Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

vorn mit einer großen Erzplatte geschmückt, deren dünne
Fläche mit einer reichen Zusammenstellung von Linien
und kleinen, getriebenen Buckeln verziert ist, -- wer
weiß, ob nicht das Urbild des breiten Mittelschilds
am Ledergurt, der heute noch in den benachbarten Gebirgen
Tirols getragen wird und an dessen weiß eingestickten
Verzierungen man ganz ähnliche Zeichnung bemerken
will, wie an jenen uralten Mustern; bei Arthur
aber ist in der Mitte der Ornamente ein Kreis und
im Kreise ein Dreieck zu sehen; an diesem Gürtel
hängt links ein ehernes Schwert in eherner Scheide
und rechts ein breiter, stark kegelförmig in die Spitze
zulaufender Dolch von demselben Metalle. Ein Sack
aus Rehfell hängt auf seinem Rücken, mit einer Schnur
zusammengezogen, der jetzt noch übliche Rucksack unserer
Gebirgsbewohner. Er ist sichtbar gefüllt und wird wohl
nicht leicht sein, doch der Träger erscheint von seiner
Last so wenig als von seinem Marsch ermüdet, das
Haupt hängt ihm nicht vor, sondern steht aufrecht auf
dem schwungvoll aufsteigenden Halse, und rasch, mit
elastischem Schritte bewegt er sich vorwärts nach
dem Seeufer, es ist ein Gang, wie man ihn jetzt
nur noch bei Völkern sieht, deren Füße nicht Schuh
und Stiefel, nur Sandalen kennen. Ein Hund be¬
gleitet ihn, ein großer braungestriemter Hatzrüd;
er mochte die Wachsamkeit, den Beistand des treuen
Thieres wohl bedurft haben auf der gefährlichen

vorn mit einer großen Erzplatte geſchmückt, deren dünne
Fläche mit einer reichen Zuſammenſtellung von Linien
und kleinen, getriebenen Buckeln verziert iſt, — wer
weiß, ob nicht das Urbild des breiten Mittelſchilds
am Ledergurt, der heute noch in den benachbarten Gebirgen
Tirols getragen wird und an deſſen weiß eingeſtickten
Verzierungen man ganz ähnliche Zeichnung bemerken
will, wie an jenen uralten Muſtern; bei Arthur
aber iſt in der Mitte der Ornamente ein Kreis und
im Kreiſe ein Dreieck zu ſehen; an dieſem Gürtel
hängt links ein ehernes Schwert in eherner Scheide
und rechts ein breiter, ſtark kegelförmig in die Spitze
zulaufender Dolch von demſelben Metalle. Ein Sack
aus Rehfell hängt auf ſeinem Rücken, mit einer Schnur
zuſammengezogen, der jetzt noch übliche Ruckſack unſerer
Gebirgsbewohner. Er iſt ſichtbar gefüllt und wird wohl
nicht leicht ſein, doch der Träger erſcheint von ſeiner
Laſt ſo wenig als von ſeinem Marſch ermüdet, das
Haupt hängt ihm nicht vor, ſondern ſteht aufrecht auf
dem ſchwungvoll aufſteigenden Halſe, und raſch, mit
elaſtiſchem Schritte bewegt er ſich vorwärts nach
dem Seeufer, es iſt ein Gang, wie man ihn jetzt
nur noch bei Völkern ſieht, deren Füße nicht Schuh
und Stiefel, nur Sandalen kennen. Ein Hund be¬
gleitet ihn, ein großer braungeſtriemter Hatzrüd;
er mochte die Wachſamkeit, den Beiſtand des treuen
Thieres wohl bedurft haben auf der gefährlichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0167" n="154"/>
vorn mit einer großen Erzplatte ge&#x017F;chmückt, deren dünne<lb/>
Fläche mit einer reichen Zu&#x017F;ammen&#x017F;tellung von Linien<lb/>
und kleinen, getriebenen Buckeln verziert i&#x017F;t, &#x2014; wer<lb/>
weiß, ob nicht das Urbild des breiten Mittel&#x017F;childs<lb/>
