tarrh sei denn doch nicht der gewöhnliche Zustand des Menschen, gern unterdrückte; ich konnte freilich ohnedieß ahnen, daß ich schlecht damit gefahren wäre. Da¬ gegen wollte ich mich doch nicht enthalten, als der Paroxismus zu Ende war, vorzubringen: "Aber was machen Sie denn, wenn Sie ernstlich, schwer krank sind?"
A. E. war inzwischen daran, sich reisefertig zu machen, wurde über einem Hinderniß, das sich an der Rückseite seiner Beinkleider zu befinden schien, noch einmal sichtlich aufgeregt, trat plötzlich hart vor mich, machte straff wie ein Soldat Rechtsumkehrt und schrie sehr laut und schroff: "Hier!"
Ganz verdutzt, als ich nun so breit seinen Rücken vor mir hatte, dachte ich, ob denn dieß der Anfang des versprochenen Bildungsunterrichts sein solle; er ließ mir ziemlich Zeit zur Betrachtung, bis der Auf¬ schluß kam: "Sehen Sie die Lappen am Hüftgurt? sind fünfmal, sage fünfmal beim Schneider gewesen vor der Abreise; zuerst zu lang oder zu weit, dann wieder zu kurz oder zu eng, dann Beides noch einmal so -- nun? wie steht's mit der Theologie?"
Ich verstand jetzt, daß ich sehen sollte, wie die Lappen einander zu nah angenäht waren, die Gürtung also nicht genug angezogen werden konnte; er war zufrieden, als ich mein Verständniß kund gab, und nun schien der Sturm ausgetobt zu haben. Meine vorige Bemerkung fiel ihm jetzt wieder ein.
tarrh ſei denn doch nicht der gewöhnliche Zuſtand des Menſchen, gern unterdrückte; ich konnte freilich ohnedieß ahnen, daß ich ſchlecht damit gefahren wäre. Da¬ gegen wollte ich mich doch nicht enthalten, als der Paroxismus zu Ende war, vorzubringen: „Aber was machen Sie denn, wenn Sie ernſtlich, ſchwer krank ſind?“
A. E. war inzwiſchen daran, ſich reiſefertig zu machen, wurde über einem Hinderniß, das ſich an der Rückſeite ſeiner Beinkleider zu befinden ſchien, noch einmal ſichtlich aufgeregt, trat plötzlich hart vor mich, machte ſtraff wie ein Soldat Rechtsumkehrt und ſchrie ſehr laut und ſchroff: „Hier!“
Ganz verdutzt, als ich nun ſo breit ſeinen Rücken vor mir hatte, dachte ich, ob denn dieß der Anfang des verſprochenen Bildungsunterrichts ſein ſolle; er ließ mir ziemlich Zeit zur Betrachtung, bis der Auf¬ ſchluß kam: „Sehen Sie die Lappen am Hüftgurt? ſind fünfmal, ſage fünfmal beim Schneider geweſen vor der Abreiſe; zuerſt zu lang oder zu weit, dann wieder zu kurz oder zu eng, dann Beides noch einmal ſo — nun? wie ſteht's mit der Theologie?“
Ich verſtand jetzt, daß ich ſehen ſollte, wie die Lappen einander zu nah angenäht waren, die Gürtung alſo nicht genug angezogen werden konnte; er war zufrieden, als ich mein Verſtändniß kund gab, und nun ſchien der Sturm ausgetobt zu haben. Meine vorige Bemerkung fiel ihm jetzt wieder ein.
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tarrh ſei denn doch nicht der gewöhnliche Zuſtand des
Menſchen, gern unterdrückte; ich konnte freilich ohnedieß
ahnen, daß ich ſchlecht damit gefahren wäre. Da¬
gegen wollte ich mich doch nicht enthalten, als der
Paroxismus zu Ende war, vorzubringen: „Aber was
machen Sie denn, wenn Sie ernſtlich, ſchwer krank ſind?“
A. E. war inzwiſchen daran, ſich reiſefertig zu
machen, wurde über einem Hinderniß, das ſich an der
Rückſeite ſeiner Beinkleider zu befinden ſchien, noch
einmal ſichtlich aufgeregt, trat plötzlich hart vor mich,
machte ſtraff wie ein Soldat Rechtsumkehrt und ſchrie
ſehr laut und ſchroff: „Hier!“
Ganz verdutzt, als ich nun ſo breit ſeinen Rücken
vor mir hatte, dachte ich, ob denn dieß der Anfang
des verſprochenen Bildungsunterrichts ſein ſolle; er
ließ mir ziemlich Zeit zur Betrachtung, bis der Auf¬
ſchluß kam: „Sehen Sie die Lappen am Hüftgurt?
ſind fünfmal, ſage fünfmal beim Schneider geweſen
vor der Abreiſe; zuerſt zu lang oder zu weit, dann
wieder zu kurz oder zu eng, dann Beides noch einmal
ſo — nun? wie ſteht's mit der Theologie?“
Ich verſtand jetzt, daß ich ſehen ſollte, wie die
Lappen einander zu nah angenäht waren, die Gürtung
alſo nicht genug angezogen werden konnte; er war
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nun ſchien der Sturm ausgetobt zu haben. Meine
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/40>, abgerufen am 22.12.2024.
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