deren Bedeutung noch durchaus unbekannt ist. Es sind Zangen oder Greiforgane, die einem Vogelkopfe nicht unähnlich sehen (siehe Fig. 260. Cellularia) indem sie einen starken oberen und einen dünnen unteren Zangenarm besitzen. Bei einigen Gattungen haben diese Vogelkopf- organe einen besonderen Stiel, bei anderen nicht. Diese Organe sind in beständiger, pendelartig schwingender Bewegung, während zugleich die Zange von Zeit zu Zeit geöffnet und geschlossen wird, was durch deutliche Muskelbündel geschieht. Offenbar sind diese Vogelkopforgane analog den Pedicellarien der Stachelhäuter. Die Bewegungen dauern noch lange nach dem Tode des Moosthierchens fort. Bei der Gat- tung Telegraphina finden sich statt dieser Vogelkopforgane lange steife Fäden am Rande der Zelle, die ebenfalls in steter schwingender Be- wegung sind.
Der Nervenknoten, welcher bei vielen Moosthieren erkannt ist, liegt in unmittelbarer Nähe des Mundes auf der Rückenfläche, zwischen diesem und dem After. Er ist sehr klein und scheint bei eini- gen aus zwei seitlichen Hälften zusammengesetzt. Augen oder Ohren- bläschen fehlen durchaus. Die Flecken, welche man bei einigen Gat- tungen als Augen gedeutet hat, sind keine Sehwerkzeuge.
An dem Vorderende der Körpers befindet sich bei allen Moos- thierchen ein Kreis lebhaft flimmernder Fangfäden, deren jeder eine hohle, mit der Leibeshöhle in Verbindung stehende Röhre darstellt, in welcher durch innere Wimperbewegung die Flüssigkeit, welche die Lei- beshöhle erfüllt, auf- und niedergetrieben wird. Der Strudel, den die äußeren, auf diesen Fangarmen befindlichen Wimpern im Wasser erregen, treibt die Nahrungsstoffe, kleine Thierchen u. s. w. im Grunde des Fühlerkranzes zusammen und nach dem dort befindlichen Munde hin. Es sind also diese Fühler wesentlich zum Haschen der Nahrung bestimmt, wenn sie auch nebenbei durch das stete Wechseln des Was- sers auf der Oberfläche, mittelst der Flimmerströmung, als Athem- werkzeuge dienen können, die im Uebrigen den Moosthierchen ganz abgehen. Zwischen diesen Fangfäden, welche bald einfach in einem Kreise stehen, bald auch von zwei seitlich angebrachten Armen getragen werden, befindet sich der Mund, der meist in eine weite flimmernde Mundhöhle und von da in einen muskulösen, oft kuglich verdickten Schlund führt. Der Magen liegt im Grunde der Leibeshöhle und stellt einen meist bündelartigen Sack dar, der sich nach vorn in einen Darm fortsetzt, welcher sich in einem an dem vorderen Ende außer
deren Bedeutung noch durchaus unbekannt iſt. Es ſind Zangen oder Greiforgane, die einem Vogelkopfe nicht unähnlich ſehen (ſiehe Fig. 260. Cellularia) indem ſie einen ſtarken oberen und einen dünnen unteren Zangenarm beſitzen. Bei einigen Gattungen haben dieſe Vogelkopf- organe einen beſonderen Stiel, bei anderen nicht. Dieſe Organe ſind in beſtändiger, pendelartig ſchwingender Bewegung, während zugleich die Zange von Zeit zu Zeit geöffnet und geſchloſſen wird, was durch deutliche Muskelbündel geſchieht. Offenbar ſind dieſe Vogelkopforgane analog den Pedicellarien der Stachelhäuter. Die Bewegungen dauern noch lange nach dem Tode des Moosthierchens fort. Bei der Gat- tung Telegraphina finden ſich ſtatt dieſer Vogelkopforgane lange ſteife Fäden am Rande der Zelle, die ebenfalls in ſteter ſchwingender Be- wegung ſind.
Der Nervenknoten, welcher bei vielen Moosthieren erkannt iſt, liegt in unmittelbarer Nähe des Mundes auf der Rückenfläche, zwiſchen dieſem und dem After. Er iſt ſehr klein und ſcheint bei eini- gen aus zwei ſeitlichen Hälften zuſammengeſetzt. Augen oder Ohren- bläschen fehlen durchaus. Die Flecken, welche man bei einigen Gat- tungen als Augen gedeutet hat, ſind keine Sehwerkzeuge.
