Menschen, die einander ohne thatsächlich klaren Grund nicht trauen, trauen sich selber nicht.
Diese Art Menschen kann man auch mit ziemlicher Sicherheit daran erkennen, daß sie nicht gern allein sind, obwohl man natürlich den Schluß nicht umdrehen darf, denn die Mehrheit ist nur aus Leerheit nicht gern allein. Auch spazieren können sie nicht recht gehen, denn eine gemeine Seele ist keiner Contempla¬ tion fähig.
Man muß arbeiten können, man muß aber auch müßig gehen können, nur betrachten. In diesen Mo¬ menten muß man sich verhalten können, wie bloße Natur oder eigentlich sich selbst betrachtende Natur. In glücklichem Wechsel mit Arbeit sind sie so gut, so werthvoll wie Arbeit.
Vater und Sohn, an einem See vorbeigehend.
Knabe. Papa, heut Nacht ist der See, glaub' ich, doch ein bischen unartig gegen mich gewesen.
Vater. Was hat er dir denn gethan?
Menſchen, die einander ohne thatſächlich klaren Grund nicht trauen, trauen ſich ſelber nicht.
Dieſe Art Menſchen kann man auch mit ziemlicher Sicherheit daran erkennen, daß ſie nicht gern allein ſind, obwohl man natürlich den Schluß nicht umdrehen darf, denn die Mehrheit iſt nur aus Leerheit nicht gern allein. Auch ſpazieren können ſie nicht recht gehen, denn eine gemeine Seele iſt keiner Contempla¬ tion fähig.
Man muß arbeiten können, man muß aber auch müßig gehen können, nur betrachten. In dieſen Mo¬ menten muß man ſich verhalten können, wie bloße Natur oder eigentlich ſich ſelbſt betrachtende Natur. In glücklichem Wechſel mit Arbeit ſind ſie ſo gut, ſo werthvoll wie Arbeit.
Vater und Sohn, an einem See vorbeigehend.
Knabe. Papa, heut Nacht iſt der See, glaub' ich, doch ein bischen unartig gegen mich geweſen.
Vater. Was hat er dir denn gethan?
<TEI><text><body><div><pbfacs="#f0385"n="372"/><p>Menſchen, die einander ohne thatſächlich klaren<lb/>
Grund nicht trauen, trauen ſich ſelber nicht.</p><lb/><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Dieſe Art Menſchen kann man auch mit ziemlicher<lb/>
Sicherheit daran erkennen, daß ſie nicht gern allein<lb/>ſind, obwohl man natürlich den Schluß nicht umdrehen<lb/>
darf, denn die Mehrheit iſt nur aus Leerheit nicht<lb/>
gern allein. Auch ſpazieren können ſie nicht recht<lb/>
gehen, denn eine gemeine Seele iſt keiner Contempla¬<lb/>
tion fähig.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Man muß arbeiten können, man muß aber auch<lb/>
müßig gehen können, nur betrachten. In dieſen Mo¬<lb/>
menten muß man ſich verhalten können, wie bloße<lb/>
Natur oder eigentlich ſich ſelbſt betrachtende Natur.<lb/>
In glücklichem Wechſel mit Arbeit ſind ſie ſo gut,<lb/>ſo werthvoll wie Arbeit.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><prendition="#c"><hirendition="#g">Vater und Sohn,</hi><lb/>
an einem See vorbeigehend.</p><lb/><p><hirendition="#g">Knabe</hi>. Papa, heut Nacht iſt der See, glaub' ich,<lb/>
doch ein bischen unartig gegen mich geweſen.</p><lb/><p><hirendition="#g">Vater</hi>. Was hat er dir denn gethan?</p><lb/></div></body></text></TEI>
[372/0385]
Menſchen, die einander ohne thatſächlich klaren
Grund nicht trauen, trauen ſich ſelber nicht.
Dieſe Art Menſchen kann man auch mit ziemlicher
Sicherheit daran erkennen, daß ſie nicht gern allein
ſind, obwohl man natürlich den Schluß nicht umdrehen
darf, denn die Mehrheit iſt nur aus Leerheit nicht
gern allein. Auch ſpazieren können ſie nicht recht
gehen, denn eine gemeine Seele iſt keiner Contempla¬
tion fähig.
Man muß arbeiten können, man muß aber auch
müßig gehen können, nur betrachten. In dieſen Mo¬
menten muß man ſich verhalten können, wie bloße
Natur oder eigentlich ſich ſelbſt betrachtende Natur.
In glücklichem Wechſel mit Arbeit ſind ſie ſo gut,
ſo werthvoll wie Arbeit.
Vater und Sohn,
an einem See vorbeigehend.
Knabe. Papa, heut Nacht iſt der See, glaub' ich,
doch ein bischen unartig gegen mich geweſen.
Vater. Was hat er dir denn gethan?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/385>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.