Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

[Abbildung] Fig. 260.

Cellularia.
Zwei Zellen von Cellularia
avicularia
mit den daran be-
findlichen Vogelkopf-Organen,
von welchen das obere geschlos-
sen, das untere geöffnet ist. a
Der Fühlerkranz; bei dem un-
teren Thiere in die Zelle zurück-
gezogen. b Hornartige Ver-
längerungen und Spitzen der
Zellen. c Schlund. d Magen.
e Darm. f Vogelkopforgane.

Wir theilen die Klasse nach der Stel-
lung der Fühler in zwei Ordnungen. Bei
den Kreiswirblern (Stelmalopoda)
stehen die Fühler in einem Kreise um den
Mund herum. Alle Gattungen, welche zu
dieser Ordnung gehören, bewohnen das
Meer. Es sind die Einzigen, welche theil-
weise kalkige Gehäuse haben und deßhalb
im fossilen Zustande gefunden werden. Hier-
nach, sowie nach der Beschaffenheit der Zel-
len kann man vier Familien unterscheiden.
Die Familie der Tausendwirbler (Millepo-
rida
)
zeigt kalkige, meist fingerartig oder
baumförmig verästelte Polypenstöcke, bei wel-
chen die einfach runden Zellen durch eine
Verbindungsmasse so zusammen verschmolzen
sind, daß höchstens ein Theil ihrer vordern
Mündung frei auf der Oberfläche erscheint.
Die Thiere selbst sind nur sehr unvollstän-
dig gekannt, scheinen sich aber durch ihre
langen Fühler besonders auszuzeichnen. Mille-
pora; Retepora
.

In der Familie der Röhrenwirbler
(Tubuliporida) erscheinen die runden, röhren-
förmigen Zellen, die ebenfalls kalkiger Natur
sind, fast gänzlich frei und nur an ihrem
hinteren Ende in die allgemeine Masse ein-
gegossen. Sie finden sich jetzt besonders in
südlichen Meeren und die verschiedenen Gat-
tungen dieser Familie sind in allen Schichten
der Erde von den ältesten an vorgefunden wor-
den. Tubulipora; Cellularia; Crisia; Hornera.

Man unterscheidet von ihnen sehr leicht die Familie der Krusten-
wirbler
(Escharida), deren meist bauchige oder eiförmige Zellen mit
einem beweglichen Deckel verschlossen werden, sobald sich das Thier
zurückzieht. Die Gattungen, welche zu dieser Familie gehören, kom-
men sehr häufig, sowohl in unsern jetzigen Meeren als auch in frü-
heren Schichten vor und bilden meist dünne kalkige Ueberzüge, welche
sehr feine, mit verschiedenartigen Auswüchsen gezierte Zellen zeigen.


[Abbildung] Fig. 260.

Cellularia.
Zwei Zellen von Cellularia
avicularia
mit den daran be-
findlichen Vogelkopf-Organen,
von welchen das obere geſchloſ-
ſen, das untere geöffnet iſt. a
Der Fühlerkranz; bei dem un-
teren Thiere in die Zelle zurück-
gezogen. b Hornartige Ver-
längerungen und Spitzen der
Zellen. c Schlund. d Magen.
e Darm. f Vogelkopforgane.

Wir theilen die Klaſſe nach der Stel-
lung der Fühler in zwei Ordnungen. Bei
den Kreiswirblern (Stelmalopoda)
ſtehen die Fühler in einem Kreiſe um den
Mund herum. Alle Gattungen, welche zu
dieſer Ordnung gehören, bewohnen das
Meer. Es ſind die Einzigen, welche theil-
weiſe kalkige Gehäuſe haben und deßhalb
im foſſilen Zuſtande gefunden werden. Hier-
nach, ſowie nach der Beſchaffenheit der Zel-
len kann man vier Familien unterſcheiden.
Die Familie der Tauſendwirbler (Millepo-
rida
)
zeigt kalkige, meiſt fingerartig oder
baumförmig veräſtelte Polypenſtöcke, bei wel-
chen die einfach runden Zellen durch eine
Verbindungsmaſſe ſo zuſammen verſchmolzen
ſind, daß höchſtens ein Theil ihrer vordern
Mündung frei auf der Oberfläche erſcheint.
Die Thiere ſelbſt ſind nur ſehr unvollſtän-
dig gekannt, ſcheinen ſich aber durch ihre
langen Fühler beſonders auszuzeichnen. Mille-
pora; Retepora
.

