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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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von stielartigen Verlängerungen umgeben, so daß der ganze Körper
einigermaßen einem Hutpilze ähnlich sieht.

Alle Quallen sind nackt und ihr aus einer oft knorpelharten Zel-
lensubstanz zusammengesetzter Körper von einer zarten Oberhaut be-
deckt, in welcher sich meist ähnliche Nesselorgane finden, wie wir sie
schon bei den Polypen kennen lernten. Die Gäste der Seebäder ken-
nen diese nesselnde Eigenschaft oft aus eigener schmerzlicher Erfahrung.
Der scheibenförmige Körper selbst zeigt stets in der Anordnung aller
seiner Organe einen streng regelmäßigen strahligen Typus, so daß
man jede Qualle in je vier oder sechs vollkommen gleiche Segmente
zerspalten kann. Nach diesen Zahlen geordnet zeigen sich denn auch
bei den meisten dieser Thiere an dem Rande angebrachte, oft außer-
ordentlich lange contractile Fäden, welche offenbar als Fühlfäden be-
nutzt werden.

Als Nervensystem und Sinnesorgane hat man eigenthüm-

[Abbildung] Fig. 120.

Pelagia noctiluca
von unten gesehen. a. Die vier
Arme, zwischen welchen sich der
Mund befindet. b. Die Glocke.
c. Der Rand derselben. d. Die
Randkörper. e. Die Fangfäden.
g. Die Höhlen neben dem Magen,
in welchen die Geschlechtskrausen
sitzen.

liche Körper gedeutet, welche an dem
Rande der Scheibe meistens in Sechs- oder
Achtzahl eingebettet liegen. Es bestehen
diese Randkörper aus einem kapselartigen
Bläschen, in welchem ein runder oder
eckiger krystallinischer Kern enthalten ist.
Bei einigen Gattungen sind diese Bläs-
chen von einem lebhaft gefärbten Pig-
mente umgeben, was sie für Augen an-
sprechen ließ, während ihre Zusammen-
setzung aus einem krystallinischen Kerne,
der in einem Bläschen eingeschlossen liegt,
eher darin die erste Bildung von Hör-
organen erkennen lassen dürfte.

Die Verdauungsorgane sind in
eigenthümlicher Weise gestaltet. Meist ist
ein einfacher Mund vorhanden, der
zuweilen nur von einem Randsaume
umgeben, in den gewöhnlichen Fällen
aber von Fangarmen der verschiedensten
Gestalt umstellt ist. Oft besitzen diese

von ſtielartigen Verlängerungen umgeben, ſo daß der ganze Körper
einigermaßen einem Hutpilze ähnlich ſieht.

Alle Quallen ſind nackt und ihr aus einer oft knorpelharten Zel-
lenſubſtanz zuſammengeſetzter Körper von einer zarten Oberhaut be-
deckt, in welcher ſich meiſt ähnliche Neſſelorgane finden, wie wir ſie
ſchon bei den Polypen kennen lernten. Die Gäſte der Seebäder ken-
nen dieſe neſſelnde Eigenſchaft oft aus eigener ſchmerzlicher Erfahrung.
Der ſcheibenförmige Körper ſelbſt zeigt ſtets in der Anordnung aller
ſeiner Organe einen ſtreng regelmäßigen ſtrahligen Typus, ſo daß
man jede Qualle in je vier oder ſechs vollkommen gleiche Segmente
zerſpalten kann. Nach dieſen Zahlen geordnet zeigen ſich denn auch
bei den meiſten dieſer Thiere an dem Rande angebrachte, oft außer-
ordentlich lange contractile Fäden, welche offenbar als Fühlfäden be-
nutzt werden.

Als Nervenſyſtem und Sinnesorgane hat man eigenthüm-

[Abbildung] Fig. 120.

