Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,1. Stuttgart, 1852.
tischen das größere Gewicht der Predigt in sich hinübernehmen werde, und
tiſchen das größere Gewicht der Predigt in ſich hinübernehmen werde, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0170" n="330"/> tiſchen das größere Gewicht der Predigt in ſich hinübernehmen werde, und<lb/> dieß fordert Vermeidung des vielfachen Wiederhalls in den vielen Ge-<lb/> wölbefeldern, lichte Oeffnung der Seitenſchiffe, und doch wäre ein Auf-<lb/> geben jener kühnen Ueberſpannungen ein offenbarer Rückſchritt zum<lb/> Aermeren. Alſo überall ungelöste Fragen, und es kann auch keine Pflicht<lb/> geben, ſie zu löſen, weil es für jetzt keine Möglichkeit gibt. Einem neuen<lb/> Bauſtyl muß eine neue Form der Bildung vorausgehen: eine Bildung,<lb/> welche das Chaos kritiſcher Gedanken, auflöſender und erhaltender Ten-<lb/> denzen, trennender Leidenſchaften, das unſere unzufriedene Uebergangszeit<lb/> darſtellt, zu einem Zuſtande natürlichen, einfachen Geſammtgefühls aufge-<lb/> hoben haben muß, eines Geſammtgefühls, welches zugleich die Kluft zwi-<lb/> ſchen der Bildungsſtufe der Stände in der Beziehung der Religion ſo<lb/> ausfüllt, daß trotz den Unterſchieden in der Ausbildung des Denkens<lb/> Ein Höchſtes Allen gleich ehrwürdig iſt. Ein ſolches Gemeingefühl muß<lb/> ſich in einem neuen Cultus darſtellen und die Bedürfniſſe dieſes Cultus,<lb/> der den geläuterten romaniſch-katholiſchen Feſt- und Formſinn und die<lb/> gelichtete germaniſch-proteſtantiſche Innerlichkeit irgendwie verſchmelzen<lb/> wird, werden auf der Grundlage jenes Gemeingefühls, das eben dem<lb/> Künſtler ſelbſt lebendig inwohnen wird, dieſen erwecken, daß er denkend<lb/> und doch naiv die Frage, die wir mit bloßem Denken nicht löſen können,<lb/> einfach löſen wird. Hiemit ſind wir zu §. 577 zurückgekehrt, der in der<lb/> Anmerkung bereits auch den naheliegenden Vorwurf eines Widerſpruchs<lb/> zwiſchen dem Satze in §. 466, im modernen Ideal habe ſich das Schöne<lb/> von der Religion getrennt, und zwiſchen den nunmehr aufgeſtellten Sätzen<lb/> widerlegt.</hi> </p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [330/0170]
tiſchen das größere Gewicht der Predigt in ſich hinübernehmen werde, und
dieß fordert Vermeidung des vielfachen Wiederhalls in den vielen Ge-
wölbefeldern, lichte Oeffnung der Seitenſchiffe, und doch wäre ein Auf-
geben jener kühnen Ueberſpannungen ein offenbarer Rückſchritt zum
Aermeren. Alſo überall ungelöste Fragen, und es kann auch keine Pflicht
geben, ſie zu löſen, weil es für jetzt keine Möglichkeit gibt. Einem neuen
Bauſtyl muß eine neue Form der Bildung vorausgehen: eine Bildung,
welche das Chaos kritiſcher Gedanken, auflöſender und erhaltender Ten-
denzen, trennender Leidenſchaften, das unſere unzufriedene Uebergangszeit
darſtellt, zu einem Zuſtande natürlichen, einfachen Geſammtgefühls aufge-
hoben haben muß, eines Geſammtgefühls, welches zugleich die Kluft zwi-
ſchen der Bildungsſtufe der Stände in der Beziehung der Religion ſo
ausfüllt, daß trotz den Unterſchieden in der Ausbildung des Denkens
Ein Höchſtes Allen gleich ehrwürdig iſt. Ein ſolches Gemeingefühl muß
ſich in einem neuen Cultus darſtellen und die Bedürfniſſe dieſes Cultus,
der den geläuterten romaniſch-katholiſchen Feſt- und Formſinn und die
gelichtete germaniſch-proteſtantiſche Innerlichkeit irgendwie verſchmelzen
wird, werden auf der Grundlage jenes Gemeingefühls, das eben dem
Künſtler ſelbſt lebendig inwohnen wird, dieſen erwecken, daß er denkend
und doch naiv die Frage, die wir mit bloßem Denken nicht löſen können,
einfach löſen wird. Hiemit ſind wir zu §. 577 zurückgekehrt, der in der
Anmerkung bereits auch den naheliegenden Vorwurf eines Widerſpruchs
zwiſchen dem Satze in §. 466, im modernen Ideal habe ſich das Schöne
von der Religion getrennt, und zwiſchen den nunmehr aufgeſtellten Sätzen
widerlegt.
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