Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,2. Reutlingen u. a., 1848.
ziehen sich durch alle Künste hindurch, nur freilich so, daß einige vom
ziehen ſich durch alle Künſte hindurch, nur freilich ſo, daß einige vom <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0088" n="374"/> ziehen ſich durch alle Künſte hindurch, nur freilich ſo, daß einige vom<lb/> Komiſchen ausgeſchloſſen ſind und daß das Tragiſche und Komiſche ſich be-<lb/> ſondere, ſelbſtändige Kunſtzweige ſchaffen. Es liegt jedoch ein Nachdruck<lb/> darauf, daß es ſich hier nur von <hi rendition="#g">einer</hi> der Grundlagen handelt; gewiſſe<lb/> Künſte und Kunſtzweige werfen ſich zwar weſentlich auf gewiſſe Stoffe,<lb/> dennoch aber theilen ſie dieſelben auch mit andern und hier entſcheidet<lb/> nicht der Stoff, ſondern die Auffaſſung in dem Sinne, wie der folg. §.<lb/> das Eintheilungsprinzip für ſie geben wird. Die durch den jetzigen Ein-<lb/> theilungsgrund entſtehenden Arten der Phantaſie nun konnten nur in Kürze<lb/> angegeben werden. Genauer betrachtet fragt es ſich ſogleich, wohin wir<lb/> die Schönheit der Pflanze gebracht. Es leuchtet aber ein, daß ſie derje-<lb/> nigen Phantaſie zufällt, welche ſich auf die unorganiſche Schönheit wirft<lb/> und nicht ohne die Mitaufnahme derſelben die <hi rendition="#g">landſchaftliche</hi> heißen<lb/> kann. Doch gibt es große Meiſter der Landſchaft, welche Licht, Luft,<lb/> Waſſer, Erdleben mit Meiſterſchaft auffaſſen, Pflanzen aber nicht ebenſo,<lb/> während es ſich bei anderen umgekehrt verhält. Es gibt ferner eine<lb/> Phantaſie, die vorzüglich zu Auffaſſung des Thierlebens organiſirt iſt;<lb/> die großen Thierbildner, Thiermaler (Snyders, Potter und and.) ſind<lb/> bekannt. Was nun die menſchliche Schönheit betrifft, ſo konnte der §.<lb/> nur die oberſte Haupteintheilung hervorheben. Sieht man die Sache<lb/> näher an, ſo zeichnen ſich deutlich die beſtimmten Richtungen ab. In der<lb/> Abtheilung von der menſchlichen Schönheit überhaupt im erſten Abſchnitt, die<lb/> wir hier der „allgemein menſchlichen“ Phantaſie zutheilen, traten zuerſt<lb/> in §. 317 ff. die Formen hervor, die den Menſchen ſchlechtweg<lb/> als Gattung charakteriſiren, ſeine Geſtalt, die Unterſchiede des Alters,<lb/> Geſchlechts u. ſ. w. Es giebt eine Phantaſie, welche auf dieſe reinen<lb/> Formen angewieſen iſt, wir werden ihre Heimath beſonders in der Plaſtik<lb/> finden, aber auch in der Malerei, der Poeſie iſt ſie zu Hauſe und Göthe<lb/> z. B. umfaßt zwar noch ganz andere Gebiete, aber die ſinnliche Seelen-<lb/> form der Gattung iſt vorzüglich ſein Element. Die harmloſe Situation<lb/> (§. 336) wird es beſonders ſein, in welcher dieſe Phantaſie ihre Stoffe<lb/> hinſtellt. Wir zogen zu dieſem Kreiſe die Liebe, Ehe, Familie (§. 322 ff.).<lb/> Die erſte mehr als natürliche Leidenſchaft gefaßt zeigt uns das erotiſche<lb/> Gebiet, worin noch dieſelbe Phantaſie, die überhaupt vorzüglich auf na-<lb/> türliche Schönheit angewieſen iſt, ſich bewegt; in ihrer höheren Bedeu-<lb/> tung, in ihren tieferen Kämpfen aber iſt ſie freilich für verſchiedene Arten<lb/> der Phantaſie Stoff auf verſchiedene Weiſe. Ehe und Familie konnten<lb/> vollends nicht aufgeführt werden, ohne das ſittliche Ganze der ausgebil-<lb/> deten menſchlichen Geſellſchaft vorauszuſetzen, und ſo werden ſie Stoff bald<lb/> für die tiefere Phantaſie, welche ſich für das ſittliche Leben als ſolches<lb/> beſtimmt und ſeine ernſteren Kämpfe behandelt, aber doch zugleich mit<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [374/0088]
ziehen ſich durch alle Künſte hindurch, nur freilich ſo, daß einige vom
Komiſchen ausgeſchloſſen ſind und daß das Tragiſche und Komiſche ſich be-
ſondere, ſelbſtändige Kunſtzweige ſchaffen. Es liegt jedoch ein Nachdruck
darauf, daß es ſich hier nur von einer der Grundlagen handelt; gewiſſe
Künſte und Kunſtzweige werfen ſich zwar weſentlich auf gewiſſe Stoffe,
dennoch aber theilen ſie dieſelben auch mit andern und hier entſcheidet
nicht der Stoff, ſondern die Auffaſſung in dem Sinne, wie der folg. §.