An dem Vorderende der Körpers befindet ſich bei allen Moos- thierchen ein Kreis lebhaft flimmernder Fangfäden, deren jeder eine hohle, mit der Leibeshöhle in Verbindung ſtehende Röhre darſtellt, in welcher durch innere Wimperbewegung die Flüſſigkeit, welche die Lei- beshöhle erfüllt, auf- und niedergetrieben wird. Der Strudel, den die äußeren, auf dieſen Fangarmen befindlichen Wimpern im Waſſer erregen, treibt die Nahrungsſtoffe, kleine Thierchen u. ſ. w. im Grunde des Fühlerkranzes zuſammen und nach dem dort befindlichen Munde hin. Es ſind alſo dieſe Fühler weſentlich zum Haſchen der Nahrung beſtimmt, wenn ſie auch nebenbei durch das ſtete Wechſeln des Waſ- ſers auf der Oberfläche, mittelſt der Flimmerſtrömung, als Athem- werkzeuge dienen können, die im Uebrigen den Moosthierchen ganz abgehen. Zwiſchen dieſen Fangfäden, welche bald einfach in einem Kreiſe ſtehen, bald auch von zwei ſeitlich angebrachten Armen getragen werden, befindet ſich der Mund, der meiſt in eine weite flimmernde Mundhöhle und von da in einen muskulöſen, oft kuglich verdickten Schlund führt. Der Magen liegt im Grunde der Leibeshöhle und ſtellt einen meiſt bündelartigen Sack dar, der ſich nach vorn in einen Darm fortſetzt, welcher ſich in einem an dem vorderen Ende außer
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deren Bedeutung noch durchaus unbekannt iſt. Es ſind Zangen oder
Greiforgane, die einem Vogelkopfe nicht unähnlich ſehen (ſiehe Fig. 260.
Cellularia) indem ſie einen ſtarken oberen und einen dünnen unteren
Zangenarm beſitzen. Bei einigen Gattungen haben dieſe Vogelkopf-
organe einen beſonderen Stiel, bei anderen nicht. Dieſe Organe ſind
in beſtändiger, pendelartig ſchwingender Bewegung, während zugleich
die Zange von Zeit zu Zeit geöffnet und geſchloſſen wird, was durch
deutliche Muskelbündel geſchieht. Offenbar ſind dieſe Vogelkopforgane
analog den Pedicellarien der Stachelhäuter. Die Bewegungen dauern
noch lange nach dem Tode des Moosthierchens fort. Bei der Gat-
tung Telegraphina finden ſich ſtatt dieſer Vogelkopforgane lange ſteife
Fäden am Rande der Zelle, die ebenfalls in ſteter ſchwingender Be-
wegung ſind.
Der Nervenknoten, welcher bei vielen Moosthieren erkannt
iſt, liegt in unmittelbarer Nähe des Mundes auf der Rückenfläche,
zwiſchen dieſem und dem After. Er iſt ſehr klein und ſcheint bei eini-
gen aus zwei ſeitlichen Hälften zuſammengeſetzt. Augen oder Ohren-
bläschen fehlen durchaus. Die Flecken, welche man bei einigen Gat-
tungen als Augen gedeutet hat, ſind keine Sehwerkzeuge.
An dem Vorderende der Körpers befindet ſich bei allen Moos-
thierchen ein Kreis lebhaft flimmernder Fangfäden, deren jeder eine
hohle, mit der Leibeshöhle in Verbindung ſtehende Röhre darſtellt, in
welcher durch innere Wimperbewegung die Flüſſigkeit, welche die Lei-
beshöhle erfüllt, auf- und niedergetrieben wird. Der Strudel, den
die äußeren, auf dieſen Fangarmen befindlichen Wimpern im Waſſer
erregen, treibt die Nahrungsſtoffe, kleine Thierchen u. ſ. w. im Grunde
des Fühlerkranzes zuſammen und nach dem dort befindlichen Munde
hin. Es ſind alſo dieſe Fühler weſentlich zum Haſchen der Nahrung
beſtimmt, wenn ſie auch nebenbei durch das ſtete Wechſeln des Waſ-
ſers auf der Oberfläche, mittelſt der Flimmerſtrömung, als Athem-
werkzeuge dienen können, die im Uebrigen den Moosthierchen ganz
abgehen. Zwiſchen dieſen Fangfäden, welche bald einfach in einem
Kreiſe ſtehen, bald auch von zwei ſeitlich angebrachten Armen getragen
werden, befindet ſich der Mund, der meiſt in eine weite flimmernde
Mundhöhle und von da in einen muskulöſen, oft kuglich verdickten
Schlund führt. Der Magen liegt im Grunde der Leibeshöhle und
ſtellt einen meiſt bündelartigen Sack dar, der ſich nach vorn in einen
Darm fortſetzt, welcher ſich in einem an dem vorderen Ende außer
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/255>, abgerufen am 23.12.2024.
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