schaft bildet! Diese soll vielmehr ein Bild geben vonder Art und Weise, wie das Leben in den verschiedenen Organismen sich gestaltet und wie es von den unscheinbarsten Anfängen in mannichfaltige Blüthen- zweige ausstrahlt, um in der Krone aller Geschöpfe, dem Menschen, seinen jetzigen Endpunkt zu finden. Die Zoologie begnügt sich nicht mehr mit jenen Kenntnissen, welche die systematische Zoologie bilden, sie bleibt nicht mehr bei Haaren und Zähnen, Klauen und Federn, Beinen und Kiemen stehen, zufrieden Kennzeichen entdeckt zu haben, welche die Einreihung in das System möglich machen; sie verlangt von der vergleichenden Anatomie die Zerlegung des Thierleibes, die Kenntniß der einzelnen Organe und ihrer feinern Structur; von der vergleichenden Physiologie die Ergründung der Func- tionen, welche diese Organe ausüben und der Art und Weise, wie diese verschiedenen Functionen zu einem Ganzen zu der Erhaltung des Lebens zusammenwirken; sie will durch die vergleichende Ent- wickelungsgeschichte erfahren, welche Reihen von Umwandlungen jedes Thier durchlaufen muß, welche verschiedene Formen es nachein- ander annimmt, bis es das Ziel seines Lebens erreicht hat; die Palä- ontologie oder Versteinerungskunde endlich soll ebenfalls ihren Tribut bringen, indem sie aus den versteinerten Resten ausgestorbener Thiergeschlechter die Gestalten zusammensetzt, welche früher die Ober- fläche der Erde bevölkerten. Wenn so die Zoologie nach allen Rich- tungen hin die einzelnen Theile ihres Gebietes kennen gelernt hat, so fragt sie nach den Gesetzen, welche die Vertheilung der thierischen Organismen über die ganze Erde regeln; sie sucht die Wohnbezirke zu umgränzen, welche jeder einzelnen Art eigenthümlich sind und er- fährt durch die zoologische Geographie, welche Bedingungen des Klimas, des Bodens u. s. w. erfüllt werden müssen, um dieser oder jener Art das Leben möglich zu machen.
Ich mache in den nachfolgenden Blättern den Versuch, dieses außerordentlich weitschichtige Gebiet mit meinen Lesern zu durchstreifen. Schon aus dem Umfange der Arbeit ergibt sich, daß es unmöglich wäre, auf das Einzelne einzugehen. Nur die größern und größten Gruppen können genauer in das Auge gefaßt und ihrem Wesen nach verständlich gemacht werden. Der Leser wird mit diesem Buche in der Hand nicht diesen oder jenen Käfer bestimmen und den ihm von den Zoologen gegebenen Namen auffinden können; -- kaum wird es ihm möglich sein, seine Schmetterlings- oder Muschelsammlung einiger- maßen darnach zu ordnen und in die systematischen Gruppen zu ver- theilen. Das Ziel, das ich mir gesteckt habe, ist ein anderes; ich
ſchaft bildet! Dieſe ſoll vielmehr ein Bild geben vonder Art und Weiſe, wie das Leben in den verſchiedenen Organismen ſich geſtaltet und wie es von den unſcheinbarſten Anfängen in mannichfaltige Blüthen- zweige ausſtrahlt, um in der Krone aller Geſchöpfe, dem Menſchen, ſeinen jetzigen Endpunkt zu finden. Die Zoologie begnügt ſich nicht mehr mit jenen Kenntniſſen, welche die ſyſtematiſche Zoologie bilden, ſie bleibt nicht mehr bei Haaren und Zähnen, Klauen und Federn, Beinen und Kiemen ſtehen, zufrieden Kennzeichen entdeckt zu haben, welche die Einreihung in das Syſtem möglich machen; ſie verlangt von der vergleichenden Anatomie die Zerlegung des Thierleibes, die Kenntniß der einzelnen Organe und ihrer feinern Structur; von der vergleichenden Phyſiologie die Ergründung der Func- tionen, welche dieſe Organe ausüben und der Art und Weiſe, wie dieſe verſchiedenen Functionen zu einem Ganzen zu der Erhaltung des Lebens zuſammenwirken; ſie will durch die vergleichende Ent- wickelungsgeſchichte erfahren, welche Reihen von Umwandlungen jedes Thier durchlaufen muß, welche verſchiedene Formen es nachein- ander annimmt, bis es das Ziel ſeines Lebens erreicht hat; die Palä- ontologie oder Verſteinerungskunde endlich ſoll ebenfalls ihren Tribut bringen, indem ſie aus den verſteinerten Reſten ausgeſtorbener Thiergeſchlechter die Geſtalten zuſammenſetzt, welche früher die Ober- fläche der Erde bevölkerten. Wenn ſo die Zoologie nach allen Rich- tungen hin die einzelnen Theile ihres Gebietes kennen gelernt hat, ſo fragt ſie nach den Geſetzen, welche die Vertheilung der thieriſchen Organismen über die ganze Erde regeln; ſie ſucht die Wohnbezirke zu umgränzen, welche jeder einzelnen Art eigenthümlich ſind und er- fährt durch die zoologiſche Geographie, welche Bedingungen des Klimas, des Bodens u. ſ. w. erfüllt werden müſſen, um dieſer oder jener Art das Leben möglich zu machen.
