meistens baumartig verästelt sich zeigt. In den meisten Fällen aber und namentlich bei den im Meere lebenden Moosthieren sind die Zellen kalkiger Natur und wiederholen dann namentlich die Formen der Or- gelkorallen, der Seekorke und der Rindenkorallen. Gewöhnlich bleiben die bald eiförmigen, bald in Gestalt von Röhren gedehnten Zellen soweit frei und unabhängig, als der eigentliche Körper des Thieres reicht. Nur bei einzelnen Gattungen sind sie in ähnlicher Weise, wie viele Stöcke ächter Polypen, durch eine Zwischenmasse mit einander verbunden. Es finden sich indeß in diesen Zellen niemals Strahlen oder innere Scheidewände, ähnlich denen, welche in den Korallen vorkommen und in vielen Fällen sieht man außen an denselben Spi- tzen, Stacheln und Hörner, welche ganz constant sind, sehr wohl zur Unterscheidung der Arten benutzt werden können und die den Korallen stets fehlen. Bei einer Familie können sogar die Zellen beim Rück- zuge des Thieres durch einen klappenartigen beweglichen Deckel ge- schlossen werden, während bei denen, welche in lederartigen Zellen stecken, bei dem Rückzuge des Thieres der vordere Theil der Zelle sich selbst mit einstülpt und so der vollständige Schluß bewerkstelligt wird. Die Zelle selbst ist stets von der Haut des Thieres in der Weise aus- gekleidet, daß dieses gewissermaßen einen doppelten Sack bildet, wo- durch eine eigene Leibeshöhle hergestellt wird, welche mit den Fangarmen im Zusammenhange steht und in der der Darmkanal frei aufgehängt erscheint.
Da alle Moosthiere ohne Ausnahme zusammengesetzte Kolonieen bilden, so kann von eigentlichen Ortsbewegungen keine Rede sein. Doch hat man bei einigen Süßwassermoosthieren, deren zusammenge- setzter Polypenstock nicht festgewachsen ist, ein sehr langsames Fort- gleiten des ganzen Stockes beobachtet. Die Bewegungen der übrigen Moosthiere beschränken sich auf das Ausbreiten ihrer Fang- arme, sowie auf das Entfalten und das Zurückziehen ihres Körpers in die Zelle. Zu diesem letztern Zwecke sind wohlausgebildete Muskel- bündel vorhanden, welche an verschiedenen Stellen der die Zelle aus- kleidenden Leibeswandung entspringen und sich meistens am Halse in der Nähe des Fühlerkranzes festsetzen. Die Gegenwart dieser Muskeln, welche man sowohl im zusammengezogenen als im ausgedehnten Zu- stande der Polypen sehr leicht sieht, unterscheidet auf den ersten Blick die Moosthiere von den eigentlichen Polypen.
Bei einigen im Meere lebenden Gattungen (Cellularia, Bicellaria, Flustra, Telegraphina) hat man höchst eigenthümliche Organe entdeckt,
meiſtens baumartig veräſtelt ſich zeigt. In den meiſten Fällen aber und namentlich bei den im Meere lebenden Moosthieren ſind die Zellen kalkiger Natur und wiederholen dann namentlich die Formen der Or- gelkorallen, der Seekorke und der Rindenkorallen. Gewöhnlich bleiben die bald eiförmigen, bald in Geſtalt von Röhren gedehnten Zellen ſoweit frei und unabhängig, als der eigentliche Körper des Thieres reicht. Nur bei einzelnen Gattungen ſind ſie in ähnlicher Weiſe, wie viele Stöcke ächter Polypen, durch eine Zwiſchenmaſſe mit einander verbunden. Es finden ſich indeß in dieſen Zellen niemals Strahlen oder innere Scheidewände, ähnlich denen, welche in den Korallen vorkommen und in vielen Fällen ſieht man außen an denſelben Spi- tzen, Stacheln und Hörner, welche ganz conſtant ſind, ſehr wohl zur Unterſcheidung der Arten benutzt werden können und die den Korallen ſtets fehlen. Bei einer Familie können ſogar die Zellen beim Rück- zuge des Thieres durch einen klappenartigen beweglichen Deckel ge- ſchloſſen werden, während bei denen, welche in lederartigen Zellen ſtecken, bei dem Rückzuge des Thieres der vordere Theil der Zelle ſich ſelbſt mit einſtülpt und ſo der vollſtändige Schluß bewerkſtelligt wird. Die Zelle ſelbſt iſt ſtets von der Haut des Thieres in der Weiſe aus- gekleidet, daß dieſes gewiſſermaßen einen doppelten Sack bildet, wo- durch eine eigene Leibeshöhle hergeſtellt wird, welche mit den Fangarmen im Zuſammenhange ſteht und in der der Darmkanal frei aufgehängt erſcheint.
