Vorderfüßen, trat an und versuchte seine Kunst. Es gieng zuerst holperig, das Paar fiel sogar zu Boden, aber es raffte sich auf, schliff glatter und glatter, gieng in einen Hopswalzer über, jetzt begannen die übrigen Thiere mit den Beinen zu zappeln, konnten sich nicht länger halten, faßten sich zum Tanz an und die ganze Gesellschaft umkreiste nun die aufrecht thronende Kuh; rascher und feuriger erscholl die Musik, die Thiere fiengen an, den Tanz mit den verschiedenen Rufen ihrer Gattung zu begleiten: der Wolf heulte, der Fuchs ließ sein heiseres Bellen hören, der Dachs knurrte, das Füllen wieherte, das Wildschwein grunzte, Gemse und Steinbock mischten zwischen Mäckern ihren pfeifenden Warnlaut, der Kater rallte, das Murmelthier pfiff ganz fein, der Auerhahn gab gestoßene, tiefe Krächz¬ töne von sich wie beim Balzen, die Rohrdommeln blieben nicht zurück, tanzten mit und ließen ihre durch¬ dringenden U-Laute wieder vernehmen, die Bären brummten, der Drache fauchte, das Kalb muhte und selbst die ehrwürdige Mutter stimmte anmuthvoll in das allgemeine Konzert mit ein; die Jugend unter den Zuhörern sang Schnaderhüpfel dazu, es war lustig. Es war nun aber auch genug. Bis zur Sättigung der Geister war es begriffen, daß hier die Unbildung, ja das Böse dargestellt war, zuerst als Störenfried der in schöner Entwicklung begriffenen Humanität, dann überwunden, ja zum dienenden Moment herabgesetzt
Vorderfüßen, trat an und verſuchte ſeine Kunſt. Es gieng zuerſt holperig, das Paar fiel ſogar zu Boden, aber es raffte ſich auf, ſchliff glatter und glatter, gieng in einen Hopswalzer über, jetzt begannen die übrigen Thiere mit den Beinen zu zappeln, konnten ſich nicht länger halten, faßten ſich zum Tanz an und die ganze Geſellſchaft umkreiſte nun die aufrecht thronende Kuh; raſcher und feuriger erſcholl die Muſik, die Thiere fiengen an, den Tanz mit den verſchiedenen Rufen ihrer Gattung zu begleiten: der Wolf heulte, der Fuchs ließ ſein heiſeres Bellen hören, der Dachs knurrte, das Füllen wieherte, das Wildſchwein grunzte, Gemſe und Steinbock miſchten zwiſchen Mäckern ihren pfeifenden Warnlaut, der Kater rallte, das Murmelthier pfiff ganz fein, der Auerhahn gab geſtoßene, tiefe Krächz¬ töne von ſich wie beim Balzen, die Rohrdommeln blieben nicht zurück, tanzten mit und ließen ihre durch¬ dringenden U-Laute wieder vernehmen, die Bären brummten, der Drache fauchte, das Kalb muhte und ſelbſt die ehrwürdige Mutter ſtimmte anmuthvoll in das allgemeine Konzert mit ein; die Jugend unter den Zuhörern ſang Schnaderhüpfel dazu, es war luſtig. Es war nun aber auch genug. Bis zur Sättigung der Geiſter war es begriffen, daß hier die Unbildung, ja das Böſe dargeſtellt war, zuerſt als Störenfried der in ſchöner Entwicklung begriffenen Humanität, dann überwunden, ja zum dienenden Moment herabgeſetzt
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0367"n="354"/>
Vorderfüßen, trat an und verſuchte ſeine Kunſt. Es<lb/>
gieng zuerſt holperig, das Paar fiel ſogar zu Boden,<lb/>
aber es raffte ſich auf, ſchliff glatter und glatter, gieng<lb/>
in einen Hopswalzer über, jetzt begannen die übrigen<lb/>
Thiere mit den Beinen zu zappeln, konnten ſich nicht<lb/>
länger halten, faßten ſich zum Tanz an und die ganze<lb/>
Geſellſchaft umkreiſte nun die aufrecht thronende Kuh;<lb/>
raſcher und feuriger erſcholl die Muſik, die Thiere<lb/>
fiengen an, den Tanz mit den verſchiedenen Rufen<lb/>
ihrer Gattung zu begleiten: der Wolf heulte, der Fuchs<lb/>
ließ ſein heiſeres Bellen hören, der Dachs knurrte, das<lb/>
Füllen wieherte, das Wildſchwein grunzte, Gemſe und<lb/>
Steinbock miſchten zwiſchen Mäckern ihren pfeifenden<lb/>
Warnlaut, der Kater rallte, das Murmelthier pfiff<lb/>
ganz fein, der Auerhahn gab geſtoßene, tiefe Krächz¬<lb/>
töne von ſich wie beim Balzen, die Rohrdommeln<lb/>
blieben nicht zurück, tanzten mit und ließen ihre durch¬<lb/>
dringenden U-Laute wieder vernehmen, die Bären<lb/>
brummten, der Drache fauchte, das Kalb muhte und<lb/>ſelbſt die ehrwürdige Mutter ſtimmte anmuthvoll in<lb/>
das allgemeine Konzert mit ein; die Jugend unter<lb/>
den Zuhörern ſang Schnaderhüpfel dazu, es war luſtig.<lb/>
Es war nun aber auch genug. Bis zur Sättigung<lb/>
der Geiſter war es begriffen, daß hier die Unbildung,<lb/>
ja das Böſe dargeſtellt war, zuerſt als Störenfried<lb/>
der in ſchöner Entwicklung begriffenen Humanität, dann<lb/>
überwunden, ja zum dienenden Moment herabgeſetzt<lb/></p></div></body></text></TEI>
[354/0367]
Vorderfüßen, trat an und verſuchte ſeine Kunſt. Es
gieng zuerſt holperig, das Paar fiel ſogar zu Boden,
aber es raffte ſich auf, ſchliff glatter und glatter, gieng
in einen Hopswalzer über, jetzt begannen die übrigen
Thiere mit den Beinen zu zappeln, konnten ſich nicht
länger halten, faßten ſich zum Tanz an und die ganze
Geſellſchaft umkreiſte nun die aufrecht thronende Kuh;
raſcher und feuriger erſcholl die Muſik, die Thiere
fiengen an, den Tanz mit den verſchiedenen Rufen
ihrer Gattung zu begleiten: der Wolf heulte, der Fuchs
ließ ſein heiſeres Bellen hören, der Dachs knurrte, das
Füllen wieherte, das Wildſchwein grunzte, Gemſe und
Steinbock miſchten zwiſchen Mäckern ihren pfeifenden
Warnlaut, der Kater rallte, das Murmelthier pfiff
ganz fein, der Auerhahn gab geſtoßene, tiefe Krächz¬
töne von ſich wie beim Balzen, die Rohrdommeln
blieben nicht zurück, tanzten mit und ließen ihre durch¬
dringenden U-Laute wieder vernehmen, die Bären
brummten, der Drache fauchte, das Kalb muhte und
ſelbſt die ehrwürdige Mutter ſtimmte anmuthvoll in
das allgemeine Konzert mit ein; die Jugend unter
den Zuhörern ſang Schnaderhüpfel dazu, es war luſtig.
Es war nun aber auch genug. Bis zur Sättigung
der Geiſter war es begriffen, daß hier die Unbildung,
ja das Böſe dargeſtellt war, zuerſt als Störenfried
der in ſchöner Entwicklung begriffenen Humanität, dann
überwunden, ja zum dienenden Moment herabgeſetzt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/367>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.