ihm auf, die er sich vorher nicht zum Bewußtsein gebracht hatte. Er sah seine Hosen an, sie waren von grobem Lodenstoff und eben nicht geeignet, die Gestalt seiner Beine, die sich eigentlich gar wohl sehen lassen konnte, vortheilhaft zu zeigen, und nun fiel ihm ein, daß Ar¬ thur's Beine doch ganz anders sich ausnahmen; da sah zwischen Lederhose und gemustertem Stutzstrumpf das nackte Knie hervor und unbehindert von knorrigen Falten erschien die sichere Zeichnung des wohlge¬ schaffenen männlichen Bewegungsorgans in ihrer Kraft und Schönheit. Jetzt erst wurde es ihm siedend heiß und abermals warf er sich zu Boden. "Ja! ja! ich bin ja nur ein stiller, zahmer, dummer Hirte! Ich hab' keine so gewellten Tanzbeine, trag' ja auch keine Spielhahnfeder und Gemsbart, nur ein paar blaue Häherfederl und einen Wisch von Luchsohren-Borsten an der Pelzkappe, und bin nicht wie ein Mädel mit glitzernden Ringen aufgeputzt." Die Ironie half ihm nichts, die Kraft des Stolzes brach, eine Flut von Thränen stürzte hervor; Ryno kam ihm zugekrochen, wie er so lag; "Komm' her, gutes Vieh," sagte er, "wir sind ja wohl zwei unglückliche Kerle mit¬ einander," er duldete ihn neben sich, ja legte den Arm über ihn, versank nach und nach in ein stumpfes Brüten und endlich kam über die beiden Verwundeten, den einen, der im Nacken, und den andern, der tief in der Seele getroffen war, die Wohlthat des Schlafes.
ihm auf, die er ſich vorher nicht zum Bewußtſein gebracht hatte. Er ſah ſeine Hoſen an, ſie waren von grobem Lodenſtoff und eben nicht geeignet, die Geſtalt ſeiner Beine, die ſich eigentlich gar wohl ſehen laſſen konnte, vortheilhaft zu zeigen, und nun fiel ihm ein, daß Ar¬ thur's Beine doch ganz anders ſich ausnahmen; da ſah zwiſchen Lederhoſe und gemuſtertem Stutzſtrumpf das nackte Knie hervor und unbehindert von knorrigen Falten erſchien die ſichere Zeichnung des wohlge¬ ſchaffenen männlichen Bewegungsorgans in ihrer Kraft und Schönheit. Jetzt erſt wurde es ihm ſiedend heiß und abermals warf er ſich zu Boden. „Ja! ja! ich bin ja nur ein ſtiller, zahmer, dummer Hirte! Ich hab' keine ſo gewellten Tanzbeine, trag' ja auch keine Spielhahnfeder und Gemsbart, nur ein paar blaue Häherfederl und einen Wiſch von Luchsohren-Borſten an der Pelzkappe, und bin nicht wie ein Mädel mit glitzernden Ringen aufgeputzt.“ Die Ironie half ihm nichts, die Kraft des Stolzes brach, eine Flut von Thränen ſtürzte hervor; Ryno kam ihm zugekrochen, wie er ſo lag; „Komm' her, gutes Vieh,“ ſagte er, „wir ſind ja wohl zwei unglückliche Kerle mit¬ einander,“ er duldete ihn neben ſich, ja legte den Arm über ihn, verſank nach und nach in ein ſtumpfes Brüten und endlich kam über die beiden Verwundeten, den einen, der im Nacken, und den andern, der tief in der Seele getroffen war, die Wohlthat des Schlafes.
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ihm auf, die er ſich vorher nicht zum Bewußtſein gebracht
hatte. Er ſah ſeine Hoſen an, ſie waren von grobem
Lodenſtoff und eben nicht geeignet, die Geſtalt ſeiner
Beine, die ſich eigentlich gar wohl ſehen laſſen konnte,
vortheilhaft zu zeigen, und nun fiel ihm ein, daß Ar¬
thur's Beine doch ganz anders ſich ausnahmen; da
ſah zwiſchen Lederhoſe und gemuſtertem Stutzſtrumpf
das nackte Knie hervor und unbehindert von knorrigen
Falten erſchien die ſichere Zeichnung des wohlge¬
ſchaffenen männlichen Bewegungsorgans in ihrer Kraft
und Schönheit. Jetzt erſt wurde es ihm ſiedend heiß
und abermals warf er ſich zu Boden. „Ja! ja! ich
bin ja nur ein ſtiller, zahmer, dummer Hirte! Ich
hab' keine ſo gewellten Tanzbeine, trag' ja auch keine
Spielhahnfeder und Gemsbart, nur ein paar blaue
Häherfederl und einen Wiſch von Luchsohren-Borſten
an der Pelzkappe, und bin nicht wie ein Mädel mit
glitzernden Ringen aufgeputzt.“ Die Ironie half ihm
nichts, die Kraft des Stolzes brach, eine Flut von
Thränen ſtürzte hervor; Ryno kam ihm zugekrochen,
wie er ſo lag; „Komm' her, gutes Vieh,“ ſagte er,
„wir ſind ja wohl zwei unglückliche Kerle mit¬
einander,“ er duldete ihn neben ſich, ja legte den
Arm über ihn, verſank nach und nach in ein ſtumpfes
Brüten und endlich kam über die beiden Verwundeten,
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/184>, abgerufen am 22.12.2024.
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