Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879.Nacht durch zu Fuß rückwärts und schnell weiter, hinauf, Hin, wo großes Leben den Todesschlaf schläft -- Sag', alter Narr, was rennst du wieder So kreuz und quer bergauf und nieder? Was suchst du denn? Laß sein, laß sein! Die Weite bringt es dir nicht ein, Im Breiten wirst du's nicht erringen! Da mußt du in die Tiefe dringen. Der Weg ist kurz, die Arbeit schlicht: Fünf Schuh tief, weiter braucht es nicht. Hab' ja auch kein Handwerk mehr. "Der Mensch Eingefahren um Mitternacht in die Lagunenstadt. Nacht durch zu Fuß rückwärts und ſchnell weiter, hinauf, Hin, wo großes Leben den Todesſchlaf ſchläft — Sag', alter Narr, was rennſt du wieder So kreuz und quer bergauf und nieder? Was ſuchſt du denn? Laß ſein, laß ſein! Die Weite bringt es dir nicht ein, Im Breiten wirſt du's nicht erringen! Da mußt du in die Tiefe dringen. Der Weg iſt kurz, die Arbeit ſchlicht: Fünf Schuh tief, weiter braucht es nicht. Hab' ja auch kein Handwerk mehr. „Der Menſch Eingefahren um Mitternacht in die Lagunenſtadt. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0344" n="331"/> Nacht durch zu Fuß rückwärts und ſchnell weiter, hinauf,<lb/> — wohin?</p><lb/> <p>Hin, wo großes Leben den Todesſchlaf ſchläft —<lb/> nach Venedig!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l>Sag', alter Narr, was rennſt du wieder</l><lb/> <l>So kreuz und quer bergauf und nieder?</l><lb/> <l>Was ſuchſt du denn? Laß ſein, laß ſein!</l><lb/> <l>Die Weite bringt es dir nicht ein,</l><lb/> <l>Im Breiten wirſt du's nicht erringen!</l><lb/> <l>Da mußt du in die Tiefe dringen.</l><lb/> <l>Der Weg iſt kurz, die Arbeit ſchlicht:</l><lb/> <l>Fünf Schuh tief, weiter braucht es nicht.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Hab' ja auch kein Handwerk mehr. „Der Menſch<lb/> muß ein Handwerk haben.“ — Wohl ſagt Nathan:<lb/> „Man muß nicht müſſen,“ das gilt ganz, wo es<lb/> ſich um That handelt. Anders iſt es mit der Thä¬<lb/> tigkeit, da heißt es: der Menſch muß müſſen. Un¬<lb/> glücklich, wen kein Dienſt an die Zeit bindet, gerade<lb/> ſeine Freiheit drückt ihn in's Sklavenjoch der Zeit.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Eingefahren um Mitternacht in die Lagunenſtadt.<lb/> Ganz ſtill, Alles todtenſtill. Gerade recht für mich.<lb/> Ihr erzählt viel, alte Mauern, in aller Stille viel.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [331/0344]
Nacht durch zu Fuß rückwärts und ſchnell weiter, hinauf,
— wohin?
Hin, wo großes Leben den Todesſchlaf ſchläft —
nach Venedig!
Sag', alter Narr, was rennſt du wieder
So kreuz und quer bergauf und nieder?
Was ſuchſt du denn? Laß ſein, laß ſein!
Die Weite bringt es dir nicht ein,
Im Breiten wirſt du's nicht erringen!
Da mußt du in die Tiefe dringen.
Der Weg iſt kurz, die Arbeit ſchlicht:
Fünf Schuh tief, weiter braucht es nicht.
Hab' ja auch kein Handwerk mehr. „Der Menſch
muß ein Handwerk haben.“ — Wohl ſagt Nathan:
„Man muß nicht müſſen,“ das gilt ganz, wo es
ſich um That handelt. Anders iſt es mit der Thä¬
tigkeit, da heißt es: der Menſch muß müſſen. Un¬
glücklich, wen kein Dienſt an die Zeit bindet, gerade
ſeine Freiheit drückt ihn in's Sklavenjoch der Zeit.
Eingefahren um Mitternacht in die Lagunenſtadt.
Ganz ſtill, Alles todtenſtill. Gerade recht für mich.
Ihr erzählt viel, alte Mauern, in aller Stille viel.
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