Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,2. Reutlingen u. a., 1848.
Stoff der eingetretenen Stimmung gegebene Hauptbild. Die Umrisse §. 396. Der Uebergang zu bestimmter Gestaltung kann nur durch einen Act der1 1. Das Unbewußte und Nothwendige, das Bewußte und der Wille Vischer's Aesthetik. 2. Band. 23
Stoff der eingetretenen Stimmung gegebene Hauptbild. Die Umriſſe §. 396. Der Uebergang zu beſtimmter Geſtaltung kann nur durch einen Act der1 1. Das Unbewußte und Nothwendige, das Bewußte und der Wille Viſcher’s Aeſthetik. 2. Band. 23
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Stoff der eingetretenen Stimmung gegebene Hauptbild. Die Umriſſe
aller dieſer Bilder werden, geiſtig wie ſie ſind, gleichſam durchſichtig erſchei-
nen, ſo daß das innere Auge durch das eine auf das andere hindurchſieht
und unbehindert iſt, von einem in das andere herüberzunehmen und ebenſo
abzugeben, zu verbinden und auszuſcheiden. Beſtimmteres kann von dieſer
Stufe nicht geſagt werden; ſie iſt noch ein Chaos, und was darin vor
ſich geht, erſchließen wir rückwärts aus dem kenntlichen, durch ſein Pro-
duct offenbaren Prozeſſe, der nun folgt.
§. 396.
Der Uebergang zu beſtimmter Geſtaltung kann nur durch einen Act der
Csucentrirung geſchehen, worin ein Anfang von Denken und Wollen oder Be-
ſiunung, ebendaher von objectivem Gegenüberſtellen, jedoch nicht als geſonderter
Act, ſondern ungetrennt von der Begeiſterung auftritt. Die Gährung faßt ſich
nun zuſammen zu der beſtimmten Thätigkeit, welche die im naturſchönen Gegen-
ſtand ſchon gegebene, aber unvollkommene Zuſammenziehung (vergl. §. 53,
dazu 48, 2.) an ihm fortſetzt und ſo vollendet, daß in ſeiner ganzen Form, was
individuelle Bindung der Idee iſt, durch ein verhülltes Zuzählen aus den um-
ſchwebenden Gattungsbildern ergänzt wird, was dieſe Bindung ſtört, durch ein
verhülltes Abzählen ausgeſchieden unter dieſe zerfließt, und ſo dieſelke in voller
Reinheit hervortritt.
1. Das Unbewußte und Nothwendige, das Bewußte und der Wille
müſſen in der Entwicklung des Acts der Phantaſie wieder aufgenommen und
ihr Verhältniß dargeſtellt werden. Auf der vorhergehenden Stufe lag
nun das zweite Moment, das wir in der Beſonnenheit zuſammenfaſſen,
noch ganz verhüllt. Jetzt tritt es in derſelben Bedeutung hervor, wie die
Aufmerkſamkeit in der Anſchauung; dieſe Aufmerkſamkeit iſt kein geſonder-
ter Vorſatz mit dem Bewußtſein, dieß oder jenes mit den Sinnen ernſtlich
faſſen zu wollen, es iſt eine Intenſität der Wahrnehmung, der Geiſt
drückt darauf, ohne daß dieſes Drücken, dieß Dabeiſein irgendwie als ein
getrenntes Bewußtſein und Wollen neben den Act ſich ſtellte. So macht
auch auf der jetzigen Stufe der Geiſt dem Bilder-Chaos (§. 395) durch
eine Faſſung, Sammlung ein Ende. Dieſe ſtrengere Einkehr in den eige-
nen Buſen wird ebenſo ſehr dem Künſtler zugemuthet, als die volle Be-
wegung und Munterkeit des Weltkindes ihm eingeräumt wird. Trüber
Mißverſtand aber iſt es, dieſes Moment zum Ganzen, mönchiſche Iſolirung
dem Künſtler zum Geſetz zu machen. — Die ſtraffere Anziehung nun
wirkt einem Meſſer gleich, welches das Hauptbild aus den umſchwebenden
herausſchneidet. Jeder Künſtler wird ſich erinnern, daß ihm bei ſeinen
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