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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879.

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der wohl zu seiner Reisetasche gehörte, -- "und so¬
dann diesen Leuchter!" -- er hielt mir den metallenen
Leuchter umgekehrt vor's Auge, so daß ich in die Höh¬
lung seines Fußes sah; -- "was glauben, was denken,
was sagen Sie?"

"Ja, was weiß denn ich?"

"Stark eine halbe Stunde lang habe ich heute
Morgen diesen Schlüssel gesucht, -- es war zum
Rasendwerden, da finde ich ihn endlich, sehen Sie, so!"
Er legte den Schlüssel auf das Tischchen am Bett,
stellte den Leuchter darauf; der Schlüssel fand just,
wie ausgemessen, Platz unter dem Leuchterfuß.

"Wer kann nun daran denken, wer auf die Ver¬
muthung kommen, wer so übermenschliche Vorsicht üben,
solche Tücke des Objekts zu vermeiden! Und dazu
lebe ich! An solches hündische Suchen muß ich meine
arme, kostbare Zeit verschwenden! Suchen, suchen,
und wieder suchen! Man sollte nicht sagen: so und
so lang hat A. oder B. gelebt, nein: gesucht! --
Und ich bin sehr, sehr pünktlich, glauben Sie mir
das!" --

Ja wohl ist das Leben ein Suchen, sagte ich
mit einem Seufzer, der scheinen konnte den Mühen
des Lebens zu gelten, während er in Wahrheit von
der Langenweile ausgepreßt war, da die breite Be¬
schäftigung mit dem Bagatell mich denn doch zu er¬
müden begann. Daher denn auch die flache Bemer¬

der wohl zu ſeiner Reiſetaſche gehörte, — „und ſo¬
dann dieſen Leuchter!“ — er hielt mir den metallenen
Leuchter umgekehrt vor's Auge, ſo daß ich in die Höh¬
lung ſeines Fußes ſah; — „was glauben, was denken,
was ſagen Sie?“

„Ja, was weiß denn ich?“

„Stark eine halbe Stunde lang habe ich heute
Morgen dieſen Schlüſſel geſucht, — es war zum
Raſendwerden, da finde ich ihn endlich, ſehen Sie, ſo!“
Er legte den Schlüſſel auf das Tiſchchen am Bett,
ſtellte den Leuchter darauf; der Schlüſſel fand juſt,
wie ausgemeſſen, Platz unter dem Leuchterfuß.

„Wer kann nun daran denken, wer auf die Ver¬
muthung kommen, wer ſo übermenſchliche Vorſicht üben,
ſolche Tücke des Objekts zu vermeiden! Und dazu
lebe ich! An ſolches hündiſche Suchen muß ich meine
arme, koſtbare Zeit verſchwenden! Suchen, ſuchen,
und wieder ſuchen! Man ſollte nicht ſagen: ſo und
ſo lang hat A. oder B. gelebt, nein: geſucht! —
Und ich bin ſehr, ſehr pünktlich, glauben Sie mir
das!“ —

Ja wohl iſt das Leben ein Suchen, ſagte ich
mit einem Seufzer, der ſcheinen konnte den Mühen
des Lebens zu gelten, während er in Wahrheit von
der Langenweile ausgepreßt war, da die breite Be¬
ſchäftigung mit dem Bagatell mich denn doch zu er¬
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[24/0037] der wohl zu ſeiner Reiſetaſche gehörte, — „und ſo¬ dann dieſen Leuchter!“ — er hielt mir den metallenen Leuchter umgekehrt vor's Auge, ſo daß ich in die Höh¬ lung ſeines Fußes ſah; — „was glauben, was denken, was ſagen Sie?“ „Ja, was weiß denn ich?“ „Stark eine halbe Stunde lang habe ich heute Morgen dieſen Schlüſſel geſucht, — es war zum Raſendwerden, da finde ich ihn endlich, ſehen Sie, ſo!“ Er legte den Schlüſſel auf das Tiſchchen am Bett, ſtellte den Leuchter darauf; der Schlüſſel fand juſt, wie ausgemeſſen, Platz unter dem Leuchterfuß. „Wer kann nun daran denken, wer auf die Ver¬ muthung kommen, wer ſo übermenſchliche Vorſicht üben, ſolche Tücke des Objekts zu vermeiden! Und dazu lebe ich! An ſolches hündiſche Suchen muß ich meine arme, koſtbare Zeit verſchwenden! Suchen, ſuchen, und wieder ſuchen! Man ſollte nicht ſagen: ſo und ſo lang hat A. oder B. gelebt, nein: geſucht! — Und ich bin ſehr, ſehr pünktlich, glauben Sie mir das!“ — Ja wohl iſt das Leben ein Suchen, ſagte ich mit einem Seufzer, der ſcheinen konnte den Mühen des Lebens zu gelten, während er in Wahrheit von der Langenweile ausgepreßt war, da die breite Be¬ ſchäftigung mit dem Bagatell mich denn doch zu er¬ müden begann. Daher denn auch die flache Bemer¬

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/37>, abgerufen am 22.12.2024.