Zeit oder sind die Dinge, deren steter Wechsel Zeit heißt. Auf und nieder, nieder und auf, links rechts, rechts links, hinum, herum, so heißt's fort und fort in Ewigkeit. Oder halt! Ich weiß ein deutlicheres Bei¬ spiel. Ihr habt doch schon euch selbst oder Einer dem Andern einen Finger an's Geäder dort am Hand¬ knöchel gelegt? Ihr wißt, da pickt, da schlägt etwas. (Bejahende Gebärden.) Wir sind nicht so dickfest, als wir meinen, nicht Fleisch und Bein durch und durch, es läuft etwas Flüssiges in uns um, das uns jeden Augenblick erst webt, flicht, strickt. Es ist sonderbar, man sollt's nicht glauben, wenn man so einen Hand¬ druck bekommt, wie ich gestern vom Gwalchmai, daß ich meinte, meine Hand sei zwischen zwei Balken ge¬ quetscht. (Gelächter. Stimmen: ,Ja, der kann's.') Nun gut, wieder zur Sache! Nun haben unsere Natur¬ gelehrten in Turik herausgebracht, daß dieß das Blut sein muß, welches in immer gleich wiederkehrenden Stößen vom Herzen aus, das da liegt (er legte die Hand unter die linke Brust), nach den Adern gepumpt wird. Das ist nun eine viel künstlichere Sache, als die Schnur und der Zapfen, aber wir haben beidemal etwas, was sich bewegt, und etwas, von dem die Be¬ wegung abhängt oder ausgeht. Gut. Nun wollen wir das Gleichniß anwenden und sagen: die Schnur mit dem Gewicht und das Blut in der Schlagader, das sind die Dinge der Welt und vorzüglich die
Vischer, Auch Einer. I. 18
Zeit oder ſind die Dinge, deren ſteter Wechſel Zeit heißt. Auf und nieder, nieder und auf, links rechts, rechts links, hinum, herum, ſo heißt's fort und fort in Ewigkeit. Oder halt! Ich weiß ein deutlicheres Bei¬ ſpiel. Ihr habt doch ſchon euch ſelbſt oder Einer dem Andern einen Finger an's Geäder dort am Hand¬ knöchel gelegt? Ihr wißt, da pickt, da ſchlägt etwas. (Bejahende Gebärden.) Wir ſind nicht ſo dickfeſt, als wir meinen, nicht Fleiſch und Bein durch und durch, es läuft etwas Flüſſiges in uns um, das uns jeden Augenblick erſt webt, flicht, ſtrickt. Es iſt ſonderbar, man ſollt's nicht glauben, wenn man ſo einen Hand¬ druck bekommt, wie ich geſtern vom Gwalchmai, daß ich meinte, meine Hand ſei zwiſchen zwei Balken ge¬ quetſcht. (Gelächter. Stimmen: ‚Ja, der kann's.‘) Nun gut, wieder zur Sache! Nun haben unſere Natur¬ gelehrten in Turik herausgebracht, daß dieß das Blut ſein muß, welches in immer gleich wiederkehrenden Stößen vom Herzen aus, das da liegt (er legte die Hand unter die linke Bruſt), nach den Adern gepumpt wird. Das iſt nun eine viel künſtlichere Sache, als die Schnur und der Zapfen, aber wir haben beidemal etwas, was ſich bewegt, und etwas, von dem die Be¬ wegung abhängt oder ausgeht. Gut. Nun wollen wir das Gleichniß anwenden und ſagen: die Schnur mit dem Gewicht und das Blut in der Schlagader, das ſind die Dinge der Welt und vorzüglich die
Viſcher, Auch Einer. I. 18
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Zeit oder ſind die Dinge, deren ſteter Wechſel Zeit
heißt. Auf und nieder, nieder und auf, links rechts,
rechts links, hinum, herum, ſo heißt's fort und fort in
Ewigkeit. Oder halt! Ich weiß ein deutlicheres Bei¬
ſpiel. Ihr habt doch ſchon euch ſelbſt oder Einer
dem Andern einen Finger an's Geäder dort am Hand¬
knöchel gelegt? Ihr wißt, da pickt, da ſchlägt etwas.
(Bejahende Gebärden.) Wir ſind nicht ſo dickfeſt, als
wir meinen, nicht Fleiſch und Bein durch und durch,
es läuft etwas Flüſſiges in uns um, das uns jeden
Augenblick erſt webt, flicht, ſtrickt. Es iſt ſonderbar,
man ſollt's nicht glauben, wenn man ſo einen Hand¬
druck bekommt, wie ich geſtern vom Gwalchmai, daß
ich meinte, meine Hand ſei zwiſchen zwei Balken ge¬
quetſcht. (Gelächter. Stimmen: ‚Ja, der kann's.‘)
Nun gut, wieder zur Sache! Nun haben unſere Natur¬
gelehrten in Turik herausgebracht, daß dieß das Blut
ſein muß, welches in immer gleich wiederkehrenden
Stößen vom Herzen aus, das da liegt (er legte die
Hand unter die linke Bruſt), nach den Adern gepumpt
wird. Das iſt nun eine viel künſtlichere Sache, als
die Schnur und der Zapfen, aber wir haben beidemal
etwas, was ſich bewegt, und etwas, von dem die Be¬
wegung abhängt oder ausgeht. Gut. Nun wollen
wir das Gleichniß anwenden und ſagen: die Schnur
mit dem Gewicht und das Blut in der Schlagader,
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/286>, abgerufen am 23.12.2024.
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