Ad I, 2. Daß die Menschen der Steinzeit große Lieb¬ haber von Mark waren, geht aus der Menge gespaltener Knochen hervor, die man in ihren Niederlassungen findet. In der Kunst des Spaltens hatte zwar Jedermann Uebung, doch auch hier war bereits eine gewisse Theilung der Arbeit eingedrungen. So exakt, so glattweg verstand es nicht Jeder zu machen, wie der Techniker in diesem Fach, der Knochen¬ schlitzer, der hinten in der Feldküche schon seit ein paar Stunden seine Virtuosität in diesem Zweige der feineren Arbeit ent¬ faltete. Den Knochen senkrecht stellen, den Feuersteinmeißel haarscharf auf die Axe ansetzen, einen mathematisch geraden Schlag mit dem Holzhammer darauf führen: es gieng wie gehext; wer ihm zusah, konnte nur wünschen, es möchten verwickelte politische Fragen einen solchen Schlitzkünstler finden, wie es der wackere Meister Binuschnidur war.
Ad I, 2, e. Elch oder Ellen (nicht: "Elenn", noch weniger "Elend"; Ellen hieß Kraft, also: das Kraftthier, der besonders starke Hirsch) war nicht selten, obwohl weit seltener, als der gewöhnliche Hirsch und das Reh, die auf unserer Liste fehlen, weil sie für ein Festessen zu gewöhnliche Speise waren. Das Thier ist von ochsenartig starkem Leibe, auch der Geschmack seines Fleisches schwebt in einer feinen Mitte zwischen ochsen¬ haft und hirschähnlich.
Ad I, 3. Die Beliebtheit des edlen Gerichts Kuttel¬ fleck erkennt der geneigte Leser daraus, daß es nicht nur hier,
Anmerkungen.
Ad I, 2. Daß die Menſchen der Steinzeit große Lieb¬ haber von Mark waren, geht aus der Menge geſpaltener Knochen hervor, die man in ihren Niederlaſſungen findet. In der Kunſt des Spaltens hatte zwar Jedermann Uebung, doch auch hier war bereits eine gewiſſe Theilung der Arbeit eingedrungen. So exakt, ſo glattweg verſtand es nicht Jeder zu machen, wie der Techniker in dieſem Fach, der Knochen¬ ſchlitzer, der hinten in der Feldküche ſchon ſeit ein paar Stunden ſeine Virtuoſität in dieſem Zweige der feineren Arbeit ent¬ faltete. Den Knochen ſenkrecht ſtellen, den Feuerſteinmeißel haarſcharf auf die Axe anſetzen, einen mathematiſch geraden Schlag mit dem Holzhammer darauf führen: es gieng wie gehext; wer ihm zuſah, konnte nur wünſchen, es möchten verwickelte politiſche Fragen einen ſolchen Schlitzkünſtler finden, wie es der wackere Meiſter Binuſchnidur war.
Ad I, 2, e. Elch oder Ellen (nicht: „Elenn“, noch weniger „Elend“; Ellen hieß Kraft, alſo: das Kraftthier, der beſonders ſtarke Hirſch) war nicht ſelten, obwohl weit ſeltener, als der gewöhnliche Hirſch und das Reh, die auf unſerer Liſte fehlen, weil ſie für ein Feſteſſen zu gewöhnliche Speiſe waren. Das Thier iſt von ochſenartig ſtarkem Leibe, auch der Geſchmack ſeines Fleiſches ſchwebt in einer feinen Mitte zwiſchen ochſen¬ haft und hirſchähnlich.