Ich mache in den nachfolgenden Blättern den Verſuch, dieſes außerordentlich weitſchichtige Gebiet mit meinen Leſern zu durchſtreifen. Schon aus dem Umfange der Arbeit ergibt ſich, daß es unmöglich wäre, auf das Einzelne einzugehen. Nur die größern und größten Gruppen können genauer in das Auge gefaßt und ihrem Weſen nach verſtändlich gemacht werden. Der Leſer wird mit dieſem Buche in der Hand nicht dieſen oder jenen Käfer beſtimmen und den ihm von den Zoologen gegebenen Namen auffinden können; — kaum wird es ihm möglich ſein, ſeine Schmetterlings- oder Muſchelſammlung einiger- maßen darnach zu ordnen und in die ſyſtematiſchen Gruppen zu ver- theilen. Das Ziel, das ich mir geſteckt habe, iſt ein anderes; ich
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ſchaft bildet! Dieſe ſoll vielmehr ein Bild geben vonder Art und Weiſe,
wie das Leben in den verſchiedenen Organismen ſich geſtaltet und
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zweige ausſtrahlt, um in der Krone aller Geſchöpfe, dem Menſchen,
ſeinen jetzigen Endpunkt zu finden. Die Zoologie begnügt ſich nicht mehr
mit jenen Kenntniſſen, welche die ſyſtematiſche Zoologie bilden,
ſie bleibt nicht mehr bei Haaren und Zähnen, Klauen und Federn,
Beinen und Kiemen ſtehen, zufrieden Kennzeichen entdeckt zu haben,
welche die Einreihung in das Syſtem möglich machen; ſie verlangt
von der vergleichenden Anatomie die Zerlegung des Thierleibes,
die Kenntniß der einzelnen Organe und ihrer feinern Structur; von
der vergleichenden Phyſiologie die Ergründung der Func-
tionen, welche dieſe Organe ausüben und der Art und Weiſe, wie
dieſe verſchiedenen Functionen zu einem Ganzen zu der Erhaltung
des Lebens zuſammenwirken; ſie will durch die vergleichende Ent-
wickelungsgeſchichte erfahren, welche Reihen von Umwandlungen
jedes Thier durchlaufen muß, welche verſchiedene Formen es nachein-
ander annimmt, bis es das Ziel ſeines Lebens erreicht hat; die Palä-
ontologie oder Verſteinerungskunde endlich ſoll ebenfalls ihren
Tribut bringen, indem ſie aus den verſteinerten Reſten ausgeſtorbener
Thiergeſchlechter die Geſtalten zuſammenſetzt, welche früher die Ober-
fläche der Erde bevölkerten. Wenn ſo die Zoologie nach allen Rich-
tungen hin die einzelnen Theile ihres Gebietes kennen gelernt hat, ſo
fragt ſie nach den Geſetzen, welche die Vertheilung der thieriſchen
Organismen über die ganze Erde regeln; ſie ſucht die Wohnbezirke
zu umgränzen, welche jeder einzelnen Art eigenthümlich ſind und er-
fährt durch die zoologiſche Geographie, welche Bedingungen des
Klimas, des Bodens u. ſ. w. erfüllt werden müſſen, um dieſer oder
jener Art das Leben möglich zu machen.
Ich mache in den nachfolgenden Blättern den Verſuch, dieſes
außerordentlich weitſchichtige Gebiet mit meinen Leſern zu durchſtreifen.
Schon aus dem Umfange der Arbeit ergibt ſich, daß es unmöglich
wäre, auf das Einzelne einzugehen. Nur die größern und größten
Gruppen können genauer in das Auge gefaßt und ihrem Weſen nach
verſtändlich gemacht werden. Der Leſer wird mit dieſem Buche in
der Hand nicht dieſen oder jenen Käfer beſtimmen und den ihm von
den Zoologen gegebenen Namen auffinden können; — kaum wird es
ihm möglich ſein, ſeine Schmetterlings- oder Muſchelſammlung einiger-
maßen darnach zu ordnen und in die ſyſtematiſchen Gruppen zu ver-
theilen. Das Ziel, das ich mir geſteckt habe, iſt ein anderes; ich
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/12>, abgerufen am 22.12.2024.
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