eine Jagd -- ich werde jagen, nach Menschen jagen und gejagt werden -- und --, glaub' mir, Alpin, zur Liebe hab' ich keine Zeit mehr, auch wenn ich wollte." Die Worte blieben unerläutert und waren dem Sprecher vielleicht selbst nicht so klar, daß er die Erklärung dazu hätte geben können. Und nun war unter all' dem das übervolle Herz noch nicht dazu gelangt, die Hauptsache, den Dank auszusprechen. Es geschah erst, als man am Eingang der Höhle ange¬ langt war. Nur erwarte der Leser keinen stürmischen Gefühlsauftritt. Daß auch Männer sich umarmen und küssen können, war den Pfahlbewohnern noch rein unbekannt; hätten sie sehen können, wie das betrieben wurde zu den Zeiten Vaters Gleim und wie noch heutiges Tags da und dort Männer sich abschmatzen: man darf wohl annehmen, sie hätten sich mit Scham und Schauer abgewendet. Arthur sagte einfach: "Ich danke dir, dem Feind, mein Leben!" und begleitete die Worte mit einem Druck der Rechten, worüber unser¬ einem das Blut aus den Fingern spritzen würde und den nur eine Hand aushielt, die fähig war, einen Wisent mit einem Horndolchstoß niederzustrecken.
Die Höhle war tief und weit und enthielt Neben¬ höhlen in sich, die aussahen, als hätte Menschenhand nachgeholfen, sie zu Wohnungsstätten herzustellen. Einzelne Thierknochen und Scherben lagen umher; es gieng eine alte Sage, dort hätten einst Menschen ge¬
eine Jagd — ich werde jagen, nach Menſchen jagen und gejagt werden — und —, glaub' mir, Alpin, zur Liebe hab' ich keine Zeit mehr, auch wenn ich wollte.“ Die Worte blieben unerläutert und waren dem Sprecher vielleicht ſelbſt nicht ſo klar, daß er die Erklärung dazu hätte geben können. Und nun war unter all' dem das übervolle Herz noch nicht dazu gelangt, die Hauptſache, den Dank auszuſprechen. Es geſchah erſt, als man am Eingang der Höhle ange¬ langt war. Nur erwarte der Leſer keinen ſtürmiſchen Gefühlsauftritt. Daß auch Männer ſich umarmen und küſſen können, war den Pfahlbewohnern noch rein unbekannt; hätten ſie ſehen können, wie das betrieben wurde zu den Zeiten Vaters Gleim und wie noch heutiges Tags da und dort Männer ſich abſchmatzen: man darf wohl annehmen, ſie hätten ſich mit Scham und Schauer abgewendet. Arthur ſagte einfach: „Ich danke dir, dem Feind, mein Leben!“ und begleitete die Worte mit einem Druck der Rechten, worüber unſer¬ einem das Blut aus den Fingern ſpritzen würde und den nur eine Hand aushielt, die fähig war, einen Wiſent mit einem Horndolchſtoß niederzuſtrecken.
Die Höhle war tief und weit und enthielt Neben¬ höhlen in ſich, die ausſahen, als hätte Menſchenhand nachgeholfen, ſie zu Wohnungsſtätten herzuſtellen. Einzelne Thierknochen und Scherben lagen umher; es gieng eine alte Sage, dort hätten einſt Menſchen ge¬
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eine Jagd — ich werde jagen, nach Menſchen jagen
und gejagt werden — und —, glaub' mir, Alpin,
zur Liebe hab' ich keine Zeit mehr, auch wenn ich
wollte.“ Die Worte blieben unerläutert und waren
dem Sprecher vielleicht ſelbſt nicht ſo klar, daß er die
Erklärung dazu hätte geben können. Und nun war
unter all' dem das übervolle Herz noch nicht dazu
gelangt, die Hauptſache, den Dank auszuſprechen. Es
geſchah erſt, als man am Eingang der Höhle ange¬
langt war. Nur erwarte der Leſer keinen ſtürmiſchen
Gefühlsauftritt. Daß auch Männer ſich umarmen
und küſſen können, war den Pfahlbewohnern noch rein
unbekannt; hätten ſie ſehen können, wie das betrieben
wurde zu den Zeiten Vaters Gleim und wie noch
heutiges Tags da und dort Männer ſich abſchmatzen:
man darf wohl annehmen, ſie hätten ſich mit Scham
und Schauer abgewendet. Arthur ſagte einfach: „Ich
danke dir, dem Feind, mein Leben!“ und begleitete
die Worte mit einem Druck der Rechten, worüber unſer¬
einem das Blut aus den Fingern ſpritzen würde und
den nur eine Hand aushielt, die fähig war, einen
Wiſent mit einem Horndolchſtoß niederzuſtrecken.
Die Höhle war tief und weit und enthielt Neben¬
höhlen in ſich, die ausſahen, als hätte Menſchenhand
nachgeholfen, ſie zu Wohnungsſtätten herzuſtellen.
Einzelne Thierknochen und Scherben lagen umher; es
gieng eine alte Sage, dort hätten einſt Menſchen ge¬
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/260>, abgerufen am 23.12.2024.
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