Ad I, 3. Die Beliebtheit des edlen Gerichts Kuttel¬ fleck erkennt der geneigte Leſer daraus, daß es nicht nur hier,
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0374"n="[359]"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Anmerkungen.</hi><lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#aq">Ad I</hi>, 2. Daß die Menſchen der Steinzeit große Lieb¬<lb/>
haber von Mark waren, geht aus der Menge geſpaltener<lb/>
Knochen hervor, die man in ihren Niederlaſſungen findet.<lb/>
In der Kunſt des Spaltens hatte zwar Jedermann Uebung,<lb/>
doch auch hier war bereits eine gewiſſe Theilung der Arbeit<lb/>
eingedrungen. So exakt, ſo glattweg verſtand es nicht Jeder<lb/>
zu machen, wie der Techniker in dieſem Fach, der Knochen¬<lb/>ſchlitzer, der hinten in der Feldküche ſchon ſeit ein paar Stunden<lb/>ſeine Virtuoſität in dieſem Zweige der feineren Arbeit ent¬<lb/>
faltete. Den Knochen ſenkrecht ſtellen, den Feuerſteinmeißel<lb/>
haarſcharf auf die Axe anſetzen, einen mathematiſch geraden<lb/>
Schlag mit dem Holzhammer darauf führen: es gieng wie<lb/>
gehext; wer ihm zuſah, konnte nur wünſchen, es möchten<lb/>
verwickelte politiſche Fragen einen ſolchen Schlitzkünſtler finden,<lb/>
wie es der wackere Meiſter Binuſchnidur war.</p><lb/><p><hirendition="#aq">Ad I</hi>, 2, <hirendition="#aq">e</hi>. Elch oder Ellen (nicht: „Elenn“, noch<lb/>
weniger „Elend“; Ellen hieß Kraft, alſo: das Kraftthier, der<lb/>
beſonders ſtarke Hirſch) war nicht ſelten, obwohl weit ſeltener,<lb/>
als der gewöhnliche Hirſch und das Reh, die auf unſerer Liſte<lb/>
fehlen, weil ſie für ein Feſteſſen zu gewöhnliche Speiſe waren.<lb/>
Das Thier iſt von ochſenartig ſtarkem Leibe, auch der Geſchmack<lb/>ſeines Fleiſches ſchwebt in einer feinen Mitte zwiſchen ochſen¬<lb/>
haft und hirſchähnlich.</p><lb/><p><hirendition="#aq">Ad I</hi>, 3. Die Beliebtheit des edlen Gerichts Kuttel¬<lb/>
fleck erkennt der geneigte Leſer daraus, daß es nicht nur hier,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[359]/0374]
Anmerkungen.
Ad I, 2. Daß die Menſchen der Steinzeit große Lieb¬
haber von Mark waren, geht aus der Menge geſpaltener
Knochen hervor, die man in ihren Niederlaſſungen findet.
In der Kunſt des Spaltens hatte zwar Jedermann Uebung,
doch auch hier war bereits eine gewiſſe Theilung der Arbeit
eingedrungen. So exakt, ſo glattweg verſtand es nicht Jeder
zu machen, wie der Techniker in dieſem Fach, der Knochen¬
ſchlitzer, der hinten in der Feldküche ſchon ſeit ein paar Stunden
ſeine Virtuoſität in dieſem Zweige der feineren Arbeit ent¬
faltete. Den Knochen ſenkrecht ſtellen, den Feuerſteinmeißel
haarſcharf auf die Axe anſetzen, einen mathematiſch geraden
Schlag mit dem Holzhammer darauf führen: es gieng wie
gehext; wer ihm zuſah, konnte nur wünſchen, es möchten
verwickelte politiſche Fragen einen ſolchen Schlitzkünſtler finden,
wie es der wackere Meiſter Binuſchnidur war.
Ad I, 2, e. Elch oder Ellen (nicht: „Elenn“, noch
weniger „Elend“; Ellen hieß Kraft, alſo: das Kraftthier, der
beſonders ſtarke Hirſch) war nicht ſelten, obwohl weit ſeltener,
als der gewöhnliche Hirſch und das Reh, die auf unſerer Liſte
fehlen, weil ſie für ein Feſteſſen zu gewöhnliche Speiſe waren.
Das Thier iſt von ochſenartig ſtarkem Leibe, auch der Geſchmack
ſeines Fleiſches ſchwebt in einer feinen Mitte zwiſchen ochſen¬
haft und hirſchähnlich.
Ad I, 3. Die Beliebtheit des edlen Gerichts Kuttel¬
fleck erkennt der geneigte Leſer daraus, daß es nicht nur hier,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. [359]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/374>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.