Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,1. Reutlingen u. a., 1851.diesen Vereinen und ebenso von offiziellen Körpern, Akademieen, Theater- 3. Unter Kritik ist natürlich nicht die Bildung einzelner Maximen dieſen Vereinen und ebenſo von offiziellen Körpern, Akademieen, Theater- 3. Unter Kritik iſt natürlich nicht die Bildung einzelner Maximen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p> <pb facs="#f0080" n="68"/> <hi rendition="#et">dieſen Vereinen und ebenſo von offiziellen Körpern, Akademieen, Theater-<lb/> directionen ausgeht, ſo iſt ohne Frage das bedeutendſte ihrer Mittel die<lb/> Concurs-Eröffnung mit beſtimmterer oder unbeſtimmterer Aufgabe des<lb/> Gegenſtands. Zwar können im gegenwärtigen Zuſtande die Kunſt-Wett-<lb/> ſtreite keineswegs das ſein, was ſie in einer Zeit der volksthümlich<lb/> ſchwungvollen Kunſtblüthe waren (§. 503, <hi rendition="#sub">2.</hi>); ſchon deßwegen nicht,<lb/> weil es hier mehr darauf ankommt, der Kunſt Brod zu geben, als<lb/> ein Ehrengeſchenk, an ſich von unbedeutendem Werth, aber vergoldet vom<lb/> Jubel des bewundernden Volks; doch fehlt auch die ehrende Anerkennung<lb/> eines, obwohl verengten, Kreiſes verſtändiger Kunſtfreunde nicht, im<lb/> Wettſtreit um dieſe Anerkennung liegt aber immer ein mächtiger, durchaus<lb/> berechtigter Sporn des Ehrgeizes, und dieſe Bedeutung wäre zu<lb/> erweitern durch Beſtellung monumentaler, nicht dem Verkauf und der<lb/> Verlooſung, ſondern der öffentlichen Aufſtellung beſtimmter Werke.<lb/> Wie hier auch der Staat eintreten ſollte, davon nachher; hier<lb/> heben wir nur noch hervor, wie namentlich die Baukunſt durch<lb/> Eröffnung von Künſtler-Concurrenzen bei allen höheren Aufgaben<lb/> der drückenden und abſtumpfenden Abhängigkeit des Baubeamten-<lb/> thums und der ſchreibermäßigen Controle und Beſchnipflung der Com-<lb/> poſition entriſſen werden ſollte. Vergl. zu dieſen Bemerkungen: Hand-<lb/> buch der Geſch. der Malerei von <hi rendition="#g">Kugler</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> 9, 2. (Ausg. 1837). Kunſt-<lb/> beſtrebungen der Gegenwart von A. <hi rendition="#g">Hallmann</hi> 1842. Schutzfragen für<lb/> Kunſt und Künſtler in Deutſchland u. ſ. w. von Fr. <hi rendition="#g">Oſten</hi>. 1848.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">3. Unter <hi rendition="#g">Kritik</hi> iſt natürlich nicht die Bildung einzelner Maximen<lb/> und Fällung einzelner Urtheile zu verſtehen, wie ſolche aus einem ver-<lb/> breiteten lebendigen Gefühle des Richtigen nothwendig jederzeit hervor-<lb/> geht. In dieſem Sinn hatte das blühendſte Kunſtleben die vollendetſte<lb/> Kunſtkritik und dieſe war der Kunſt nur förderlich. Der griechiſche<lb/> Künſtler hatte es mit einem Volke von Kunſtrichtern zu thun und fühlte<lb/> ſich dadurch nur um ſo höher gehoben. Die Kritik im eigentlichen Sinne<lb/> beginnt erſt da, wo die einzelnen Maximen, Urtheile ſich zunächſt zu<lb/> Reflexions-Ganzen anſammeln, dann dieſe geſammelten Reihen unter<lb/> leitende Gedanken zuſammengefaßt und dieſe endlich unter dem Begriffe<lb/> des Schönen ſelbſt vereinigt werden. Die Kritik führt zur Wiſſenſchaft<lb/> des Schönen und wird, nachdem dieſe beſteht, zu einer Ausübung, An-<lb/> wendung derſelben, doch nicht in dem Sinne, daß der einzelne Kritiker<lb/> von dieſer höchſten Einheit nothwendig ausgienge, ſondern hier bewußt,<lb/> dort unbewußt, hier unter Irrthum und Schiefheit verſteckt, dort richtig<lb/> angewandt zieht ſich durch die breiten Maſſen der kritiſchen Thätigkeit die<lb/> Einheit des Begriffs. Wir müſſen nun an den Zuſtand der ausgebilde-<lb/> ten Kritik den Künſtler, dann das Publikum und endlich die Wechſel-<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0080]