Pelagia noctiluca
von unten geſehen. a. Die vier
Arme, zwiſchen welchen ſich der
Mund befindet. b. Die Glocke.
c. Der Rand derſelben. d. Die
Randkörper. e. Die Fangfäden.
g. Die Höhlen neben dem Magen,
in welchen die Geſchlechtskrauſen
ſitzen.

liche Körper gedeutet, welche an dem
Rande der Scheibe meiſtens in Sechs- oder
Achtzahl eingebettet liegen. Es beſtehen
dieſe Randkörper aus einem kapſelartigen
Bläschen, in welchem ein runder oder
eckiger kryſtalliniſcher Kern enthalten iſt.
Bei einigen Gattungen ſind dieſe Bläs-
chen von einem lebhaft gefärbten Pig-
mente umgeben, was ſie für Augen an-
ſprechen ließ, während ihre Zuſammen-
ſetzung aus einem kryſtalliniſchen Kerne,
der in einem Bläschen eingeſchloſſen liegt,
eher darin die erſte Bildung von Hör-
organen erkennen laſſen dürfte.

Die Verdauungsorgane ſind in
eigenthümlicher Weiſe geſtaltet. Meiſt iſt
ein einfacher Mund vorhanden, der
zuweilen nur von einem Randſaume
umgeben, in den gewöhnlichen Fällen
aber von Fangarmen der verſchiedenſten
Geſtalt umſtellt iſt. Oft beſitzen dieſe

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[134/0140] von ſtielartigen Verlängerungen umgeben, ſo daß der ganze Körper einigermaßen einem Hutpilze ähnlich ſieht. Alle Quallen ſind nackt und ihr aus einer oft knorpelharten Zel- lenſubſtanz zuſammengeſetzter Körper von einer zarten Oberhaut be- deckt, in welcher ſich meiſt ähnliche Neſſelorgane finden, wie wir ſie ſchon bei den Polypen kennen lernten. Die Gäſte der Seebäder ken- nen dieſe neſſelnde Eigenſchaft oft aus eigener ſchmerzlicher Erfahrung. Der ſcheibenförmige Körper ſelbſt zeigt ſtets in der Anordnung aller ſeiner Organe einen ſtreng regelmäßigen ſtrahligen Typus, ſo daß man jede Qualle in je vier oder ſechs vollkommen gleiche Segmente zerſpalten kann. Nach dieſen Zahlen geordnet zeigen ſich denn auch bei den meiſten dieſer Thiere an dem Rande angebrachte, oft außer- ordentlich lange contractile Fäden, welche offenbar als Fühlfäden be- nutzt werden. Als Nervenſyſtem und Sinnesorgane hat man eigenthüm- [Abbildung Fig. 120. Pelagia noctiluca von unten geſehen. a. Die vier Arme, zwiſchen welchen ſich der Mund befindet. b. Die Glocke. c. Der Rand derſelben. d. Die Randkörper. e. Die Fangfäden. g. Die Höhlen neben dem Magen, in welchen die Geſchlechtskrauſen ſitzen.] liche Körper gedeutet, welche an dem Rande der Scheibe meiſtens in Sechs- oder Achtzahl eingebettet liegen. Es beſtehen dieſe Randkörper aus einem kapſelartigen Bläschen, in welchem ein runder oder eckiger kryſtalliniſcher Kern enthalten iſt. Bei einigen Gattungen ſind dieſe Bläs- chen von einem lebhaft gefärbten Pig- mente umgeben, was ſie für Augen an- ſprechen ließ, während ihre Zuſammen- ſetzung aus einem kryſtalliniſchen Kerne, der in einem Bläschen eingeſchloſſen liegt, eher darin die erſte Bildung von Hör- organen erkennen laſſen dürfte. Die Verdauungsorgane ſind in eigenthümlicher Weiſe geſtaltet. Meiſt iſt ein einfacher Mund vorhanden, der zuweilen nur von einem Randſaume umgeben, in den gewöhnlichen Fällen aber von Fangarmen der verſchiedenſten Geſtalt umſtellt iſt. Oft beſitzen dieſe

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/140>, abgerufen am 14.05.2024.