wohnt. -- "Langweilig wird's schon sein," sagte Alpin. Arthur sah an der hohen, dunkelgrauen Wöl¬ bung hinauf; "ich bin gern allein," versetzte er dann. "Da hast nun recht Zeit zum Brüten," meinte Alpin. Arthur nickte lächelnd und striech ihm mit der Hand über die blühende Wange. Eine dunkle Sorge kam über Alpin, als man sich trennte, obwohl es für ihn vorerst nicht auf lang war. Ungleich schwerer noch lag es auf Sigunen. Wer weiß, wann im Leben man sich wiedersehen wird? Ja wer weiß, ob? Es kamen ihr Thränen. "Gieb ihm einen Kuß," sagte Alpin. Sie reichte ihn, die gegenseitigen Lippen verweilten nicht heiß, aber innig in sanfter Berührung. Man trennte sich, der versöhnte Tyras sah wie fragend zu, als die Beiden hinweggiengen.
Arm um Hüfte, Arm um Schulter geschlungen, giengen Alpin und Sigune heimwärts durch den Fichtenwald bis an die Lichtung des Eichenhains. Jetzt erfuhr Alpin, wie die Dinge gekommen. Die Herausforderung war aus Blick und dunklem Wort leicht zu erschließen, Ort und Zeit blieben ihr ver¬ borgen. Was litt sie nun! Wie zerwühlte die Reue, die Liebe, die Todesangst, die Höllenqual des Schuld¬ gefühls ihre Seele! Jetzt, jetzt fand sie Worte, und doch weit, weit nicht genug Worte für die Ewigkeit dieser fürchterlichen Stunde. Sie rennt im Dorf um, sie fragt Alt und Jung, ob Niemand Alpin und
wohnt. — „Langweilig wird's ſchon ſein,“ ſagte Alpin. Arthur ſah an der hohen, dunkelgrauen Wöl¬ bung hinauf; „ich bin gern allein,“ verſetzte er dann. „Da haſt nun recht Zeit zum Brüten,“ meinte Alpin. Arthur nickte lächelnd und ſtriech ihm mit der Hand über die blühende Wange. Eine dunkle Sorge kam über Alpin, als man ſich trennte, obwohl es für ihn vorerſt nicht auf lang war. Ungleich ſchwerer noch lag es auf Sigunen. Wer weiß, wann im Leben man ſich wiederſehen wird? Ja wer weiß, ob? Es kamen ihr Thränen. „Gieb ihm einen Kuß,“ ſagte Alpin. Sie reichte ihn, die gegenſeitigen Lippen verweilten nicht heiß, aber innig in ſanfter Berührung. Man trennte ſich, der verſöhnte Tyras ſah wie fragend zu, als die Beiden hinweggiengen.
Arm um Hüfte, Arm um Schulter geſchlungen, giengen Alpin und Sigune heimwärts durch den Fichtenwald bis an die Lichtung des Eichenhains. Jetzt erfuhr Alpin, wie die Dinge gekommen. Die Herausforderung war aus Blick und dunklem Wort leicht zu erſchließen, Ort und Zeit blieben ihr ver¬ borgen. Was litt ſie nun! Wie zerwühlte die Reue, die Liebe, die Todesangſt, die Höllenqual des Schuld¬ gefühls ihre Seele! Jetzt, jetzt fand ſie Worte, und doch weit, weit nicht genug Worte für die Ewigkeit dieſer fürchterlichen Stunde. Sie rennt im Dorf um, ſie fragt Alt und Jung, ob Niemand Alpin und
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wohnt. — „Langweilig wird's ſchon ſein,“ ſagte
Alpin. Arthur ſah an der hohen, dunkelgrauen Wöl¬
bung hinauf; „ich bin gern allein,“ verſetzte er dann.
„Da haſt nun recht Zeit zum Brüten,“ meinte Alpin.
Arthur nickte lächelnd und ſtriech ihm mit der Hand
über die blühende Wange. Eine dunkle Sorge kam
über Alpin, als man ſich trennte, obwohl es für ihn
vorerſt nicht auf lang war. Ungleich ſchwerer noch
lag es auf Sigunen. Wer weiß, wann im Leben man
ſich wiederſehen wird? Ja wer weiß, ob? Es kamen
ihr Thränen. „Gieb ihm einen Kuß,“ ſagte Alpin. Sie
reichte ihn, die gegenſeitigen Lippen verweilten nicht
heiß, aber innig in ſanfter Berührung. Man trennte
ſich, der verſöhnte Tyras ſah wie fragend zu, als die
Beiden hinweggiengen.
Arm um Hüfte, Arm um Schulter geſchlungen,
giengen Alpin und Sigune heimwärts durch den
Fichtenwald bis an die Lichtung des Eichenhains.
Jetzt erfuhr Alpin, wie die Dinge gekommen. Die
Herausforderung war aus Blick und dunklem Wort
leicht zu erſchließen, Ort und Zeit blieben ihr ver¬
borgen. Was litt ſie nun! Wie zerwühlte die Reue,
die Liebe, die Todesangſt, die Höllenqual des Schuld¬
gefühls ihre Seele! Jetzt, jetzt fand ſie Worte, und
doch weit, weit nicht genug Worte für die Ewigkeit
dieſer fürchterlichen Stunde. Sie rennt im Dorf um,
ſie fragt Alt und Jung, ob Niemand Alpin und
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/261>, abgerufen am 23.12.2024.
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