zeugen, daß es ein gutes Werk sei, diese That eines Wahnsinnigen geheim zu halten; er glaubte in dem Einen Falle kein Unrecht zu thun, wenn er seine Gründe mit einer Summe Geldes unterstützte, die dem bedürftigen Mann eine Wohlthat war und Nie¬ mand ein Uebel brachte. Während der Beschenkte sich schnell an die Arbeit machte, das Grab wieder zu schließen, eilte Erik in das Haus, wo der grasse Auf¬ tritt vorgefallen war; er fand die Dame im Fieber, die leichte Stirnwunde erschien etwas entzündet, er rieth ihr dringend, sogleich den eigenen Arzt herbei¬ zurufen und ihm das Vorgefallene nicht zu verhehlen, er versicherte sie, daß er selbst für Wahrung des Ge¬ heimnisses gesorgt habe und weiter sorgen werde; die Kranke suchte ihn festzuhalten, Geständnisse schienen auf ihren Lippen zu schweben, aber er konnte und durfte nicht verweilen. Erik hatte in diesen Tagen Alles zu einer Uebersiedlung nach Christiania vorbe¬ reitet, wo durch Abgang eines gesuchten Arztes ihm eine ungleich bedeutendere Praxis in Aussicht stand. Es war keine Zeit zu versäumen, der Zweck forderte dringend seine baldige Abreise, es gab viel zu thun, Anordnungen schnell abzuändern, die vor Kurzem noch unter andern Umständen getroffen waren. Erik hatte eben um diese Zeit seine Braut in Edinburg abholen wollen. Ich selbst mußte ihm unter diesen Umstän¬ den rathen, davon abzustehen, ich beschloß, meine
zeugen, daß es ein gutes Werk ſei, dieſe That eines Wahnſinnigen geheim zu halten; er glaubte in dem Einen Falle kein Unrecht zu thun, wenn er ſeine Gründe mit einer Summe Geldes unterſtützte, die dem bedürftigen Mann eine Wohlthat war und Nie¬ mand ein Uebel brachte. Während der Beſchenkte ſich ſchnell an die Arbeit machte, das Grab wieder zu ſchließen, eilte Erik in das Haus, wo der graſſe Auf¬ tritt vorgefallen war; er fand die Dame im Fieber, die leichte Stirnwunde erſchien etwas entzündet, er rieth ihr dringend, ſogleich den eigenen Arzt herbei¬ zurufen und ihm das Vorgefallene nicht zu verhehlen, er verſicherte ſie, daß er ſelbſt für Wahrung des Ge¬ heimniſſes geſorgt habe und weiter ſorgen werde; die Kranke ſuchte ihn feſtzuhalten, Geſtändniſſe ſchienen auf ihren Lippen zu ſchweben, aber er konnte und durfte nicht verweilen. Erik hatte in dieſen Tagen Alles zu einer Ueberſiedlung nach Chriſtiania vorbe¬ reitet, wo durch Abgang eines geſuchten Arztes ihm eine ungleich bedeutendere Praxis in Ausſicht ſtand. Es war keine Zeit zu verſäumen, der Zweck forderte dringend ſeine baldige Abreiſe, es gab viel zu thun, Anordnungen ſchnell abzuändern, die vor Kurzem noch unter andern Umſtänden getroffen waren. Erik hatte eben um dieſe Zeit ſeine Braut in Edinburg abholen wollen. Ich ſelbſt mußte ihm unter dieſen Umſtän¬ den rathen, davon abzuſtehen, ich beſchloß, meine
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[201/0214]
zeugen, daß es ein gutes Werk ſei, dieſe That eines
Wahnſinnigen geheim zu halten; er glaubte in dem
Einen Falle kein Unrecht zu thun, wenn er ſeine
Gründe mit einer Summe Geldes unterſtützte, die
dem bedürftigen Mann eine Wohlthat war und Nie¬
mand ein Uebel brachte. Während der Beſchenkte ſich
ſchnell an die Arbeit machte, das Grab wieder zu
ſchließen, eilte Erik in das Haus, wo der graſſe Auf¬
tritt vorgefallen war; er fand die Dame im Fieber,
die leichte Stirnwunde erſchien etwas entzündet, er
rieth ihr dringend, ſogleich den eigenen Arzt herbei¬
zurufen und ihm das Vorgefallene nicht zu verhehlen,
er verſicherte ſie, daß er ſelbſt für Wahrung des Ge¬
heimniſſes geſorgt habe und weiter ſorgen werde; die
Kranke ſuchte ihn feſtzuhalten, Geſtändniſſe ſchienen
auf ihren Lippen zu ſchweben, aber er konnte und
durfte nicht verweilen. Erik hatte in dieſen Tagen
Alles zu einer Ueberſiedlung nach Chriſtiania vorbe¬
reitet, wo durch Abgang eines geſuchten Arztes ihm
eine ungleich bedeutendere Praxis in Ausſicht ſtand.
Es war keine Zeit zu verſäumen, der Zweck forderte
dringend ſeine baldige Abreiſe, es gab viel zu thun,
Anordnungen ſchnell abzuändern, die vor Kurzem noch
unter andern Umſtänden getroffen waren. Erik hatte
eben um dieſe Zeit ſeine Braut in Edinburg abholen
wollen. Ich ſelbſt mußte ihm unter dieſen Umſtän¬
den rathen, davon abzuſtehen, ich beſchloß, meine
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/214>, abgerufen am 24.11.2024.
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