Barte einer Feder ähnlich sieht. Es kömmt diese Familie nur in den älteren Schichten, aber hier auch äußerst zahlreich vor; sie wird er- setzt in den jurassischen Meeren durch die Gruppe der Pentacriniden, welche sich durch die feste Verbindung ihrer Kelchplatten und durch die Einlenkung ihrer Arme auszeichnet, die auf besonderen, dem Stiele aufsitzenden Stücken angeheftet sind. Der Stiel ist fünfeckig, zeigt meistens viele Seitenausläufer und Ranken und an seinen einzelnen Stücken sehr complicirte Gelenkflächen, die fünfblättrige Figuren dar- stellen. Der becherförmige Körper ist einigermaßen zwischen dem Grunde der Arme verborgen. Man hat berechnet, daß das Skelett eines ein- zigen Thieres, bei der ungemeinen Verzweigung der Arme und der zahlreichen Federchen, aus mehr als 150,000 einzelnen Kalk- stücken zusammengesetzt ist. Zu der Gattung Pentacrinus gehört die jetzt lebende Art. Eine andere sehr ausgezeichnete Gruppe, die ebenfalls erst nach den Uebergangsgebirgen auftritt und in dem Muschelkalke durch eine Gattung repräsentirt ist, äußerst zahl- reich die jurassischen Korallenbänke bewohnt und in der Kreide nur noch spurweise erscheint, ist die der Apiocriniden, mit langem, meist rundem Stiel, dessen Täfelchen strahlig gerippt sind, ohne Seitenran-
[Abbildung]
Fig. 144.
Encrinus liliiformis aus dem Muschelkalke. a der Stiel; b der aus Platten zusammenge- fügte Körper; c die Arme; d die getheilten aus unzähligen Stück- chen zusammengesetz- ten Aeste derselben.
ken, mit dickem Körper, dessen einzelne Stücke äußerst solid sind und nur einen geringen Raum zwischen sich lassen, und höchstens einfach getheilten Armen, welche ziemlich kurz sind. Es gehören zu dieser Abtheilung die im Muschelkalke so außerordentlich häufigen Seelilien (Encrinus) und die Gattung Apiocrinus, welche be- sonders an den Korallenbänken des Jura vorkommt. Es scheint diese Gruppe in der Jetztwelt durch die höchst eigenthümliche Gattung Holopus ersetzt, deren Stiel selbst einen Theil des Körpers ausmacht und zum Theil die Körperorgane beherbergt. Das Thier soll nur vier Arme haben, ist übrigens bis jetzt nur durch ein einziges bei Martinique aufgefischtes Exem- plar bekannt.
Die dritte Familie der Seelilien, die Haarsterne, (Comatulida) ist aus Thieren gebildet, welche im er- wachsenen Alter vollkommen frei sind und häufig noch jetzt in unseren Meeren vorkommen. Die Haar- sterne haben einen abgeplatteten Körper, dessen Rük- kenfläche aus einzelnen Täfelchen zusammengesetzt ist
Barte einer Feder ähnlich ſieht. Es kömmt dieſe Familie nur in den älteren Schichten, aber hier auch äußerſt zahlreich vor; ſie wird er- ſetzt in den juraſſiſchen Meeren durch die Gruppe der Pentacriniden, welche ſich durch die feſte Verbindung ihrer Kelchplatten und durch die Einlenkung ihrer Arme auszeichnet, die auf beſonderen, dem Stiele aufſitzenden Stücken angeheftet ſind. Der Stiel iſt fünfeckig, zeigt meiſtens viele Seitenausläufer und Ranken und an ſeinen einzelnen Stücken ſehr complicirte Gelenkflächen, die fünfblättrige Figuren dar- ſtellen. Der becherförmige Körper iſt einigermaßen zwiſchen dem Grunde der Arme verborgen. Man hat berechnet, daß das Skelett eines ein- zigen Thieres, bei der ungemeinen Verzweigung der Arme und der zahlreichen Federchen, aus mehr als 150,000 einzelnen Kalk- ſtücken zuſammengeſetzt iſt. Zu der Gattung Pentacrinus gehört die jetzt lebende Art. Eine andere ſehr ausgezeichnete Gruppe, die ebenfalls erſt nach den Uebergangsgebirgen auftritt und in dem Muſchelkalke durch eine Gattung repräſentirt iſt, äußerſt zahl- reich die juraſſiſchen Korallenbänke bewohnt und in der Kreide nur noch ſpurweiſe erſcheint, iſt die der Apiocriniden, mit langem, meiſt rundem Stiel, deſſen Täfelchen ſtrahlig gerippt ſind, ohne Seitenran-
[Abbildung]
Fig. 144.
