigentliche Weſen des Mittelalters hervor,<lb/> daß es nämlich das in die Welt eingeführte Prinzip nicht in reiner Geiſtigkeit<lb/> zu faſſen, daher weder zur wahren Innerlichkeit zu erheben, noch zur wahren<lb/> Allgemeinheit auszubreiten vermag, ſondern, verdunkelt durch den in es fort-<lb/> geſetzten Reſt der objectiven Lebensform, das Geiſtige als ein Sinnliches, daher<lb/> Ausſchließendes ſetzt und ſo, da es doch als Geiſtiges behauptet wird, durchaus<lb/> eine doppelte und ineinanderſchimmernde Welt aufbaut, worin der Menſch ſein<lb/> eigenes Innerſtes außer ſich hat und unfrei auf daſſelbe bezogen iſt.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Die Welt hat ein geiſtiges Centrum gefunden und wirft es wieder<lb/> aus dem Innern in ein Jenſeits hinaus; die Menſchheit ſucht denſelben<lb/> Schwerpunkt, den ſie nun als einen im Innern des Geiſtes liegenden<lb/> erreicht hat, wieder außer ſich. Im Alterthum wurde Alles objectiv<lb/> geſtaltet, Alles greiflich und öffentlich gemacht. Jetzt iſt die ſubjective<lb/> Welt, die innere Unendlichkeit entdeckt, allein ſtatt daß ſie zuerſt<lb/> im geiſtigen Leben als Bildung, dann praktiſch in neuer Weiſe zu<lb/> einem Objectiven durchgeführt wird, wird ſie <hi rendition="#g">vor</hi> dieſer Objectivirung<lb/> im Innerſten ſelbſt objectiv verſtanden und gefaßt, zu einem Körper, der<lb/> ſich mit Körpern im Raume ſtößt und daher nicht in Kraft herrſchender<lb/> Allgemeinheit übergehen, nicht die Welt durchdringen kann. Dieß iſt die<lb/> ſchiefe Fortſetzung des Heidniſchen in das Chriſtliche, woraus das geſammte<lb/> Mittelalter zu erklären iſt. Sie hat ihren Sitz namentlich in Rom, daher<lb/> ſchickt der §. den Gegenſatz des Romaniſchen und Deutſchen voran, aber<lb/> auch der Geiſt deutſchen Heidenthums liegt mit ſeinen Nebeln noch über<lb/> dem Mittelalter. Der Inhalt des §. findet übrigens im Folgenden ſeine<lb/> Ausführung und Erklärung.</hi> </p> </div><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [254/0266]
an Einem Kleidungsſtück auf. Der Gottesdienſt ruht ſeinen Hauptformen
nach auf der Synagoge, wie der ganze hierarchiſche Bau auf Moſaiſmus
und Levitiſmus, aber viel des Prunkes liefern auch andere orientaliſche
Gottesdienſte, die im alten Rom zuſammengefloſſen; dieß und daß das
Kloſter- und Eremitenweſen, die ganze Aſceſe ägyptiſch und indiſch iſt,
wurde ſchon erwähnt.
Mitte.
§. 358.
Dieſer erſte Bau zerfällt in allgemeine Zerſplitterung. Den deutſchen
Ländern ſtellen ſich die romaniſchen, der Kirche die Welt gegenüber und mehr
und mehr tritt ausgebildet das eigentliche Weſen des Mittelalters hervor,
daß es nämlich das in die Welt eingeführte Prinzip nicht in reiner Geiſtigkeit
zu faſſen, daher weder zur wahren Innerlichkeit zu erheben, noch zur wahren
Allgemeinheit auszubreiten vermag, ſondern, verdunkelt durch den in es fort-
geſetzten Reſt der objectiven Lebensform, das Geiſtige als ein Sinnliches, daher
Ausſchließendes ſetzt und ſo, da es doch als Geiſtiges behauptet wird, durchaus
eine doppelte und ineinanderſchimmernde Welt aufbaut, worin der Menſch ſein
eigenes Innerſtes außer ſich hat und unfrei auf daſſelbe bezogen iſt.
Die Welt hat ein geiſtiges Centrum gefunden und wirft es wieder
aus dem Innern in ein Jenſeits hinaus; die Menſchheit ſucht denſelben
Schwerpunkt, den ſie nun als einen im Innern des Geiſtes liegenden
erreicht hat, wieder außer ſich. Im Alterthum wurde Alles objectiv
geſtaltet, Alles greiflich und öffentlich gemacht. Jetzt iſt die ſubjective
Welt, die innere Unendlichkeit entdeckt, allein ſtatt daß ſie zuerſt
im geiſtigen Leben als Bildung, dann praktiſch in neuer Weiſe zu
einem Objectiven durchgeführt wird, wird ſie vor dieſer Objectivirung
im Innerſten ſelbſt objectiv verſtanden und gefaßt, zu einem Körper, der
ſich mit Körpern im Raume ſtößt und daher nicht in Kraft herrſchender
Allgemeinheit übergehen, nicht die Welt durchdringen kann. Dieß iſt die
ſchiefe Fortſetzung des Heidniſchen in das Chriſtliche, woraus das geſammte
Mittelalter zu erklären iſt. Sie hat ihren Sitz namentlich in Rom, daher
ſchickt der §. den Gegenſatz des Romaniſchen und Deutſchen voran, aber
auch der Geiſt deutſchen Heidenthums liegt mit ſeinen Nebeln noch über
dem Mittelalter. Der Inhalt des §. findet übrigens im Folgenden ſeine
Ausführung und Erklärung.
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