Schnur von glänzenden Körpern hervor. "Ah! Ei! Je, wie nett!" ruft das Mädchen, das ohne viel Um¬ stände darnach gegriffen hat und dem der freundliche Geber das kostbare Geschenk leicht in die Hand fallen läßt. Es ist ein Halsband von aufgereihten Stückchen aus Bergkrystall; sie sind nicht eben ganz gleich an Form, aber man sieht, sehr sorgfältig nach annähern¬ der Aehnlichkeit zusammengelesen; sie zu schleifen, bis sie in ihrer Durchsichtigkeit hell leuchteten, mag müh¬ sam genug gewesen sein, noch viel mühsamer jedoch das Durchbohren. Sigune weiß wohl, was das Ar¬ beit kostet, mit einem spitzen Splitter von Quarz oder Feuerstein einen, noch dazu kleinen, harten Körper zu durchlöchern, ohne ihn zu zerbrechen, und sie kann sich gar wohl vorstellen, wie manche lange Stunde, beim weidenden Vieh sitzend, der zärtliche Hirte daran gear¬ beitet haben mag. Und daß sie Sinn dafür hat, am Feste, statt mit ihrer alten Schnur von farbigen Thon¬ perlen mit solchem Schmuck zu erscheinen, bedarf keiner Versicherung. Sie ist nun wohl herzlich gerührt, reicht auch dem Geber mit den Worten: "Bist immer gut!" einen Schmatz, der aber spürt, daß er etwas kurz und oberflächlich ist, er weiß gar wohl: hätte er Si¬ gunen einen Auerhahn oder Gemsbock zu Füßen ge¬ legt und erzählt, wie er ihn auf gefahrvollen Wegen erschnappt habe, da hätte sie ihn an den Locken ge¬ packt und anders geküßt. Es trat wieder eine Pause
Schnur von glänzenden Körpern hervor. „Ah! Ei! Je, wie nett!“ ruft das Mädchen, das ohne viel Um¬ ſtände darnach gegriffen hat und dem der freundliche Geber das koſtbare Geſchenk leicht in die Hand fallen läßt. Es iſt ein Halsband von aufgereihten Stückchen aus Bergkryſtall; ſie ſind nicht eben ganz gleich an Form, aber man ſieht, ſehr ſorgfältig nach annähern¬ der Aehnlichkeit zuſammengeleſen; ſie zu ſchleifen, bis ſie in ihrer Durchſichtigkeit hell leuchteten, mag müh¬ ſam genug geweſen ſein, noch viel mühſamer jedoch das Durchbohren. Sigune weiß wohl, was das Ar¬ beit koſtet, mit einem ſpitzen Splitter von Quarz oder Feuerſtein einen, noch dazu kleinen, harten Körper zu durchlöchern, ohne ihn zu zerbrechen, und ſie kann ſich gar wohl vorſtellen, wie manche lange Stunde, beim weidenden Vieh ſitzend, der zärtliche Hirte daran gear¬ beitet haben mag. Und daß ſie Sinn dafür hat, am Feſte, ſtatt mit ihrer alten Schnur von farbigen Thon¬ perlen mit ſolchem Schmuck zu erſcheinen, bedarf keiner Verſicherung. Sie iſt nun wohl herzlich gerührt, reicht auch dem Geber mit den Worten: „Biſt immer gut!“ einen Schmatz, der aber ſpürt, daß er etwas kurz und oberflächlich iſt, er weiß gar wohl: hätte er Si¬ gunen einen Auerhahn oder Gemsbock zu Füßen ge¬ legt und erzählt, wie er ihn auf gefahrvollen Wegen erſchnappt habe, da hätte ſie ihn an den Locken ge¬ packt und anders geküßt. Es trat wieder eine Pauſe
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Schnur von glänzenden Körpern hervor. „Ah! Ei!
Je, wie nett!“ ruft das Mädchen, das ohne viel Um¬
ſtände darnach gegriffen hat und dem der freundliche
Geber das koſtbare Geſchenk leicht in die Hand fallen
läßt. Es iſt ein Halsband von aufgereihten Stückchen
aus Bergkryſtall; ſie ſind nicht eben ganz gleich an
Form, aber man ſieht, ſehr ſorgfältig nach annähern¬
der Aehnlichkeit zuſammengeleſen; ſie zu ſchleifen, bis
ſie in ihrer Durchſichtigkeit hell leuchteten, mag müh¬
ſam genug geweſen ſein, noch viel mühſamer jedoch
das Durchbohren. Sigune weiß wohl, was das Ar¬
beit koſtet, mit einem ſpitzen Splitter von Quarz oder
Feuerſtein einen, noch dazu kleinen, harten Körper zu
durchlöchern, ohne ihn zu zerbrechen, und ſie kann ſich
gar wohl vorſtellen, wie manche lange Stunde, beim
weidenden Vieh ſitzend, der zärtliche Hirte daran gear¬
beitet haben mag. Und daß ſie Sinn dafür hat, am
Feſte, ſtatt mit ihrer alten Schnur von farbigen Thon¬
perlen mit ſolchem Schmuck zu erſcheinen, bedarf keiner
Verſicherung. Sie iſt nun wohl herzlich gerührt, reicht
auch dem Geber mit den Worten: „Biſt immer gut!“
einen Schmatz, der aber ſpürt, daß er etwas kurz
und oberflächlich iſt, er weiß gar wohl: hätte er Si¬
gunen einen Auerhahn oder Gemsbock zu Füßen ge¬
legt und erzählt, wie er ihn auf gefahrvollen Wegen
erſchnappt habe, da hätte ſie ihn an den Locken ge¬
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/150>, abgerufen am 22.12.2024.
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