"Animos," fuhr er fort, -- "haben Sie denn auch nur schon beobachtet, wie das fallende Papier¬ blatt uns verhöhnt? Sind sie nicht wahrhaft graziös, die Spottbewegungen, womit es hin und her flattert? Sagt nicht jeder Zug mit blasirt eleganter Frivolität: doch noch gewonnen!? O, das Objekt lauert. Ich setze mich nach dem Frühstück frisch, wohlgemuth an die Arbeit, ahne den Feind nicht. Ich tunke ein, zu schreiben, schreibe: ein Härchen in der Feder, damit beginnt es. Der Teufel will nicht heraus, ich beflecke die Finger mit Tinte, ein Flecken kommt auf's Papier, -- dann muß ich ein Blatt suchen, dann ein Buch und so weiter, und so weiter, kurz, der schöne Morgen ist hin. Von Tagesanbruch bis in die späte Nacht, so lang irgend ein Mensch um den Weg ist, denkt das Objekt auf Unarten, auf Tücke. Man muß mit ihm umgehen wie der Thierbändiger mit der Bestie, wenn er sich in ihren Käfig gewagt hat; er läßt keinen Blick von ihrem Blick und die Bestie keinen von seinem; was man da von der moralischen Gewalt des Men¬ schenblickes vorbringt, ist nichts, ist Märchen; nein, der starre Blick sagt dem Vieh nur, daß der Mensch wacht, auf seiner Hut ist, und Blick gegen Blick, gleich fix gespannt, lauert es denn, ob er sich einen Augen¬ blick vergesse. So lauert alles Objekt, Bleistift, Feder, Tintenfaß, Papier, Cigarre, Glas, Lampe -- Alles, Alles auf den Augenblick, wo man nicht Acht gibt.
„Animos,“ fuhr er fort, — „haben Sie denn auch nur ſchon beobachtet, wie das fallende Papier¬ blatt uns verhöhnt? Sind ſie nicht wahrhaft graziös, die Spottbewegungen, womit es hin und her flattert? Sagt nicht jeder Zug mit blaſirt eleganter Frivolität: doch noch gewonnen!? O, das Objekt lauert. Ich ſetze mich nach dem Frühſtück friſch, wohlgemuth an die Arbeit, ahne den Feind nicht. Ich tunke ein, zu ſchreiben, ſchreibe: ein Härchen in der Feder, damit beginnt es. Der Teufel will nicht heraus, ich beflecke die Finger mit Tinte, ein Flecken kommt auf's Papier, — dann muß ich ein Blatt ſuchen, dann ein Buch und ſo weiter, und ſo weiter, kurz, der ſchöne Morgen iſt hin. Von Tagesanbruch bis in die ſpäte Nacht, ſo lang irgend ein Menſch um den Weg iſt, denkt das Objekt auf Unarten, auf Tücke. Man muß mit ihm umgehen wie der Thierbändiger mit der Beſtie, wenn er ſich in ihren Käfig gewagt hat; er läßt keinen Blick von ihrem Blick und die Beſtie keinen von ſeinem; was man da von der moraliſchen Gewalt des Men¬ ſchenblickes vorbringt, iſt nichts, iſt Märchen; nein, der ſtarre Blick ſagt dem Vieh nur, daß der Menſch wacht, auf ſeiner Hut iſt, und Blick gegen Blick, gleich fix geſpannt, lauert es denn, ob er ſich einen Augen¬ blick vergeſſe. So lauert alles Objekt, Bleiſtift, Feder, Tintenfaß, Papier, Cigarre, Glas, Lampe — Alles, Alles auf den Augenblick, wo man nicht Acht gibt.
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„Animos,“ fuhr er fort, — „haben Sie denn
auch nur ſchon beobachtet, wie das fallende Papier¬
blatt uns verhöhnt? Sind ſie nicht wahrhaft graziös,
die Spottbewegungen, womit es hin und her flattert?
Sagt nicht jeder Zug mit blaſirt eleganter Frivolität:
doch noch gewonnen!? O, das Objekt lauert. Ich
ſetze mich nach dem Frühſtück friſch, wohlgemuth an
die Arbeit, ahne den Feind nicht. Ich tunke ein, zu
ſchreiben, ſchreibe: ein Härchen in der Feder, damit
beginnt es. Der Teufel will nicht heraus, ich beflecke
die Finger mit Tinte, ein Flecken kommt auf's Papier,
— dann muß ich ein Blatt ſuchen, dann ein Buch
und ſo weiter, und ſo weiter, kurz, der ſchöne Morgen
iſt hin. Von Tagesanbruch bis in die ſpäte Nacht,
ſo lang irgend ein Menſch um den Weg iſt, denkt das
Objekt auf Unarten, auf Tücke. Man muß mit ihm
umgehen wie der Thierbändiger mit der Beſtie, wenn
er ſich in ihren Käfig gewagt hat; er läßt keinen Blick
von ihrem Blick und die Beſtie keinen von ſeinem;
was man da von der moraliſchen Gewalt des Men¬
ſchenblickes vorbringt, iſt nichts, iſt Märchen; nein,
der ſtarre Blick ſagt dem Vieh nur, daß der Menſch
wacht, auf ſeiner Hut iſt, und Blick gegen Blick, gleich
fix geſpannt, lauert es denn, ob er ſich einen Augen¬
blick vergeſſe. So lauert alles Objekt, Bleiſtift, Feder,
Tintenfaß, Papier, Cigarre, Glas, Lampe — Alles,
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/45>, abgerufen am 22.12.2024.
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