Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,1. Stuttgart, 1852.
in diesem Gebiete thätige Organ hervorgestellt haben; nur daß wir diese 2. Wir haben die künstlerische Technik zu §. 518, 2. eine beseelte §. 556. Es steigert sich aber der Zweck in das geistig Unbedingte durch die
in dieſem Gebiete thätige Organ hervorgeſtellt haben; nur daß wir dieſe 2. Wir haben die künſtleriſche Technik zu §. 518, 2. eine beſeelte §. 556. Es ſteigert ſich aber der Zweck in das geiſtig Unbedingte durch die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0024" n="184"/> in dieſem Gebiete thätige Organ hervorgeſtellt haben; nur daß wir dieſe<lb/> Gabe zunächſt nicht in dem reinäſthetiſchen Sinne des Genie nach §. 411 ff.,<lb/> ſondern in dem beſchränkten von §. 415, <hi rendition="#sub">1.</hi> nehmen. Auf den erſten<lb/> Wurf der Erfindung ſoll aber ſofort ein diſcurſives Durchdenken folgen<lb/> und hier tritt denn zu der Erwägung des Bauzwecks, der geſtellten<lb/> Aufgabe, die weitere Ueberlegung, wie das als zweckmäßig Erdachte mit den<lb/> Geſetzen der Materie zu vereinigen ſei, wozu die Kenntniß der Geometrie,<lb/> Statik, Mechanik, die Lehre von den Bauſtoffen erfordert wird. Keine<lb/> andere Kunſt ruht ſo ſtreng auf der Wiſſenſchaft. Nüchternheit und eine<lb/> gewiſſe Kälte erſcheint daher von dieſer Seite zunächſt als der Charakter<lb/> der Baukunſt; die Klarheit, die wir in §. 551 von dem bildenden Künſtler<lb/> ausgeſagt haben, wird dem Architekten in beſonders beſtimmtem Sinn<lb/> eigen ſein.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">2. Wir haben die künſtleriſche Technik zu §. 518, <hi rendition="#sub">2.</hi> eine beſeelte<lb/> genannt, die Phantaſie ſoll in den Nerv, in die Finger übergehen, eine<lb/> höhere Einheit von Genius und Handwerk iſt gefordert. Nun muß der<lb/> Architekt zwar auch das Mechaniſche erlernt haben und der mechaniſche<lb/> Arbeiter ſich zu einer gewiſſen Feinheit in der letzten Ueberarbeitung aus-<lb/> bilden, aber doch fallen Erfindung und Ausführung in keiner Kunſt ſo<lb/> auseinander, wie in dieſer, ſelbſt in der Tonkunſt nicht, wo die Ausführung<lb/> ganz andere, als blos mechaniſche, wiewohl nur reproductive Fähigkeit<lb/> erfordert. Der einmal erfundene Plan iſt ein rein gemeſſener und meß-<lb/> barer Niederſchlag des innern Bildes und bedarf zu ſeiner Aus-<lb/> führung nur des Mechanikers, dem er als Riß übergeben wird. Es<lb/> ſtellt ſich zwar ein Dritter zwiſchen den Erfinder und den Handwerker:<lb/> der Bauführer, aber dieſer ſtellt nicht eine vereinigende Mitte der Erfindung<lb/> und Ausführung, ſondern nur die leitende Seite der letzteren dar. Der<lb/> Erfinder ſelbſt wird etwa wieder dieſen beaufſichtigen, aber nicht in ſeiner<lb/> Eigenſchaft als ſolcher, und in den rauhen Kampf mit dem Materiale<lb/> wird er ſich um ſo weniger einlaſſen, weil er Beſſeres zu thun hat, als<lb/> in der Mitte der Arbeiter, deren es hier nothwendig viele ſind, ſich<lb/> phyſiſch abzumühen.</hi> </p> </div><lb/> <div n="7"> <head>§. 556.