das Eintheilungsprinzip für ſie geben wird. Die durch den jetzigen Ein-
theilungsgrund entſtehenden Arten der Phantaſie nun konnten nur in Kürze
angegeben werden. Genauer betrachtet fragt es ſich ſogleich, wohin wir
die Schönheit der Pflanze gebracht. Es leuchtet aber ein, daß ſie derje-
nigen Phantaſie zufällt, welche ſich auf die unorganiſche Schönheit wirft
und nicht ohne die Mitaufnahme derſelben die landſchaftliche heißen
kann. Doch gibt es große Meiſter der Landſchaft, welche Licht, Luft,
Waſſer, Erdleben mit Meiſterſchaft auffaſſen, Pflanzen aber nicht ebenſo,
während es ſich bei anderen umgekehrt verhält. Es gibt ferner eine
Phantaſie, die vorzüglich zu Auffaſſung des Thierlebens organiſirt iſt;
die großen Thierbildner, Thiermaler (Snyders, Potter und and.) ſind
bekannt. Was nun die menſchliche Schönheit betrifft, ſo konnte der §.
nur die oberſte Haupteintheilung hervorheben. Sieht man die Sache
näher an, ſo zeichnen ſich deutlich die beſtimmten Richtungen ab. In der
Abtheilung von der menſchlichen Schönheit überhaupt im erſten Abſchnitt, die
wir hier der „allgemein menſchlichen“ Phantaſie zutheilen, traten zuerſt
in §. 317 ff. die Formen hervor, die den Menſchen ſchlechtweg
als Gattung charakteriſiren, ſeine Geſtalt, die Unterſchiede des Alters,
Geſchlechts u. ſ. w. Es giebt eine Phantaſie, welche auf dieſe reinen
Formen angewieſen iſt, wir werden ihre Heimath beſonders in der Plaſtik
finden, aber auch in der Malerei, der Poeſie iſt ſie zu Hauſe und Göthe
z. B. umfaßt zwar noch ganz andere Gebiete, aber die ſinnliche Seelen-
form der Gattung iſt vorzüglich ſein Element. Die harmloſe Situation
(§. 336) wird es beſonders ſein, in welcher dieſe Phantaſie ihre Stoffe
hinſtellt. Wir zogen zu dieſem Kreiſe die Liebe, Ehe, Familie (§. 322 ff.).
Die erſte mehr als natürliche Leidenſchaft gefaßt zeigt uns das erotiſche
Gebiet, worin noch dieſelbe Phantaſie, die überhaupt vorzüglich auf na-
türliche Schönheit angewieſen iſt, ſich bewegt; in ihrer höheren Bedeu-
tung, in ihren tieferen Kämpfen aber iſt ſie freilich für verſchiedene Arten
der Phantaſie Stoff auf verſchiedene Weiſe. Ehe und Familie konnten
vollends nicht aufgeführt werden, ohne das ſittliche Ganze der ausgebil-
deten menſchlichen Geſellſchaft vorauszuſetzen, und ſo werden ſie Stoff bald
für die tiefere Phantaſie, welche ſich für das ſittliche Leben als ſolches
beſtimmt und ſeine ernſteren Kämpfe behandelt, aber doch zugleich mit
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