war, wie ich es vorhin geschildert habe, also eben nicht schön zu nennen.
"Warmkaltlaukühl. Ganz schwacher Nordwest mit oberem Föhn, beide noch nicht im Kampf. Heut' wird's noch halten; morgen steh' ich für nichts, ich denke, er wird herunterkommen."
Ich kannte den Namen Föhn für Scirocco, wußte aber nichts von Ober und Unter, und ließ mir gern auseinandersetzen, daß die elektrisch warme, zu uns von Süden kommende Luft häufig in der höheren Schichte erkennbar herrscht, während in der unteren sogar Ost- und Nordwind gehen kann.
"Sie sind ja ordentlich. Draußen -- und der Föhn ist ja doch überall, in Deutschland, in ganz Europa, wie hier -- draußen glaubt mir's Niemand, so muß ich immer davon reden und gelte als Narr. Dem Spott nur etwas vorzukommen, habe ich selbst mir den Namen Föhn-Phänomenoman aufgetrieben. -- Sind Sie auch so ein Freund vom anspruchlosen grauen Wetter?"
Ich konnte es glücklicherweise ziemlich bejahen. "Nicht wahr? Doch besser, als bei Prachtwetter sitzen wie ein armer Teufel an reicher Wirthstafel, dem das Herz bebt, wenn er an die Zeche denkt? Vollends, wenn es föhnhell ist! O, das ist ein bildschönes, wälsches Weib, die Föhnklarheit, wenn sie da ist, ein Weib, das mit der rechten Hand schmeichelt und die
war, wie ich es vorhin geſchildert habe, alſo eben nicht ſchön zu nennen.
„Warmkaltlaukühl. Ganz ſchwacher Nordweſt mit oberem Föhn, beide noch nicht im Kampf. Heut' wird's noch halten; morgen ſteh' ich für nichts, ich denke, er wird herunterkommen.“
Ich kannte den Namen Föhn für Scirocco, wußte aber nichts von Ober und Unter, und ließ mir gern auseinanderſetzen, daß die elektriſch warme, zu uns von Süden kommende Luft häufig in der höheren Schichte erkennbar herrſcht, während in der unteren ſogar Oſt- und Nordwind gehen kann.
„Sie ſind ja ordentlich. Draußen — und der Föhn iſt ja doch überall, in Deutſchland, in ganz Europa, wie hier — draußen glaubt mir's Niemand, ſo muß ich immer davon reden und gelte als Narr. Dem Spott nur etwas vorzukommen, habe ich ſelbſt mir den Namen Föhn-Phänomenoman aufgetrieben. — Sind Sie auch ſo ein Freund vom anſpruchloſen grauen Wetter?“
Ich konnte es glücklicherweiſe ziemlich bejahen. „Nicht wahr? Doch beſſer, als bei Prachtwetter ſitzen wie ein armer Teufel an reicher Wirthstafel, dem das Herz bebt, wenn er an die Zeche denkt? Vollends, wenn es föhnhell iſt! O, das iſt ein bildſchönes, wälſches Weib, die Föhnklarheit, wenn ſie da iſt, ein Weib, das mit der rechten Hand ſchmeichelt und die
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war, wie ich es vorhin geſchildert habe, alſo eben nicht
ſchön zu nennen.
„Warmkaltlaukühl. Ganz ſchwacher Nordweſt mit
oberem Föhn, beide noch nicht im Kampf. Heut'
wird's noch halten; morgen ſteh' ich für nichts, ich
denke, er wird herunterkommen.“
Ich kannte den Namen Föhn für Scirocco, wußte
aber nichts von Ober und Unter, und ließ mir gern
auseinanderſetzen, daß die elektriſch warme, zu uns
von Süden kommende Luft häufig in der höheren
Schichte erkennbar herrſcht, während in der unteren
ſogar Oſt- und Nordwind gehen kann.
„Sie ſind ja ordentlich. Draußen — und der
Föhn iſt ja doch überall, in Deutſchland, in ganz
Europa, wie hier — draußen glaubt mir's Niemand,
ſo muß ich immer davon reden und gelte als Narr.
Dem Spott nur etwas vorzukommen, habe ich ſelbſt
mir den Namen Föhn-Phänomenoman aufgetrieben. —
Sind Sie auch ſo ein Freund vom anſpruchloſen
grauen Wetter?“
Ich konnte es glücklicherweiſe ziemlich bejahen.
„Nicht wahr? Doch beſſer, als bei Prachtwetter ſitzen
wie ein armer Teufel an reicher Wirthstafel, dem das
Herz bebt, wenn er an die Zeche denkt? Vollends,
wenn es föhnhell iſt! O, das iſt ein bildſchönes,
wälſches Weib, die Föhnklarheit, wenn ſie da iſt, ein
Weib, das mit der rechten Hand ſchmeichelt und die
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/56>, abgerufen am 22.12.2024.
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