am Ledergurt, der heute noch in den benachbarten Gebirgen<lb/>
Tirols getragen wird und an de&#x017F;&#x017F;en weiß einge&#x017F;tickten<lb/>
Verzierungen man ganz ähnliche Zeichnung bemerken<lb/>
will, wie an jenen uralten Mu&#x017F;tern; bei Arthur<lb/>
aber i&#x017F;t in der Mitte der Ornamente ein Kreis und<lb/>
im Krei&#x017F;e ein Dreieck zu &#x017F;ehen; an die&#x017F;em Gürtel<lb/>
hängt links ein ehernes Schwert in eherner Scheide<lb/>
und rechts ein breiter, &#x017F;tark kegelförmig in die Spitze<lb/>
zulaufender Dolch von dem&#x017F;elben Metalle. Ein Sack<lb/>
aus Rehfell hängt auf &#x017F;einem Rücken, mit einer Schnur<lb/>
zu&#x017F;ammengezogen, der jetzt noch übliche Ruck&#x017F;ack un&#x017F;erer<lb/>
Gebirgsbewohner. Er i&#x017F;t &#x017F;ichtbar gefüllt und wird wohl<lb/>
nicht leicht &#x017F;ein, doch der Träger er&#x017F;cheint von &#x017F;einer<lb/>
La&#x017F;t &#x017F;o wenig als von &#x017F;einem Mar&#x017F;ch ermüdet, das<lb/>
Haupt hängt ihm nicht vor, &#x017F;ondern &#x017F;teht aufrecht auf<lb/>
dem &#x017F;chwungvoll auf&#x017F;teigenden Hal&#x017F;e, und ra&#x017F;ch, mit<lb/>
ela&#x017F;ti&#x017F;chem Schritte bewegt er &#x017F;ich vorwärts nach<lb/>
dem Seeufer, es i&#x017F;t ein Gang, wie man ihn jetzt<lb/>
nur noch bei Völkern &#x017F;ieht, deren Füße nicht Schuh<lb/>
und Stiefel, nur Sandalen kennen. Ein Hund be¬<lb/>
gleitet ihn, ein großer braunge&#x017F;triemter Hatzrüd;<lb/>
er mochte die Wach&#x017F;amkeit, den Bei&#x017F;tand des treuen<lb/>
Thieres wohl bedurft haben auf der gefährlichen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0167] vorn mit einer großen Erzplatte geſchmückt, deren dünne Fläche mit einer reichen Zuſammenſtellung von Linien und kleinen, getriebenen Buckeln verziert iſt, — wer weiß, ob nicht das Urbild des breiten Mittelſchilds am Ledergurt, der heute noch in den benachbarten Gebirgen Tirols getragen wird und an deſſen weiß eingeſtickten Verzierungen man ganz ähnliche Zeichnung bemerken will, wie an jenen uralten Muſtern; bei Arthur aber iſt in der Mitte der Ornamente ein Kreis und im Kreiſe ein Dreieck zu ſehen; an dieſem Gürtel hängt links ein ehernes Schwert in eherner Scheide und rechts ein breiter, ſtark kegelförmig in die Spitze zulaufender Dolch von demſelben Metalle. Ein Sack aus Rehfell hängt auf ſeinem Rücken, mit einer Schnur zuſammengezogen, der jetzt noch übliche Ruckſack unſerer Gebirgsbewohner. Er iſt ſichtbar gefüllt und wird wohl nicht leicht ſein, doch der Träger erſcheint von ſeiner Laſt ſo wenig als von ſeinem Marſch ermüdet, das Haupt hängt ihm nicht vor, ſondern ſteht aufrecht auf dem ſchwungvoll aufſteigenden Halſe, und raſch, mit elaſtiſchem Schritte bewegt er ſich vorwärts nach dem Seeufer, es iſt ein Gang, wie man ihn jetzt nur noch bei Völkern ſieht, deren Füße nicht Schuh und Stiefel, nur Sandalen kennen. Ein Hund be¬ gleitet ihn, ein großer braungeſtriemter Hatzrüd; er mochte die Wachſamkeit, den Beiſtand des treuen Thieres wohl bedurft haben auf der gefährlichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/167
Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/167>, abgerufen am 18.05.2024.