dieſen Vereinen und ebenſo von offiziellen Körpern, Akademieen, Theater-
directionen ausgeht, ſo iſt ohne Frage das bedeutendſte ihrer Mittel die
Concurs-Eröffnung mit beſtimmterer oder unbeſtimmterer Aufgabe des
Gegenſtands. Zwar können im gegenwärtigen Zuſtande die Kunſt-Wett-
ſtreite keineswegs das ſein, was ſie in einer Zeit der volksthümlich
ſchwungvollen Kunſtblüthe waren (§. 503, 2.); ſchon deßwegen nicht,
weil es hier mehr darauf ankommt, der Kunſt Brod zu geben, als
ein Ehrengeſchenk, an ſich von unbedeutendem Werth, aber vergoldet vom
Jubel des bewundernden Volks; doch fehlt auch die ehrende Anerkennung
eines, obwohl verengten, Kreiſes verſtändiger Kunſtfreunde nicht, im
Wettſtreit um dieſe Anerkennung liegt aber immer ein mächtiger, durchaus
berechtigter Sporn des Ehrgeizes, und dieſe Bedeutung wäre zu
erweitern durch Beſtellung monumentaler, nicht dem Verkauf und der
Verlooſung, ſondern der öffentlichen Aufſtellung beſtimmter Werke.
Wie hier auch der Staat eintreten ſollte, davon nachher; hier
heben wir nur noch hervor, wie namentlich die Baukunſt durch
Eröffnung von Künſtler-Concurrenzen bei allen höheren Aufgaben
der drückenden und abſtumpfenden Abhängigkeit des Baubeamten-
thums und der ſchreibermäßigen Controle und Beſchnipflung der Com-
poſition entriſſen werden ſollte. Vergl. zu dieſen Bemerkungen: Hand-
buch der Geſch. der Malerei von Kugler II. 9, 2. (Ausg. 1837). Kunſt-
beſtrebungen der Gegenwart von A. Hallmann 1842. Schutzfragen für
Kunſt und Künſtler in Deutſchland u. ſ. w. von Fr. Oſten. 1848.
3. Unter Kritik iſt natürlich nicht die Bildung einzelner Maximen
und Fällung einzelner Urtheile zu verſtehen, wie ſolche aus einem ver-
breiteten lebendigen Gefühle des Richtigen nothwendig jederzeit hervor-
geht. In dieſem Sinn hatte das blühendſte Kunſtleben die vollendetſte
Kunſtkritik und dieſe war der Kunſt nur förderlich. Der griechiſche
Künſtler hatte es mit einem Volke von Kunſtrichtern zu thun und fühlte
ſich dadurch nur um ſo höher gehoben. Die Kritik im eigentlichen Sinne
beginnt erſt da, wo die einzelnen Maximen, Urtheile ſich zunächſt zu
Reflexions-Ganzen anſammeln, dann dieſe geſammelten Reihen unter
leitende Gedanken zuſammengefaßt und dieſe endlich unter dem Begriffe
des Schönen ſelbſt vereinigt werden. Die Kritik führt zur Wiſſenſchaft
des Schönen und wird, nachdem dieſe beſteht, zu einer Ausübung, An-
wendung derſelben, doch nicht in dem Sinne, daß der einzelne Kritiker
von dieſer höchſten Einheit nothwendig ausgienge, ſondern hier bewußt,
dort unbewußt, hier unter Irrthum und Schiefheit verſteckt, dort richtig
angewandt zieht ſich durch die breiten Maſſen der kritiſchen Thätigkeit die
Einheit des Begriffs. Wir müſſen nun an den Zuſtand der ausgebilde-
ten Kritik den Künſtler, dann das Publikum und endlich die Wechſel-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |