Blick aus den ihrigen genügte, es nicht zur Ausführung gedeihen zu lassen. Der Wink aber bestand in den Worten: "Ich hoffe, daß du unsere heiligen Gebräuche achtest, und erwarte, daß du heute Abend bei dem ersten Vorakte des großen Festes, der Betuchung unserer frommen Jugend, erscheinest." Arthur bejahte, verabschiedete sich und der Druide machte sich an seinen Kaffee. Er trank mit wenig Behagen dießmal; er hätte sich sogar fast unterstanden, einen an der Beharr¬ lichkeit Urhixidur's längst erlahmten Widerstand heute nach langer Zeit wieder zu eröffnen: sie ließ sich's nicht nehmen, dem redlichen Getränk eine Beimischung von der Wurzel einer Pflanze, genannt Wegeluge, zu geben: demselben Vegetabil, das wir jetzt Cichorie benennen; sie behauptete, es gebe dem Kaffee eine bessere Farbe und Konsistenz; der Druide meinte: aber keinen guten Geschmack; es hatte darüber schon Szenen gegeben; die stärkste, als der würdige Mann einmal sich so weit vergessen hatte, aufzustellen: die kleinste Dosis von dieser gemeinen Pflanze gebe dem Kaffee einen Geschmack von Jauche; darüber war die Verfechterin guter alter Sitte so wild geworden, daß von nun an der Muth des Widerstrebenden gebrochen war. Schweigend, mitunter zwischen den Zähnen murmelnd, trank und aß er und ebenso die Alte. Einen giftigen Blick auf sie werfend schnitt er sich mit dem Erzmesser ein Stück vom Schinken ab, mit einem noch
Blick aus den ihrigen genügte, es nicht zur Ausführung gedeihen zu laſſen. Der Wink aber beſtand in den Worten: „Ich hoffe, daß du unſere heiligen Gebräuche achteſt, und erwarte, daß du heute Abend bei dem erſten Vorakte des großen Feſtes, der Betuchung unſerer frommen Jugend, erſcheineſt.“ Arthur bejahte, verabſchiedete ſich und der Druide machte ſich an ſeinen Kaffee. Er trank mit wenig Behagen dießmal; er hätte ſich ſogar faſt unterſtanden, einen an der Beharr¬ lichkeit Urhixidur's längſt erlahmten Widerſtand heute nach langer Zeit wieder zu eröffnen: ſie ließ ſich's nicht nehmen, dem redlichen Getränk eine Beimiſchung von der Wurzel einer Pflanze, genannt Wegeluge, zu geben: demſelben Vegetabil, das wir jetzt Cichorie benennen; ſie behauptete, es gebe dem Kaffee eine beſſere Farbe und Konſiſtenz; der Druide meinte: aber keinen guten Geſchmack; es hatte darüber ſchon Szenen gegeben; die ſtärkſte, als der würdige Mann einmal ſich ſo weit vergeſſen hatte, aufzuſtellen: die kleinſte Doſis von dieſer gemeinen Pflanze gebe dem Kaffee einen Geſchmack von Jauche; darüber war die Verfechterin guter alter Sitte ſo wild geworden, daß von nun an der Muth des Widerſtrebenden gebrochen war. Schweigend, mitunter zwiſchen den Zähnen murmelnd, trank und aß er und ebenſo die Alte. Einen giftigen Blick auf ſie werfend ſchnitt er ſich mit dem Erzmeſſer ein Stück vom Schinken ab, mit einem noch
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Blick aus den ihrigen genügte, es nicht zur Ausführung
gedeihen zu laſſen. Der Wink aber beſtand in den
Worten: „Ich hoffe, daß du unſere heiligen Gebräuche
achteſt, und erwarte, daß du heute Abend bei dem
erſten Vorakte des großen Feſtes, der Betuchung
unſerer frommen Jugend, erſcheineſt.“ Arthur bejahte,
verabſchiedete ſich und der Druide machte ſich an ſeinen
Kaffee. Er trank mit wenig Behagen dießmal; er
hätte ſich ſogar faſt unterſtanden, einen an der Beharr¬
lichkeit Urhixidur's längſt erlahmten Widerſtand heute
nach langer Zeit wieder zu eröffnen: ſie ließ ſich's
nicht nehmen, dem redlichen Getränk eine Beimiſchung
von der Wurzel einer Pflanze, genannt Wegeluge, zu
geben: demſelben Vegetabil, das wir jetzt Cichorie
benennen; ſie behauptete, es gebe dem Kaffee eine
beſſere Farbe und Konſiſtenz; der Druide meinte:
aber keinen guten Geſchmack; es hatte darüber ſchon
Szenen gegeben; die ſtärkſte, als der würdige Mann
einmal ſich ſo weit vergeſſen hatte, aufzuſtellen: die
kleinſte Doſis von dieſer gemeinen Pflanze gebe dem
Kaffee einen Geſchmack von Jauche; darüber war die
Verfechterin guter alter Sitte ſo wild geworden, daß
von nun an der Muth des Widerſtrebenden gebrochen
war. Schweigend, mitunter zwiſchen den Zähnen
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/178>, abgerufen am 22.12.2024.
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