Genug und wohl schon allzuviel, der Spaß wäre geradezu langweilig zu nennen, wenn er nicht auf eine Steigerung losarbeitete; ich darf nicht verschweigen, daß diese etwas stark ist, indem die Scherben der Scheibe auf die Sitze fallen, und da ich eine Pflicht fühle, die vielleicht zarten Nerven des Lesers zu schonen, so breche ich ab, wiewohl es an einigen Witzkörnern im Folgenden nicht fehlt. Uebrigens waren es nur wenige Blätter; die Nörgelei muß dem Krittler selbst denn doch entleidet sein oder er muß gefühlt haben, daß ja jede seiner Anmerkungen die folgende und so den ganzen Roman aufhob.
Haben diese grillenhaften Phantasieen, wie sie bis in die Schnurre, die Kinderei ausschweifen, den hart¬ geprüften Leser verdrossen, geärgert, fast um die Ge¬ duld gebracht, so söhnt er sich doch vielleicht mit dem schiefgewickelten Manne wieder aus, wenn er nun im Tagebuche die Goldfäden findet, die sich durch das bunte Garn dieser Wicklung reich und stark hindurch¬ ziehen. Das Feinste dieses Goldes ist Denken, philo¬ sophisches Denken, "des Menschen allerhöchste Kraft". Ob man darum den Mann einen Philosophen nennen darf, das freilich ist eine Frage: ich enthalte mich, das Wort darüber zu nehmen, das Tagebuch mag selbst antworten. Vielleicht ist ein Theil des innern Unglücks in diesem Leben auf dieser Stelle zu suchen; der Leser wird Andeutungen finden, die dahin zeigen; vielleicht
Genug und wohl ſchon allzuviel, der Spaß wäre geradezu langweilig zu nennen, wenn er nicht auf eine Steigerung losarbeitete; ich darf nicht verſchweigen, daß dieſe etwas ſtark iſt, indem die Scherben der Scheibe auf die Sitze fallen, und da ich eine Pflicht fühle, die vielleicht zarten Nerven des Leſers zu ſchonen, ſo breche ich ab, wiewohl es an einigen Witzkörnern im Folgenden nicht fehlt. Uebrigens waren es nur wenige Blätter; die Nörgelei muß dem Krittler ſelbſt denn doch entleidet ſein oder er muß gefühlt haben, daß ja jede ſeiner Anmerkungen die folgende und ſo den ganzen Roman aufhob.
Haben dieſe grillenhaften Phantaſieen, wie ſie bis in die Schnurre, die Kinderei ausſchweifen, den hart¬ geprüften Leſer verdroſſen, geärgert, faſt um die Ge¬ duld gebracht, ſo ſöhnt er ſich doch vielleicht mit dem ſchiefgewickelten Manne wieder aus, wenn er nun im Tagebuche die Goldfäden findet, die ſich durch das bunte Garn dieſer Wicklung reich und ſtark hindurch¬ ziehen. Das Feinſte dieſes Goldes iſt Denken, philo¬ ſophiſches Denken, „des Menſchen allerhöchſte Kraft“. Ob man darum den Mann einen Philoſophen nennen darf, das freilich iſt eine Frage: ich enthalte mich, das Wort darüber zu nehmen, das Tagebuch mag ſelbſt antworten. Vielleicht iſt ein Theil des innern Unglücks in dieſem Leben auf dieſer Stelle zu ſuchen; der Leſer wird Andeutungen finden, die dahin zeigen; vielleicht
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[84/0097]
Genug und wohl ſchon allzuviel, der Spaß wäre
geradezu langweilig zu nennen, wenn er nicht auf eine
Steigerung losarbeitete; ich darf nicht verſchweigen,
daß dieſe etwas ſtark iſt, indem die Scherben der Scheibe
auf die Sitze fallen, und da ich eine Pflicht fühle,
die vielleicht zarten Nerven des Leſers zu ſchonen, ſo
breche ich ab, wiewohl es an einigen Witzkörnern
im Folgenden nicht fehlt. Uebrigens waren es nur
wenige Blätter; die Nörgelei muß dem Krittler ſelbſt
denn doch entleidet ſein oder er muß gefühlt haben,
daß ja jede ſeiner Anmerkungen die folgende und ſo
den ganzen Roman aufhob.
Haben dieſe grillenhaften Phantaſieen, wie ſie bis
in die Schnurre, die Kinderei ausſchweifen, den hart¬
geprüften Leſer verdroſſen, geärgert, faſt um die Ge¬
duld gebracht, ſo ſöhnt er ſich doch vielleicht mit dem
ſchiefgewickelten Manne wieder aus, wenn er nun im
Tagebuche die Goldfäden findet, die ſich durch das
bunte Garn dieſer Wicklung reich und ſtark hindurch¬
ziehen. Das Feinſte dieſes Goldes iſt Denken, philo¬
ſophiſches Denken, „des Menſchen allerhöchſte Kraft“.
Ob man darum den Mann einen Philoſophen nennen
darf, das freilich iſt eine Frage: ich enthalte mich, das
Wort darüber zu nehmen, das Tagebuch mag ſelbſt
antworten. Vielleicht iſt ein Theil des innern Unglücks
in dieſem Leben auf dieſer Stelle zu ſuchen; der Leſer
wird Andeutungen finden, die dahin zeigen; vielleicht
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1879, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch02_1879/97>, abgerufen am 28.11.2024.
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