Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,1. Reutlingen u. a., 1851.
Kunstvereine, die Kunstausstellungen, die Preisvertheilungen 5*
Kunſtvereine, die Kunſtausſtellungen, die Preisvertheilungen 5*
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Kunſtvereine, die Kunſtausſtellungen, die Preisvertheilungen
mit oder ohne Concurrenz bei vorgeſchriebenem Gegenſtande, die Anlegung
von Sammlungen moderner Kunſtwerke, die Verlooſungen hervorgegan-
gen: künſtliche Mittel, die ſich zu der Lebensfülle, welche die Kunſt unge-
ſucht aus dem flüßigen Rapport mit dem geſammten Volksleben zieht, ſo
verhalten, wie die einzelnen Parteien, Vereine, Verſammlungen u. ſ. w.,
die in einem gebundenen Staatsleben einem freieren vorarbeiten, zu
dieſem. Sie ſind von großem Nutzen, aber ſie haben alle etwas Abſicht-
liches, Gemachtes; ſie ſind Nothmittel in einer Zeit, wo die Quelle der
Kunſt nicht frei und voll von ſelber ſprudelt; ſie zeugen von gutem Wil-
len, haben aber etwas Armes und Knappes; ſie unterſtützen, fördern,
wecken den Künſtler, binden ihn nicht in ſeinem freien Schaffen, aber
begeiſtern auch nicht; ſie ſammeln und vereinigen, ohne ein immanentes
geiſtiges Geſammtleben der Künſtler unter ſich und mit dem Publikum zu
erzeugen. An dieſen Erſcheinungen beſchäftigt uns hier die Seite, nach
der ſie den Zweck haben, Kunſtſinn im Volke zu wecken, nur mittelbar,
ſofern dieſer, wenn er wirklich geweckt iſt, den ſchaffenden Künſtlergeiſt
naturgemäß hält, hebt und treibt. Da iſt es denn klar, daß das Sam-
meln, Ausſtellen, Verlooſen von Kunſtwerken, die nach Zweig, Stoff,
Behandlung bunt gemiſcht ſind, durch eine zu dieſem Zweck beſonders
gebildete Geſellſchaft, neben heilſamer Anregung und rühmenswerthem
Verdienſt doch auch der zerſtreuten Naſchhaftigkeit, Eitelkeit und wohlwei-
ſen Kenner- und Gönner-Miene ächt moderne Nahrung giebt. Auch die
Sammlungen alter Kunſtwerke, meiſt in der früher geſchilderten Zeit durch
Fürſten angelegt, die Galerieen, ſind hier zu erwähnen; ihr bildender
Werth für Publikum und Künſtler iſt unberechenbar, aber an ſich iſt ſchon
ihre Exiſtenz ein Beweis, daß zur Zeit der Sammler die Kunſt nicht
wahrhaft lebte, denn wo ſie lebt, werden ſolche Herbarien, worin Kunſt-
werke, von ihrem Ort, an den ſie hingehören, hinweggeriſſen in zerſtreu-
ender, betäubender, abſpannender Menge und Mannigfaltigkeit vereinigt
ſind, überhaupt nicht angelegt. Nur Wenige vermögen die ſinnliche und
geiſtige Abſtraction zu vollziehen, daß ſie dem einzelnen Kunſtwerk einen
einzelnen Beſuch und geſammelte Betrachtung widmen. Was aber keiner
großen Stadt fehlen ſollte, ſind neben den Abgüßen der bedeutendſten
Antiken, Modellen der bedeutendſten architektoniſchen Werke der Vergan-
genheit gute Copieen der großen, namentlich monumentalen Werke der
Malerei, nicht blos wegen ihres abſoluten Werths für die Studien des
Künſtlers (die wir hier noch nicht in’s Auge faſſen), ſondern für das
Volk, damit es ſehen, daher auch die moderne Kunſt würdigen lerne und
ſo ein empfänglicher und fördernder Boden für die lebende Kunſt werde.
Was nun aber die unmittelbare Förderung der Kunſt betrifft, welche von
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