Encrinus liliiformis aus dem Muſchelkalke. a der Stiel; b der aus Platten zuſammenge- fügte Körper; c die Arme; d die getheilten aus unzähligen Stück- chen zuſammengeſetz- ten Aeſte derſelben.
ken, mit dickem Körper, deſſen einzelne Stücke äußerſt ſolid ſind und nur einen geringen Raum zwiſchen ſich laſſen, und höchſtens einfach getheilten Armen, welche ziemlich kurz ſind. Es gehören zu dieſer Abtheilung die im Muſchelkalke ſo außerordentlich häufigen Seelilien (Encrinus) und die Gattung Apiocrinus, welche be- ſonders an den Korallenbänken des Jura vorkommt. Es ſcheint dieſe Gruppe in der Jetztwelt durch die höchſt eigenthümliche Gattung Holopus erſetzt, deren Stiel ſelbſt einen Theil des Körpers ausmacht und zum Theil die Körperorgane beherbergt. Das Thier ſoll nur vier Arme haben, iſt übrigens bis jetzt nur durch ein einziges bei Martinique aufgefiſchtes Exem- plar bekannt.
Die dritte Familie der Seelilien, die Haarſterne, (Comatulida) iſt aus Thieren gebildet, welche im er- wachſenen Alter vollkommen frei ſind und häufig noch jetzt in unſeren Meeren vorkommen. Die Haar- ſterne haben einen abgeplatteten Körper, deſſen Rük- kenfläche aus einzelnen Täfelchen zuſammengeſetzt iſt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0162"n="156"/>
Barte einer Feder ähnlich ſieht. Es kömmt dieſe Familie nur in den<lb/>
älteren Schichten, aber hier auch äußerſt zahlreich vor; ſie wird er-<lb/>ſetzt in den juraſſiſchen Meeren durch die Gruppe der <hirendition="#b">Pentacriniden</hi>,<lb/>
welche ſich durch die feſte Verbindung ihrer Kelchplatten und durch die<lb/>
Einlenkung ihrer Arme auszeichnet, die auf beſonderen, dem Stiele<lb/>
aufſitzenden Stücken angeheftet ſind. Der Stiel iſt fünfeckig, zeigt<lb/>
meiſtens viele Seitenausläufer und Ranken und an ſeinen einzelnen<lb/>
Stücken ſehr complicirte Gelenkflächen, die fünfblättrige Figuren dar-<lb/>ſtellen. Der becherförmige Körper iſt einigermaßen zwiſchen dem Grunde<lb/>
der Arme verborgen. Man hat berechnet, daß das Skelett eines ein-<lb/>
zigen Thieres, bei der ungemeinen Verzweigung der Arme und<lb/>
der zahlreichen Federchen, aus mehr als 150,000 einzelnen Kalk-<lb/>ſtücken zuſammengeſetzt iſt. Zu der Gattung <hirendition="#aq">Pentacrinus</hi> gehört<lb/>
die jetzt lebende Art. Eine andere ſehr ausgezeichnete Gruppe,<lb/>
die ebenfalls erſt nach den Uebergangsgebirgen auftritt und in<lb/>
dem Muſchelkalke durch eine Gattung repräſentirt iſt, äußerſt zahl-<lb/>
reich die juraſſiſchen Korallenbänke bewohnt und in der Kreide nur<lb/>
noch ſpurweiſe erſcheint, iſt die der <hirendition="#b">Apiocriniden</hi>, mit langem, meiſt<lb/>
rundem Stiel, deſſen Täfelchen ſtrahlig gerippt ſind, ohne Seitenran-<lb/><figure><head>Fig. 144.</head><lb/><p><hirendition="#aq">Encrinus liliiformis</hi><lb/>
aus dem Muſchelkalke.<lb/><hirendition="#aq">a</hi> der Stiel; <hirendition="#aq">b</hi> der aus<lb/>
Platten zuſammenge-<lb/>
fügte Körper; <hirendition="#aq">c</hi> die<lb/>
Arme; <hirendition="#aq">d</hi> die getheilten<lb/>
aus unzähligen Stück-<lb/>
chen zuſammengeſetz-<lb/>
ten Aeſte derſelben.</p></figure><lb/>
ken, mit dickem Körper, deſſen einzelne Stücke äußerſt<lb/>ſolid ſind und nur einen geringen Raum zwiſchen ſich<lb/>
laſſen, und höchſtens einfach getheilten Armen, welche<lb/>
ziemlich kurz ſind. Es gehören zu dieſer Abtheilung die<lb/>
im Muſchelkalke ſo außerordentlich häufigen Seelilien<lb/>
(<hirendition="#aq">Encrinus</hi>) und die Gattung <hirendition="#aq">Apiocrinus</hi>, welche be-<lb/>ſonders an den Korallenbänken des Jura vorkommt.<lb/>
