Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,1. Stuttgart, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
A.
Die Baukunst.
a.
Das Wesen der Baukunst.
a. Ueberhaupt.
§. 553.

Die Theilung der bildenden Kunst in drei Künste ist in §. 538 zunächst
aus dem Unterschiede der Arten der bildenden Phantasie (§. 404) in ihrer
Zusammenfassung mit der trennenden Natur der strengen Bedingungen des Ma-
terials abgeleitet, sodann auf das im System herrschende Gesetz der Zerlegung
in eine objective, subjective und subjectiv-objective Form zurückgeführt, was sich
nun näher vorerst so bestimmt: der Geist der Kunst, um innerhalb der objectiven
Form die subjectiv belebtere zu gewinnen, setzt sich als Grundlage, Ausgangs-
punct und Stütze des Fortschritts eine im strengsten Sinn objective Form.
Der Begriff der Objectivität enthält hier zugleich den einer nur erst allgemeinen
Bewältigung der Natur als Boden der Kunst.

Es ist im ersten Abschnitt §. 533 ff. die Theilung der Kunst als eine
dreigliedrige entwickelt, die sich "zu einer fünfgliedrigen erweitert, ohne
daß darum die Dreitheilung ihre grundgesetzliche Geltung verlöre" (§. 538).
Die drei bildenden Künste sind die Zweige der Einen bildenden Kunst,
wie Epos, Lyrik und Drama die Zweige der Poesie: nach dieser Seite
sind und bleiben sie bloße Unter-Eintheilung des einen der drei Haupt-
glieder des Systems der Künste; aber die Unterschiede dieser Zweige be-
stimmen sich zu einer so ausgesprochenen Schärfe und realen Abgränzung,
daß sie als selbständige Künste dastehen, während die Zweige der Dicht-
kunst, durchsichtiger, durch geistigere Linien getrennt, Namen und Bedeutung
bloßer Zweige behalten: dieß ist die andere Seite, wodurch neben dem

A.
Die Baukunſt.
a.
Das Weſen der Baukunſt.
α. Ueberhaupt.
§. 553.

Die Theilung der bildenden Kunſt in drei Künſte iſt in §. 538 zunächſt
aus dem Unterſchiede der Arten der bildenden Phantaſie (§. 404) in ihrer
Zuſammenfaſſung mit der trennenden Natur der ſtrengen Bedingungen des Ma-
terials abgeleitet, ſodann auf das im Syſtem herrſchende Geſetz der Zerlegung
in eine objective, ſubjective und ſubjectiv-objective Form zurückgeführt, was ſich
nun näher vorerſt ſo beſtimmt: der Geiſt der Kunſt, um innerhalb der objectiven
Form die ſubjectiv belebtere zu gewinnen, ſetzt ſich als Grundlage, Ausgangs-
punct und Stütze des Fortſchritts eine im ſtrengſten Sinn objective Form.
Der Begriff der Objectivität enthält hier zugleich den einer nur erſt allgemeinen
Bewältigung der Natur als Boden der Kunſt.