Da alle Moosthiere ohne Ausnahme zuſammengeſetzte Kolonieen bilden, ſo kann von eigentlichen Ortsbewegungen keine Rede ſein. Doch hat man bei einigen Süßwaſſermoosthieren, deren zuſammenge- ſetzter Polypenſtock nicht feſtgewachſen iſt, ein ſehr langſames Fort- gleiten des ganzen Stockes beobachtet. Die Bewegungen der übrigen Moosthiere beſchränken ſich auf das Ausbreiten ihrer Fang- arme, ſowie auf das Entfalten und das Zurückziehen ihres Körpers in die Zelle. Zu dieſem letztern Zwecke ſind wohlausgebildete Muskel- bündel vorhanden, welche an verſchiedenen Stellen der die Zelle aus- kleidenden Leibeswandung entſpringen und ſich meiſtens am Halſe in der Nähe des Fühlerkranzes feſtſetzen. Die Gegenwart dieſer Muskeln, welche man ſowohl im zuſammengezogenen als im ausgedehnten Zu- ſtande der Polypen ſehr leicht ſieht, unterſcheidet auf den erſten Blick die Moosthiere von den eigentlichen Polypen.
Bei einigen im Meere lebenden Gattungen (Cellularia, Bicellaria, Flustra, Telegraphina) hat man höchſt eigenthümliche Organe entdeckt,
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meiſtens baumartig veräſtelt ſich zeigt. In den meiſten Fällen aber und
namentlich bei den im Meere lebenden Moosthieren ſind die Zellen
kalkiger Natur und wiederholen dann namentlich die Formen der Or-
gelkorallen, der Seekorke und der Rindenkorallen. Gewöhnlich bleiben
die bald eiförmigen, bald in Geſtalt von Röhren gedehnten Zellen
ſoweit frei und unabhängig, als der eigentliche Körper des Thieres
reicht. Nur bei einzelnen Gattungen ſind ſie in ähnlicher Weiſe, wie
viele Stöcke ächter Polypen, durch eine Zwiſchenmaſſe mit einander
verbunden. Es finden ſich indeß in dieſen Zellen niemals Strahlen
oder innere Scheidewände, ähnlich denen, welche in den Korallen
vorkommen und in vielen Fällen ſieht man außen an denſelben Spi-
tzen, Stacheln und Hörner, welche ganz conſtant ſind, ſehr wohl zur
Unterſcheidung der Arten benutzt werden können und die den Korallen
ſtets fehlen. Bei einer Familie können ſogar die Zellen beim Rück-
zuge des Thieres durch einen klappenartigen beweglichen Deckel ge-
ſchloſſen werden, während bei denen, welche in lederartigen Zellen
ſtecken, bei dem Rückzuge des Thieres der vordere Theil der Zelle ſich
ſelbſt mit einſtülpt und ſo der vollſtändige Schluß bewerkſtelligt wird.
Die Zelle ſelbſt iſt ſtets von der Haut des Thieres in der Weiſe aus-
gekleidet, daß dieſes gewiſſermaßen einen doppelten Sack bildet, wo-
durch eine eigene Leibeshöhle hergeſtellt wird, welche mit den Fangarmen
im Zuſammenhange ſteht und in der der Darmkanal frei aufgehängt
erſcheint.
Da alle Moosthiere ohne Ausnahme zuſammengeſetzte Kolonieen
bilden, ſo kann von eigentlichen Ortsbewegungen keine Rede ſein.
Doch hat man bei einigen Süßwaſſermoosthieren, deren zuſammenge-
ſetzter Polypenſtock nicht feſtgewachſen iſt, ein ſehr langſames Fort-
gleiten des ganzen Stockes beobachtet. Die Bewegungen der
übrigen Moosthiere beſchränken ſich auf das Ausbreiten ihrer Fang-
arme, ſowie auf das Entfalten und das Zurückziehen ihres Körpers
in die Zelle. Zu dieſem letztern Zwecke ſind wohlausgebildete Muskel-
bündel vorhanden, welche an verſchiedenen Stellen der die Zelle aus-
kleidenden Leibeswandung entſpringen und ſich meiſtens am Halſe in
der Nähe des Fühlerkranzes feſtſetzen. Die Gegenwart dieſer Muskeln,
welche man ſowohl im zuſammengezogenen als im ausgedehnten Zu-
ſtande der Polypen ſehr leicht ſieht, unterſcheidet auf den erſten Blick
die Moosthiere von den eigentlichen Polypen.
Bei einigen im Meere lebenden Gattungen (Cellularia, Bicellaria,
Flustra, Telegraphina) hat man höchſt eigenthümliche Organe entdeckt,
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/254>, abgerufen am 23.12.2024.
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