Genuß des Seins ohne jeglichen Zusatz, vollendete Poesie der Langweile, gründliches Erschöpfen alles göttlich Schönen, was im reinen Blödsinn liegt. Da jedes Bestimmte endlicher Art ist, jedes Interesse den Geist in's Bedingte führt, so ergab sich hier dem regungslos brütenden Gemüthe ein reines Weben und Wiegen im Unendlichen und Unbedingten. Nur die Jüngeren waren solcher idealen Erhebung noch nicht ganz fähig. Eine Nelke hinterm Ohr ließ merken, daß sie gern gesehen wären. Sie zogen den inneren Gassen den Corso oder Jungfernstieg vor. Wohl¬ habendere Dörfer sparten sich nämlich einen freien Gang an der Seeseite längs einer Reihe der äußersten Hütten aus, den nach außen ein Geländer begrenzte; ein solcher Spazierweg fehlte auch in Robanus nicht, und hier lehnten sich denn die jungen Burschen gern an die Schranken oder setzten sich darauf, gampelten mit den Beinen und guckten, und die blühenden Töchter der Gemeinde waren nicht so pfahlhaft trocken von Ge¬ müth, daß sie mit ihrer Erscheinung unbarmherzig gegeizt und nicht ihrerseits auch geguckt hätten.
Wo mochte wohl der Druide stecken in dieser schwülen, stillen Zeit nach Tages Mitte? Er war an einem Orte, wo er nach herkömmlich heiligem Brauch in der Stunde vor einer Opferhandlung zu verweilen pflegte, an einer Stätte der Schauer, die kein Fuß eines Un¬ geweihten je betreten durfte. In der Mitte des Eichen¬
Genuß des Seins ohne jeglichen Zuſatz, vollendete Poeſie der Langweile, gründliches Erſchöpfen alles göttlich Schönen, was im reinen Blödſinn liegt. Da jedes Beſtimmte endlicher Art iſt, jedes Intereſſe den Geiſt in's Bedingte führt, ſo ergab ſich hier dem regungslos brütenden Gemüthe ein reines Weben und Wiegen im Unendlichen und Unbedingten. Nur die Jüngeren waren ſolcher idealen Erhebung noch nicht ganz fähig. Eine Nelke hinterm Ohr ließ merken, daß ſie gern geſehen wären. Sie zogen den inneren Gaſſen den Corſo oder Jungfernſtieg vor. Wohl¬ habendere Dörfer ſparten ſich nämlich einen freien Gang an der Seeſeite längs einer Reihe der äußerſten Hütten aus, den nach außen ein Geländer begrenzte; ein ſolcher Spazierweg fehlte auch in Robanus nicht, und hier lehnten ſich denn die jungen Burſchen gern an die Schranken oder ſetzten ſich darauf, gampelten mit den Beinen und guckten, und die blühenden Töchter der Gemeinde waren nicht ſo pfahlhaft trocken von Ge¬ müth, daß ſie mit ihrer Erſcheinung unbarmherzig gegeizt und nicht ihrerſeits auch geguckt hätten.
Wo mochte wohl der Druide ſtecken in dieſer ſchwülen, ſtillen Zeit nach Tages Mitte? Er war an einem Orte, wo er nach herkömmlich heiligem Brauch in der Stunde vor einer Opferhandlung zu verweilen pflegte, an einer Stätte der Schauer, die kein Fuß eines Un¬ geweihten je betreten durfte. In der Mitte des Eichen¬
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Genuß des Seins ohne jeglichen Zuſatz, vollendete
Poeſie der Langweile, gründliches Erſchöpfen alles
göttlich Schönen, was im reinen Blödſinn liegt. Da
jedes Beſtimmte endlicher Art iſt, jedes Intereſſe den
Geiſt in's Bedingte führt, ſo ergab ſich hier dem
regungslos brütenden Gemüthe ein reines Weben und
Wiegen im Unendlichen und Unbedingten. Nur die
Jüngeren waren ſolcher idealen Erhebung noch nicht
ganz fähig. Eine Nelke hinterm Ohr ließ merken,
daß ſie gern geſehen wären. Sie zogen den inneren
Gaſſen den Corſo oder Jungfernſtieg vor. Wohl¬
habendere Dörfer ſparten ſich nämlich einen freien Gang
an der Seeſeite längs einer Reihe der äußerſten Hütten
aus, den nach außen ein Geländer begrenzte; ein ſolcher
Spazierweg fehlte auch in Robanus nicht, und hier
lehnten ſich denn die jungen Burſchen gern an die
Schranken oder ſetzten ſich darauf, gampelten mit den
Beinen und guckten, und die blühenden Töchter der
Gemeinde waren nicht ſo pfahlhaft trocken von Ge¬
müth, daß ſie mit ihrer Erſcheinung unbarmherzig
gegeizt und nicht ihrerſeits auch geguckt hätten.
Wo mochte wohl der Druide ſtecken in dieſer ſchwülen,
ſtillen Zeit nach Tages Mitte? Er war an einem
Orte, wo er nach herkömmlich heiligem Brauch in der
Stunde vor einer Opferhandlung zu verweilen pflegte,
an einer Stätte der Schauer, die kein Fuß eines Un¬
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/324>, abgerufen am 23.12.2024.
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