Es iſt im erſten Abſchnitt §. 533 ff. die Theilung der Kunſt als eine
dreigliedrige entwickelt, die ſich „zu einer fünfgliedrigen erweitert, ohne
daß darum die Dreitheilung ihre grundgeſetzliche Geltung verlöre“ (§. 538).
Die drei bildenden Künſte ſind die Zweige der Einen bildenden Kunſt,
wie Epos, Lyrik und Drama die Zweige der Poeſie: nach dieſer Seite
ſind und bleiben ſie bloße Unter-Eintheilung des einen der drei Haupt-
glieder des Syſtems der Künſte; aber die Unterſchiede dieſer Zweige be-
ſtimmen ſich zu einer ſo ausgeſprochenen Schärfe und realen Abgränzung,
daß ſie als ſelbſtändige Künſte daſtehen, während die Zweige der Dicht-
kunſt, durchſichtiger, durch geiſtigere Linien getrennt, Namen und Bedeutung
bloßer Zweige behalten: dieß iſt die andere Seite, wodurch neben dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0018" n="[178]"/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">A.</hi><lb/><hi rendition="#g">Die Baukun&#x017F;t</hi>.</hi> </head><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">a.</hi><lb/><hi rendition="#g">Das We&#x017F;en der Baukun&#x017F;t</hi>.</hi> </head><lb/>
                <div n="6">
                  <head><hi rendition="#i">&#x03B1;.</hi> Ueberhaupt.</head><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 553.</head><lb/>
                    <p> <hi rendition="#fr">Die Theilung der bildenden Kun&#x017F;t in drei Kün&#x017F;te i&#x017F;t in §. 538 zunäch&#x017F;t<lb/>
aus dem Unter&#x017F;chiede der Arten der bildenden Phanta&#x017F;ie (§. 404) in ihrer<lb/>
Zu&#x017F;ammenfa&#x017F;&#x017F;ung mit der trennenden Natur der &#x017F;trengen Bedingungen des Ma-<lb/>
terials abgeleitet, &#x017F;odann auf das im Sy&#x017F;tem herr&#x017F;chende Ge&#x017F;etz der Zerlegung<lb/>
in eine objective, &#x017F;ubjective und &#x017F;ubjectiv-objective Form zurückgeführt, was &#x017F;ich<lb/>
nun näher vorer&#x017F;t &#x017F;o be&#x017F;timmt: der Gei&#x017F;t der Kun&#x017F;t, um innerhalb der objectiven<lb/>
Form die &#x017F;ubjectiv belebtere zu gewinnen, &#x017F;etzt &#x017F;ich als Grundlage, Ausgangs-<lb/>
punct und Stütze des Fort&#x017F;chritts eine im &#x017F;treng&#x017F;ten Sinn <hi rendition="#g">objective</hi> Form.<lb/>
Der Begriff der Objectivität enthält hier zugleich den einer nur er&#x017F;t allgemeinen<lb/>
Bewältigung der Natur als Boden der Kun&#x017F;t.</hi> </p><lb/>
                    <p> <hi rendition="#et">Es i&#x017F;t im er&#x017F;ten Ab&#x017F;chnitt §. 533 ff. die Theilung der Kun&#x017F;t als eine<lb/>
dreigliedrige entwickelt, die &#x017F;ich &#x201E;zu einer fünfgliedrigen erweitert, ohne<lb/>
daß darum die Dreitheilung ihre grundge&#x017F;etzliche Geltung verlöre&#x201C; (§. 538).<lb/>
Die drei bildenden Kün&#x017F;te &#x017F;ind die Zweige der Einen bildenden Kun&#x017F;t,<lb/>
wie Epos, Lyrik und Drama die Zweige der Poe&#x017F;ie: nach die&#x017F;er Seite<lb/>
&#x017F;ind und bleiben &#x017F;ie bloße Unter-Eintheilung des einen der drei Haupt-<lb/>
glieder des Sy&#x017F;tems der Kün&#x017F;te; aber die Unter&#x017F;chiede die&#x017F;er Zweige be-<lb/>
&#x017F;timmen &#x017F;ich zu einer &#x017F;o ausge&#x017F;prochenen Schärfe und realen Abgränzung,<lb/>
daß &#x017F;ie als &#x017F;elb&#x017F;tändige Kün&#x017F;te da&#x017F;tehen, während die Zweige der Dicht-<lb/>
kun&#x017F;t, durch&#x017F;ichtiger, durch gei&#x017F;tigere Linien getrennt, Namen und Bedeutung<lb/>
bloßer Zweige behalten: dieß i&#x017F;t die andere Seite, wodurch neben dem<lb/></hi> </p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[178]/0018] A. Die Baukunſt. a. Das Weſen der Baukunſt. α. Ueberhaupt. §. 553. Die Theilung der bildenden Kunſt in drei Künſte iſt in §. 538 zunächſt aus dem Unterſchiede der Arten der bildenden Phantaſie (§. 404) in ihrer Zuſammenfaſſung mit der trennenden Natur der ſtrengen Bedingungen des Ma- terials abgeleitet, ſodann auf das im Syſtem herrſchende Geſetz der Zerlegung in eine objective, ſubjective und ſubjectiv-objective Form zurückgeführt, was ſich nun näher vorerſt ſo beſtimmt: der Geiſt der Kunſt, um innerhalb der objectiven Form die ſubjectiv belebtere zu gewinnen, ſetzt ſich als Grundlage, Ausgangs- punct und Stütze des Fortſchritts eine im ſtrengſten Sinn objective Form. Der Begriff der Objectivität enthält hier zugleich den einer nur erſt allgemeinen Bewältigung der Natur als Boden der Kunſt. Es iſt im erſten Abſchnitt §. 533 ff. die Theilung der Kunſt als eine dreigliedrige entwickelt, die ſich „zu einer fünfgliedrigen erweitert, ohne daß darum die Dreitheilung ihre grundgeſetzliche Geltung verlöre“ (§. 538). Die drei bildenden Künſte ſind die Zweige der Einen bildenden Kunſt, wie Epos, Lyrik und Drama die Zweige der Poeſie: nach dieſer Seite ſind und bleiben ſie bloße Unter-Eintheilung des einen der drei Haupt- glieder des Syſtems der Künſte; aber die Unterſchiede dieſer Zweige be- ſtimmen ſich zu einer ſo ausgeſprochenen Schärfe und realen Abgränzung, daß ſie als ſelbſtändige Künſte daſtehen, während die Zweige der Dicht- kunſt, durchſichtiger, durch geiſtigere Linien getrennt, Namen und Bedeutung bloßer Zweige behalten: dieß iſt die andere Seite, wodurch neben dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik030201_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik030201_1852/18
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,1. Stuttgart, 1852, S. [178]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik030201_1852/18>, abgerufen am 21.11.2024.