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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879.

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Und auch wie der selige Geist im blauen Lichtmeer
der verklärten geheimnißvollen Grotte.


Knieend an ihrem Bett -- sie weint -- weint
sie auch um mich? -- Es gibt Krieg, sagt sie. --
Ich wußte nichts von der Welt draußen. -- Der
Vater bestätigt: Krieg Deutschlands mit Frankreich. --
Ist die Stunde wieder da, wo in Christiania -- ihr
Aufruf -- ? Sie mahnt nicht, dießmal nicht. -- In
mir Entschluß, augenblicklich. Nun weiß ich meinen
Weg, sage ich, -- sie schweigt, sie weint, reicht mir
die Hand, die weiße, bleiche, -- hebt sie, nachdem ich
sie lang gehalten, und legt sie auf mein Haupt, seg¬
nend, Worte flüsternd, unhörbar, meine Thränen
strömen, -- sie bedarf Ruhe -- Leb' wohl! leb' wohl!
-- Ein sanftes "wohl" kann ich noch vernehmen --
ein Blick ruht auf mir -- ich werd' ihn ewig sehen.
Und du, Erik! -- dein Geist über uns -- ich sah
ihn freundlich nicken. -- Ja, ja, nun weiß ich meinen
Weg. --


Der Erdenstoff verzehrt sich sacht und mild,
Bald ist's vorbei und du bist ganz nur Bild!
Du schwebst hinweg, schon strahlen wie von ferne
In fremdem Glanz der Augen milde Sterne.

Und auch wie der ſelige Geiſt im blauen Lichtmeer
der verklärten geheimnißvollen Grotte.


Knieend an ihrem Bett — ſie weint — weint
ſie auch um mich? — Es gibt Krieg, ſagt ſie. —
Ich wußte nichts von der Welt draußen. — Der
Vater beſtätigt: Krieg Deutſchlands mit Frankreich. —
Iſt die Stunde wieder da, wo in Chriſtiania — ihr
Aufruf — ? Sie mahnt nicht, dießmal nicht. — In
mir Entſchluß, augenblicklich. Nun weiß ich meinen
Weg, ſage ich, — ſie ſchweigt, ſie weint, reicht mir
die Hand, die weiße, bleiche, — hebt ſie, nachdem ich
ſie lang gehalten, und legt ſie auf mein Haupt, ſeg¬
nend, Worte flüſternd, unhörbar, meine Thränen
ſtrömen, — ſie bedarf Ruhe — Leb' wohl! leb' wohl!
— Ein ſanftes „wohl“ kann ich noch vernehmen —
ein Blick ruht auf mir — ich werd' ihn ewig ſehen.
Und du, Erik! — dein Geiſt über uns — ich ſah
ihn freundlich nicken. — Ja, ja, nun weiß ich meinen
Weg. —


Der Erdenſtoff verzehrt ſich ſacht und mild,
Bald iſt's vorbei und du biſt ganz nur Bild!
Du ſchwebſt hinweg, ſchon ſtrahlen wie von ferne
In fremdem Glanz der Augen milde Sterne.
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[423/0436] Und auch wie der ſelige Geiſt im blauen Lichtmeer der verklärten geheimnißvollen Grotte. Knieend an ihrem Bett — ſie weint — weint ſie auch um mich? — Es gibt Krieg, ſagt ſie. — Ich wußte nichts von der Welt draußen. — Der Vater beſtätigt: Krieg Deutſchlands mit Frankreich. — Iſt die Stunde wieder da, wo in Chriſtiania — ihr Aufruf — ? Sie mahnt nicht, dießmal nicht. — In mir Entſchluß, augenblicklich. Nun weiß ich meinen Weg, ſage ich, — ſie ſchweigt, ſie weint, reicht mir die Hand, die weiße, bleiche, — hebt ſie, nachdem ich ſie lang gehalten, und legt ſie auf mein Haupt, ſeg¬ nend, Worte flüſternd, unhörbar, meine Thränen ſtrömen, — ſie bedarf Ruhe — Leb' wohl! leb' wohl! — Ein ſanftes „wohl“ kann ich noch vernehmen — ein Blick ruht auf mir — ich werd' ihn ewig ſehen. Und du, Erik! — dein Geiſt über uns — ich ſah ihn freundlich nicken. — Ja, ja, nun weiß ich meinen Weg. — Der Erdenſtoff verzehrt ſich ſacht und mild, Bald iſt's vorbei und du biſt ganz nur Bild! Du ſchwebſt hinweg, ſchon ſtrahlen wie von ferne In fremdem Glanz der Augen milde Sterne.

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Zitationshilfe: Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/436>, abgerufen am 04.12.2024.