Ich war nun schon im Zuge, dem wunderlichen Kauz nichts übel zu nehmen, und da, wie ich gestehe, meine Neugierde nach Namen und Stand eben auch nicht groß ist, so ließ ich mir's unschwer gefallen, daß ich auch nicht erfahren sollte, wen ich eigentlich vor mir habe. Ich reichte auf der Schwelle die Hand zum Abschied und A. E. wollte sie eben nehmen, als ihm einfiel, daß er doch erst frühstücken sollte; dieses Werk wenigstens noch gemeinsam zu verrichten, dagegen schien er denn doch nichts zu haben und so stieg ich mit ihm in die "salle a manger" hinab.
Beim Eintreten bemerkte ich, daß er einen ängstlich suchenden Blick nach den vier Ecken des Saales, und zwar auf den Fußboden, warf; der Blick kehrte beruhigt zurück, als er in der vierten ein kleines Geräthe be¬ merkte, das hustenden Menschen erwünscht sein mag; mit höchst gemüthlichem Tone sagte er: "Der Saal ist doch ganz ordentlich möblirt," und von da schien eine erträglich gute Laune bei ihm einzutreten. Das Frühstück stand nach Art der Schweizer-Gasthöfe in diesen Frühstunden stets bereit und A. E. -- nach¬ dem er Honig und Butter heftig weggeschoben hatte -- griff rüstig zu, ich deßgleichen. Wir waren allein im Saale, doch bald trat ein dritter Reisender ein. Es war ein Mann von gesetzten Jahren, er trug ein Staubhemd von ungebleichter Leinwand mit einem kleinen, über die Schultern hängenden Kragen und
Ich war nun ſchon im Zuge, dem wunderlichen Kauz nichts übel zu nehmen, und da, wie ich geſtehe, meine Neugierde nach Namen und Stand eben auch nicht groß iſt, ſo ließ ich mir's unſchwer gefallen, daß ich auch nicht erfahren ſollte, wen ich eigentlich vor mir habe. Ich reichte auf der Schwelle die Hand zum Abſchied und A. E. wollte ſie eben nehmen, als ihm einfiel, daß er doch erſt frühſtücken ſollte; dieſes Werk wenigſtens noch gemeinſam zu verrichten, dagegen ſchien er denn doch nichts zu haben und ſo ſtieg ich mit ihm in die „salle à manger“ hinab.
Beim Eintreten bemerkte ich, daß er einen ängſtlich ſuchenden Blick nach den vier Ecken des Saales, und zwar auf den Fußboden, warf; der Blick kehrte beruhigt zurück, als er in der vierten ein kleines Geräthe be¬ merkte, das huſtenden Menſchen erwünſcht ſein mag; mit höchſt gemüthlichem Tone ſagte er: „Der Saal iſt doch ganz ordentlich möblirt,“ und von da ſchien eine erträglich gute Laune bei ihm einzutreten. Das Frühſtück ſtand nach Art der Schweizer-Gaſthöfe in dieſen Frühſtunden ſtets bereit und A. E. — nach¬ dem er Honig und Butter heftig weggeſchoben hatte — griff rüſtig zu, ich deßgleichen. Wir waren allein im Saale, doch bald trat ein dritter Reiſender ein. Es war ein Mann von geſetzten Jahren, er trug ein Staubhemd von ungebleichter Leinwand mit einem kleinen, über die Schultern hängenden Kragen und
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Ich war nun ſchon im Zuge, dem wunderlichen
Kauz nichts übel zu nehmen, und da, wie ich geſtehe,
meine Neugierde nach Namen und Stand eben auch
nicht groß iſt, ſo ließ ich mir's unſchwer gefallen, daß
ich auch nicht erfahren ſollte, wen ich eigentlich vor
mir habe. Ich reichte auf der Schwelle die Hand
zum Abſchied und A. E. wollte ſie eben nehmen, als
ihm einfiel, daß er doch erſt frühſtücken ſollte;
dieſes Werk wenigſtens noch gemeinſam zu verrichten,
dagegen ſchien er denn doch nichts zu haben und ſo
ſtieg ich mit ihm in die „salle à manger“ hinab.
Beim Eintreten bemerkte ich, daß er einen ängſtlich
ſuchenden Blick nach den vier Ecken des Saales, und
zwar auf den Fußboden, warf; der Blick kehrte beruhigt
zurück, als er in der vierten ein kleines Geräthe be¬
merkte, das huſtenden Menſchen erwünſcht ſein mag;
mit höchſt gemüthlichem Tone ſagte er: „Der Saal
iſt doch ganz ordentlich möblirt,“ und von da ſchien
eine erträglich gute Laune bei ihm einzutreten. Das
Frühſtück ſtand nach Art der Schweizer-Gaſthöfe in
dieſen Frühſtunden ſtets bereit und A. E. — nach¬
dem er Honig und Butter heftig weggeſchoben hatte
— griff rüſtig zu, ich deßgleichen. Wir waren allein
im Saale, doch bald trat ein dritter Reiſender ein.
Es war ein Mann von geſetzten Jahren, er trug ein
Staubhemd von ungebleichter Leinwand mit einem
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/42>, abgerufen am 22.12.2024.
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