Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,2. Reutlingen u. a., 1848.
dern als seine Gaukler neben sich herführt. Das Entgegengesetzte dieser Vischer's Aesthetik. 2. Band. 22
dern als ſeine Gaukler neben ſich herführt. Das Entgegengeſetzte dieſer Viſcher’s Aeſthetik. 2. Band. 22
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dern als ſeine Gaukler neben ſich herführt. Das Entgegengeſetzte dieſer
Syntheſe nun tritt im Traume ein, den die Aeſthetik an höherer Stelle
aufzuführen hat, als die Pſychologie. Der Traum iſt bekanntlich ein
vollkommener Dramatiker; das Ich des Träumenden vertheilt ſich ſo rück-
haltslos an ſeine Perſonen, daß ſie es oft genug mit Neuigkeiten über-
raſchen, mit Räthſel-Aufgaben in Verlegenheit ſetzen, die es ihnen doch
offenbar ſelbſt in den Mund gelegt hat. Es bläst ihnen ein und meint,
ſie blaſen ihm ein (vergl. die geiſtreichen Bemerkungen J. P. Fr. Rich-
ters Vorſch. d. Aeſth. §. 57). Der Träumende behält wohl auch ſich
ſelbſt, aber nicht außerhalb der Auftritte, die er ſich vordichtet, ſondern
als Mithandelnden; ja ſo ganz objectiv iſt die Sprache des Traums, daß
man oft genug träumt, Jemand neben ſich zu haben, der an einem Kör-
perſchmerz leide, ihn bedauert oder wohl ſchadenfroh betrachtet, bis man
erwacht und findet, daß man ſelbſt der Leidende iſt. Man kann ſich wohl
auch als Träumenden träumen und über die Seltſamkeit des Traums
verwundern; aber die ſich wundernde Perſon iſt ja jetzt ſelbſt nur ein
geträumtes, in eine Reihe von Traumſcenen verſetztes Bild des
wirklich Träumenden; der geträumte, in den Traum ſelbſt verſetzte Gegen-
ſatz von Subjectivität und Objectivität iſt daher nicht der wahre; dieſer
wäre nur dann da, wenn ich, für mich bildlos, meinen ganzen Traum
als bloßen Traum, alſo auch jenes im Traum ſich wundernde Ich als
mein blos geträumtes Ich wüßte. Wenn das Verhalten der wachen Einbil-
dungskraft zu ſubjectiv war, ſo iſt dieß Verhalten völlig objectiv. Allein wie
dort der Vorbehalt der Subjectivität ſich durch Selbſtverluſt an die Ob-
jectivität (ſtoffartiges Hingeriſſenwerden) beſtrafte, ſo iſt hier, zunächſt ſo
zu ſagen, zu viel Objectivität, um von wahrer Objectivität reden zu können.
Hat das Objectivirte ſich kein Ich gegenüber, ſo fällt es gegenſatzlos ganz
in das Ich: die Bilder ſpringen mit dem Ich davon, gehen mit ihm durch,
aber ebenſo richtig iſt, daß das Ich jetzt einfach, ungeſchieden in ſich, nur
Ich iſt. Es verliert ſich ſelbſt in ſich, ſinkt in ſich hinein, läuft mit
ſich davon. Der Vorzug des Traums bleibe aber zunächſt ſeine ganz
bildliche, ganz objective, ganz plaſtiſche Sprache, eine „Hieroglyphen-
Sprache, Ur- und Naturſprache der Seele“, wie ſie Schubert in dem
erſten Cap. ſeiner Symbolik des Traums treffend, aber mit myſtiſcher Ueber-
ſchätzung dargeſtellt hat, ſo können wir die völlige Objectivität auch als
völlige Unmittelbarkeit bezeichnen und werden auch dieſe Kategorie
mit Nächſtem ausdrücklich einführen. Indem nämlich der Geiſt nur in
Bildern ſpricht, ſo iſt damit auch ſchon gegeben, daß er in dieſer Sprache
keinen Umweg durch ein von der anſchaulichen Darſtellung getrenntes
Denken und Wollen nimmt, ſondern alles Denken und Wollen nur ganz
und mit einem Schlage in die Darſtellung ſelbſt legt. Allein auch dieß
Viſcher’s Aeſthetik. 2. Band. 22
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