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Es ſteigert ſich aber der Zweck in das geiſtig Unbedingte durch die<lb/> verſchiedenen Bedeutungen der Perſönlichkeit, für welche das Bauwerk beſtimmt<lb/> iſt: die frei genießende Einzelperſon, die Geſammtperſon, die abgeſchiedene<lb/> Perſon, die abſolute Perſon. Die Aufgabe nun, dieſes ideale Innere in den<lb/> Formen ſeiner umſchließenden Hülle würdig auszudrücken, verwandelt die erſte<lb/> Seite der Abhängigkeit (§. 555, <hi rendition="#sub">1.</hi>) in <hi rendition="#g">freien Dienſt</hi>: die Phantaſie als das<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [184/0024]
in dieſem Gebiete thätige Organ hervorgeſtellt haben; nur daß wir dieſe
Gabe zunächſt nicht in dem reinäſthetiſchen Sinne des Genie nach §. 411 ff.,
ſondern in dem beſchränkten von §. 415, 1. nehmen. Auf den erſten
Wurf der Erfindung ſoll aber ſofort ein diſcurſives Durchdenken folgen
und hier tritt denn zu der Erwägung des Bauzwecks, der geſtellten
Aufgabe, die weitere Ueberlegung, wie das als zweckmäßig Erdachte mit den
Geſetzen der Materie zu vereinigen ſei, wozu die Kenntniß der Geometrie,
Statik, Mechanik, die Lehre von den Bauſtoffen erfordert wird. Keine
andere Kunſt ruht ſo ſtreng auf der Wiſſenſchaft. Nüchternheit und eine
gewiſſe Kälte erſcheint daher von dieſer Seite zunächſt als der Charakter
der Baukunſt; die Klarheit, die wir in §. 551 von dem bildenden Künſtler
ausgeſagt haben, wird dem Architekten in beſonders beſtimmtem Sinn
eigen ſein.
2. Wir haben die künſtleriſche Technik zu §. 518, 2. eine beſeelte
genannt, die Phantaſie ſoll in den Nerv, in die Finger übergehen, eine
höhere Einheit von Genius und Handwerk iſt gefordert. Nun muß der
Architekt zwar auch das Mechaniſche erlernt haben und der mechaniſche
Arbeiter ſich zu einer gewiſſen Feinheit in der letzten Ueberarbeitung aus-
bilden, aber doch fallen Erfindung und Ausführung in keiner Kunſt ſo
auseinander, wie in dieſer, ſelbſt in der Tonkunſt nicht, wo die Ausführung
ganz andere, als blos mechaniſche, wiewohl nur reproductive Fähigkeit
erfordert. Der einmal erfundene Plan iſt ein rein gemeſſener und meß-
barer Niederſchlag des innern Bildes und bedarf zu ſeiner Aus-
führung nur des Mechanikers, dem er als Riß übergeben wird. Es
ſtellt ſich zwar ein Dritter zwiſchen den Erfinder und den Handwerker:
der Bauführer, aber dieſer ſtellt nicht eine vereinigende Mitte der Erfindung
und Ausführung, ſondern nur die leitende Seite der letzteren dar. Der
Erfinder ſelbſt wird etwa wieder dieſen beaufſichtigen, aber nicht in ſeiner
Eigenſchaft als ſolcher, und in den rauhen Kampf mit dem Materiale
wird er ſich um ſo weniger einlaſſen, weil er Beſſeres zu thun hat, als
in der Mitte der Arbeiter, deren es hier nothwendig viele ſind, ſich
phyſiſch abzumühen.
§. 556.
Es ſteigert ſich aber der Zweck in das geiſtig Unbedingte durch die
verſchiedenen Bedeutungen der Perſönlichkeit, für welche das Bauwerk beſtimmt
iſt: die frei genießende Einzelperſon, die Geſammtperſon, die abgeſchiedene
Perſon, die abſolute Perſon. Die Aufgabe nun, dieſes ideale Innere in den
Formen ſeiner umſchließenden Hülle würdig auszudrücken, verwandelt die erſte
Seite der Abhängigkeit (§. 555, 1.) in freien Dienſt: die Phantaſie als das
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