Es ſcheint dieſe Gruppe in der Jetztwelt durch die<lb/>
höchſt eigenthümliche Gattung <hirendition="#aq">Holopus</hi> erſetzt, deren<lb/>
Stiel ſelbſt einen Theil des Körpers ausmacht und<lb/>
zum Theil die Körperorgane beherbergt. Das Thier<lb/>ſoll nur vier Arme haben, iſt übrigens bis jetzt nur<lb/>
durch ein einziges bei Martinique aufgefiſchtes Exem-<lb/>
plar bekannt.</p><lb/><p>Die <choice><sic>drittte</sic><corr>dritte</corr></choice> Familie der Seelilien, die <hirendition="#b">Haarſterne</hi>,<lb/><hirendition="#i">(<hirendition="#aq">Comatulida</hi>)</hi> iſt aus Thieren gebildet, welche im er-<lb/>
wachſenen Alter vollkommen frei ſind und häufig<lb/>
noch jetzt in unſeren Meeren vorkommen. Die Haar-<lb/>ſterne haben einen abgeplatteten Körper, deſſen Rük-<lb/>
kenfläche aus einzelnen Täfelchen zuſammengeſetzt iſt<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[156/0162]
Barte einer Feder ähnlich ſieht. Es kömmt dieſe Familie nur in den
älteren Schichten, aber hier auch äußerſt zahlreich vor; ſie wird er-
ſetzt in den juraſſiſchen Meeren durch die Gruppe der Pentacriniden,
welche ſich durch die feſte Verbindung ihrer Kelchplatten und durch die
Einlenkung ihrer Arme auszeichnet, die auf beſonderen, dem Stiele
aufſitzenden Stücken angeheftet ſind. Der Stiel iſt fünfeckig, zeigt
meiſtens viele Seitenausläufer und Ranken und an ſeinen einzelnen
Stücken ſehr complicirte Gelenkflächen, die fünfblättrige Figuren dar-
ſtellen. Der becherförmige Körper iſt einigermaßen zwiſchen dem Grunde
der Arme verborgen. Man hat berechnet, daß das Skelett eines ein-
zigen Thieres, bei der ungemeinen Verzweigung der Arme und
der zahlreichen Federchen, aus mehr als 150,000 einzelnen Kalk-
ſtücken zuſammengeſetzt iſt. Zu der Gattung Pentacrinus gehört
die jetzt lebende Art. Eine andere ſehr ausgezeichnete Gruppe,
die ebenfalls erſt nach den Uebergangsgebirgen auftritt und in
dem Muſchelkalke durch eine Gattung repräſentirt iſt, äußerſt zahl-
reich die juraſſiſchen Korallenbänke bewohnt und in der Kreide nur
noch ſpurweiſe erſcheint, iſt die der Apiocriniden, mit langem, meiſt
rundem Stiel, deſſen Täfelchen ſtrahlig gerippt ſind, ohne Seitenran-
[Abbildung Fig. 144.
Encrinus liliiformis
aus dem Muſchelkalke.
a der Stiel; b der aus
Platten zuſammenge-
fügte Körper; c die
Arme; d die getheilten
aus unzähligen Stück-
chen zuſammengeſetz-
ten Aeſte derſelben.]
ken, mit dickem Körper, deſſen einzelne Stücke äußerſt
ſolid ſind und nur einen geringen Raum zwiſchen ſich
laſſen, und höchſtens einfach getheilten Armen, welche
ziemlich kurz ſind. Es gehören zu dieſer Abtheilung die
im Muſchelkalke ſo außerordentlich häufigen Seelilien
(Encrinus) und die Gattung Apiocrinus, welche be-
ſonders an den Korallenbänken des Jura vorkommt.
Es ſcheint dieſe Gruppe in der Jetztwelt durch die
höchſt eigenthümliche Gattung Holopus erſetzt, deren
Stiel ſelbſt einen Theil des Körpers ausmacht und
zum Theil die Körperorgane beherbergt. Das Thier
ſoll nur vier Arme haben, iſt übrigens bis jetzt nur
durch ein einziges bei Martinique aufgefiſchtes Exem-
plar bekannt.
Die dritte Familie der Seelilien, die Haarſterne,
(Comatulida) iſt aus Thieren gebildet, welche im er-
wachſenen Alter vollkommen frei ſind und häufig
noch jetzt in unſeren Meeren vorkommen. Die Haar-
ſterne haben einen abgeplatteten Körper, deſſen Rük-
kenfläche aus einzelnen Täfelchen zuſammengeſetzt iſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/162>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.