Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 3,2,3. Stuttgart, 1854.b. Das Sittenbild. §. 701. Den Uebergang von der Landschaft zu dieser Sphäre bildet das Thier-1. 1. Die Stellung des Thierstücks zwischen der Landschaft und dem β. Das Sittenbild. §. 701. Den Uebergang von der Landſchaft zu dieſer Sphäre bildet das Thier-1. 1. Die Stellung des Thierſtücks zwiſchen der Landſchaft und dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0165" n="657"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#i">β.</hi> Das Sittenbild.</head><lb/> <div n="4"> <head>§. 701.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Den Uebergang von der Landſchaft zu dieſer Sphäre bildet das <hi rendition="#g">Thier-</hi><note place="right">1.</note><lb/><hi rendition="#g">ſtück</hi>, das mit dem einen und andern ſeiner Nachbargebiete in verſchiedener<lb/> Ausdehnung ſich verbindet, aber als ſelbſtändiger Zweig keinen Zweifel über<lb/> den wahren Hauptgegenſtand des äſthetiſchen Ganzen laſſen ſoll. Als Einthei-<lb/> lunggsgrund iſt insbeſondere der Unterſchied des Moments von Bedeutung.<lb/> Die Nähe des Menſchen kündigt im Großen die <hi rendition="#g">Architektur-Malerei</hi><note place="right">2.</note><lb/> (vergl. §. 543), im Kleinen das <hi rendition="#g">Blumen- und Fruchtſtück</hi> und das ſoge-<lb/> nannte <hi rendition="#g">Still-Leben</hi> an.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Die Stellung des Thierſtücks zwiſchen der Landſchaft und dem<lb/> Sittenbilde (vergl. §. 696 Anm.) iſt äußerlich ſchon daran erkennbar,<lb/> daß eine Aufnahme des Thierlebens bis zu bedeutendem Umfang ſich mit<lb/> einem Gemälde der einen oder andern Gattung verbinden kann; umge-<lb/> kehrt kann zu einem Thierſtücke das Landſchaftliche und menſchliches Leben<lb/> in anſehnlicher Ausdehnung ſich geſellen. Dieſe äußerliche Verbindung<lb/> iſt der natürliche Ausdruck der innern Zuſammengehörigkeit, denn das<lb/> Thier iſt die ſich vernehmende und genießende Natur und der Grenz-<lb/> nachbar des Menſchen, ſein Begleiter, ſein Diener, aber auch ſein Feind<lb/> und Gegenſtand ſeiner Kampfluſt; die landſchaftliche Stimmung von der<lb/> einen, die menſchliche von der andern Seite läuft wie von ſelbſt in das<lb/> Thier aus. Aber auch hier muß die unklare Miſchung (§. 696) abge-<lb/> wieſen werden. Entweder, oder! bleibt feſtes Geſetz; ein Gemälde duldet<lb/> nur Ein Hauptſubject, durch das der Zweig beſtimmt wird, in dem es<lb/> gehört. Es iſt nicht ſowohl die äußere Ausdehnung, welche entſcheidet:<lb/> es mag ein großes Stück Landſchaft mit Thiergruppen ſich verbinden,<lb/> viele Thiere mögen mit einer Landſchaft, mögen mit Menſchen, viele<lb/> Menſchen mit Thieren zuſammengeſtellt ſein und das Ganze iſt doch Thier-<lb/> ſtück, Landſchaft, menſchliches Genre oder wieder Thierſtück, wenn nur die<lb/> Compoſition mit dem geſammten Ausdrucke klar ſagt, was die Hauptſache<lb/> iſt. Man darf nicht zweifeln, welcher Theil auf den andern componirt<lb/> iſt, welcher dagegen die Compoſition bedingt, die Seele des Ganzen iſt.<lb/> Dieß unterſcheidet ſich nicht ſchwer, man erkennt leicht, ob Landſchaftliches<lb/> ſo viel Einheit und Mannigfaltigkeit hat, um für ſich ein äſthetiſches<lb/> Ganzes zu bilden, dem das Thieriſche nur als Staffage anhängt oder<lb/> umgekehrt, und ebenſo verhält es ſich in der Zuſammenſtellung von Thieren<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [657/0165]
β. Das Sittenbild.
§. 701.
Den Uebergang von der Landſchaft zu dieſer Sphäre bildet das Thier-
ſtück, das mit dem einen und andern ſeiner Nachbargebiete in verſchiedener
Ausdehnung ſich verbindet, aber als ſelbſtändiger Zweig keinen Zweifel über
den wahren Hauptgegenſtand des äſthetiſchen Ganzen laſſen ſoll. Als Einthei-
lunggsgrund iſt insbeſondere der Unterſchied des Moments von Bedeutung.
Die Nähe des Menſchen kündigt im Großen die Architektur-Malerei
(vergl. §. 543), im Kleinen das Blumen- und Fruchtſtück und das ſoge-
nannte Still-Leben an.
1. Die Stellung des Thierſtücks zwiſchen der Landſchaft und dem
Sittenbilde (vergl. §. 696 Anm.) iſt äußerlich ſchon daran erkennbar,
daß eine Aufnahme des Thierlebens bis zu bedeutendem Umfang ſich mit
einem Gemälde der einen oder andern Gattung verbinden kann; umge-
kehrt kann zu einem Thierſtücke das Landſchaftliche und menſchliches Leben
in anſehnlicher Ausdehnung ſich geſellen. Dieſe äußerliche Verbindung
iſt der natürliche Ausdruck der innern Zuſammengehörigkeit, denn das
Thier iſt die ſich vernehmende und genießende Natur und der Grenz-
nachbar des Menſchen, ſein Begleiter, ſein Diener, aber auch ſein Feind
und Gegenſtand ſeiner Kampfluſt; die landſchaftliche Stimmung von der
einen, die menſchliche von der andern Seite läuft wie von ſelbſt in das
Thier aus. Aber auch hier muß die unklare Miſchung (§. 696) abge-
wieſen werden. Entweder, oder! bleibt feſtes Geſetz; ein Gemälde duldet
nur Ein Hauptſubject, durch das der Zweig beſtimmt wird, in dem es
gehört. Es iſt nicht ſowohl die äußere Ausdehnung, welche entſcheidet:
es mag ein großes Stück Landſchaft mit Thiergruppen ſich verbinden,
viele Thiere mögen mit einer Landſchaft, mögen mit Menſchen, viele
Menſchen mit Thieren zuſammengeſtellt ſein und das Ganze iſt doch Thier-
ſtück, Landſchaft, menſchliches Genre oder wieder Thierſtück, wenn nur die
Compoſition mit dem geſammten Ausdrucke klar ſagt, was die Hauptſache
iſt. Man darf nicht zweifeln, welcher Theil auf den andern componirt
iſt, welcher dagegen die Compoſition bedingt, die Seele des Ganzen iſt.
Dieß unterſcheidet ſich nicht ſchwer, man erkennt leicht, ob Landſchaftliches
ſo viel Einheit und Mannigfaltigkeit hat, um für ſich ein äſthetiſches
Ganzes zu bilden, dem das Thieriſche nur als Staffage anhängt oder
umgekehrt, und ebenſo verhält es ſich in der Zuſammenſtellung von Thieren
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |