ist fähig, über einen Schrank einen Teppich so zu legen, daß er über die oberste Schublade überhängt und so oft diese gezogen und geschlossen wird, sich einklemmt! Mein Herr, das Weib hat Zeit für den Kampf mit dem Racker Objekt, sie lebt in diesem Kampf, er ist ihr Element; ein Mann darf und soll keine Zeit hiefür haben, er braucht seine Geduld auf für das, was der Geduld werth ist. Ueber die Zumuthung, Beides zu verwenden gegen das Unwerthe, kann, darf, soll er wüthen! Sie können doch wissen, daß die elenden Objekte, diese Igel, diese Nickel, sich nie lieber ein¬ haken, als wenn wir die höchste Eile haben, etwas fertig zu bringen, was nöthig und vernünftig ist! Elender Bettel, nichtswürdiger Knopf oder Knäuel eines Bändels, Lorgnettenschnur, die sich um meinen Westenknopf wickelt, just wenn es auf der Eisenbahn auf's Aeußerste eilt, einen klein gedruckten Fahrplan nachzusehen, ich hab' ja keine Zeit, keine Zeit für euch! Und wenn ich tausend Blutigel an die Ewigkeit setze, sie ziehen mir nicht eine Sekunde Zeit für euch heraus!"
"Was nützt aber die Wuth?"
"O, geistlos! Hat es Luther nichts genützt -- falls von Nutzen die Rede sein soll --, wenn er den Teufel fortschalt? Wißt ihr denn nichts von Entlastung der armen Seele? Von der köstlichen Arznei, die im Fluchen liegt?"
iſt fähig, über einen Schrank einen Teppich ſo zu legen, daß er über die oberſte Schublade überhängt und ſo oft dieſe gezogen und geſchloſſen wird, ſich einklemmt! Mein Herr, das Weib hat Zeit für den Kampf mit dem Racker Objekt, ſie lebt in dieſem Kampf, er iſt ihr Element; ein Mann darf und ſoll keine Zeit hiefür haben, er braucht ſeine Geduld auf für das, was der Geduld werth iſt. Ueber die Zumuthung, Beides zu verwenden gegen das Unwerthe, kann, darf, ſoll er wüthen! Sie können doch wiſſen, daß die elenden Objekte, dieſe Igel, dieſe Nickel, ſich nie lieber ein¬ haken, als wenn wir die höchſte Eile haben, etwas fertig zu bringen, was nöthig und vernünftig iſt! Elender Bettel, nichtswürdiger Knopf oder Knäuel eines Bändels, Lorgnettenſchnur, die ſich um meinen Weſtenknopf wickelt, juſt wenn es auf der Eiſenbahn auf's Aeußerſte eilt, einen klein gedruckten Fahrplan nachzuſehen, ich hab' ja keine Zeit, keine Zeit für euch! Und wenn ich tauſend Blutigel an die Ewigkeit ſetze, ſie ziehen mir nicht eine Sekunde Zeit für euch heraus!“
„Was nützt aber die Wuth?“
„O, geiſtlos! Hat es Luther nichts genützt — falls von Nutzen die Rede ſein ſoll —, wenn er den Teufel fortſchalt? Wißt ihr denn nichts von Entlaſtung der armen Seele? Von der köſtlichen Arznei, die im Fluchen liegt?“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0031"n="18"/>
iſt fähig, über einen Schrank einen Teppich ſo zu legen,<lb/>
daß er über die oberſte Schublade überhängt und ſo<lb/>
oft dieſe gezogen und geſchloſſen wird, ſich einklemmt!<lb/>
Mein Herr, das Weib hat <hirendition="#g">Zeit</hi> für den Kampf mit<lb/>
dem Racker Objekt, ſie <hirendition="#g">lebt</hi> in dieſem Kampf, er iſt<lb/>
ihr Element; ein Mann darf und ſoll keine Zeit hiefür<lb/>
haben, er braucht ſeine Geduld auf für das, was der<lb/>
Geduld <hirendition="#g">werth</hi> iſt. Ueber die Zumuthung, Beides zu<lb/>
verwenden gegen das Unwerthe, kann, darf, ſoll er<lb/>
wüthen! Sie können doch wiſſen, daß die elenden<lb/>
Objekte, dieſe Igel, dieſe Nickel, ſich nie lieber ein¬<lb/>
haken, als wenn wir die höchſte Eile haben, etwas<lb/>
fertig zu bringen, was nöthig und vernünftig iſt!<lb/>
Elender Bettel, nichtswürdiger Knopf oder Knäuel<lb/>
eines Bändels, Lorgnettenſchnur, die ſich um meinen<lb/>
Weſtenknopf wickelt, juſt wenn es auf der Eiſenbahn<lb/>
auf's Aeußerſte eilt, einen klein gedruckten Fahrplan<lb/>
nachzuſehen, ich hab' ja keine Zeit, keine Zeit für<lb/>
euch! Und wenn ich tauſend Blutigel an die Ewigkeit<lb/>ſetze, ſie ziehen mir nicht eine Sekunde Zeit für euch<lb/>
heraus!“</p><lb/><p>„Was nützt aber die Wuth?“</p><lb/><p>„O, geiſtlos! Hat es Luther nichts genützt — falls<lb/>
von Nutzen die Rede ſein ſoll —, wenn er den Teufel<lb/>
fortſchalt? Wißt ihr denn nichts von Entlaſtung der<lb/>
armen Seele? Von der köſtlichen Arznei, die im<lb/>
Fluchen liegt?“<lb/></p></div></body></text></TEI>
[18/0031]
iſt fähig, über einen Schrank einen Teppich ſo zu legen,
daß er über die oberſte Schublade überhängt und ſo
oft dieſe gezogen und geſchloſſen wird, ſich einklemmt!
Mein Herr, das Weib hat Zeit für den Kampf mit
dem Racker Objekt, ſie lebt in dieſem Kampf, er iſt
ihr Element; ein Mann darf und ſoll keine Zeit hiefür
haben, er braucht ſeine Geduld auf für das, was der
Geduld werth iſt. Ueber die Zumuthung, Beides zu
verwenden gegen das Unwerthe, kann, darf, ſoll er
wüthen! Sie können doch wiſſen, daß die elenden
Objekte, dieſe Igel, dieſe Nickel, ſich nie lieber ein¬
haken, als wenn wir die höchſte Eile haben, etwas
fertig zu bringen, was nöthig und vernünftig iſt!
Elender Bettel, nichtswürdiger Knopf oder Knäuel
eines Bändels, Lorgnettenſchnur, die ſich um meinen
Weſtenknopf wickelt, juſt wenn es auf der Eiſenbahn
auf's Aeußerſte eilt, einen klein gedruckten Fahrplan
nachzuſehen, ich hab' ja keine Zeit, keine Zeit für
euch! Und wenn ich tauſend Blutigel an die Ewigkeit
ſetze, ſie ziehen mir nicht eine Sekunde Zeit für euch
heraus!“
„Was nützt aber die Wuth?“
„O, geiſtlos! Hat es Luther nichts genützt — falls
von Nutzen die Rede ſein ſoll —, wenn er den Teufel
fortſchalt? Wißt ihr denn nichts von Entlaſtung der
armen Seele? Von der köſtlichen Arznei, die im
Fluchen liegt?“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/31>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.