In der Familie der Röhrenwirbler
(Tubuliporida) erſcheinen die runden, röhren-
förmigen Zellen, die ebenfalls kalkiger Natur
ſind, faſt gänzlich frei und nur an ihrem
hinteren Ende in die allgemeine Maſſe ein-
gegoſſen. Sie finden ſich jetzt beſonders in
ſüdlichen Meeren und die verſchiedenen Gat-
tungen dieſer Familie ſind in allen Schichten
der Erde von den älteſten an vorgefunden wor-
den. Tubulipora; Cellularia; Crisia; Hornera.

Man unterſcheidet von ihnen ſehr leicht die Familie der Kruſten-
wirbler
(Escharida), deren meiſt bauchige oder eiförmige Zellen mit
einem beweglichen Deckel verſchloſſen werden, ſobald ſich das Thier
zurückzieht. Die Gattungen, welche zu dieſer Familie gehören, kom-
men ſehr häufig, ſowohl in unſern jetzigen Meeren als auch in frü-
heren Schichten vor und bilden meiſt dünne kalkige Ueberzüge, welche
ſehr feine, mit verſchiedenartigen Auswüchſen gezierte Zellen zeigen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0258" n="252"/>
          <figure>
            <head>Fig. 260. </head>
            <p><hi rendition="#aq">Cellularia</hi>.<lb/>
Zwei Zellen von <hi rendition="#aq">Cellularia<lb/>
avicularia</hi> mit den daran be-<lb/>
findlichen Vogelkopf-Organen,<lb/>
von welchen das obere ge&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, das untere geöffnet i&#x017F;t. <hi rendition="#aq">a</hi><lb/>
Der Fühlerkranz; bei dem un-<lb/>
teren Thiere in die Zelle zurück-<lb/>
gezogen. <hi rendition="#aq">b</hi> Hornartige Ver-<lb/>
längerungen und Spitzen der<lb/>
Zellen. <hi rendition="#aq">c</hi> Schlund. <hi rendition="#aq">d</hi> Magen.<lb/><hi rendition="#aq">e</hi> Darm. <hi rendition="#aq">f</hi> Vogelkopforgane.</p>
          </figure><lb/>
          <p>Wir theilen die Kla&#x017F;&#x017F;e nach der Stel-<lb/>
lung der Fühler in zwei Ordnungen. Bei<lb/>
den <hi rendition="#b">Kreiswirblern <hi rendition="#aq">(Stelmalopoda)</hi></hi><lb/>
&#x017F;tehen die Fühler in einem Krei&#x017F;e um den<lb/>
Mund herum. Alle Gattungen, welche zu<lb/>
die&#x017F;er Ordnung gehören, bewohnen das<lb/>
Meer. Es &#x017F;ind die Einzigen, welche theil-<lb/>
wei&#x017F;e kalkige Gehäu&#x017F;e haben und deßhalb<lb/>
im fo&#x017F;&#x017F;ilen Zu&#x017F;tande gefunden werden. Hier-<lb/>
nach, &#x017F;owie nach der Be&#x017F;chaffenheit der Zel-<lb/>
len kann man vier Familien unter&#x017F;cheiden.<lb/>
Die Familie der <hi rendition="#b">Tau&#x017F;endwirbler</hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Millepo-<lb/>
rida</hi>)</hi> zeigt kalkige, mei&#x017F;t fingerartig oder<lb/>
baumförmig verä&#x017F;telte Polypen&#x017F;töcke, bei wel-<lb/>
chen die einfach runden Zellen durch eine<lb/>
Verbindungsma&#x017F;&#x017F;e &#x017F;o zu&#x017F;ammen ver&#x017F;chmolzen<lb/>
&#x017F;ind, daß höch&#x017F;tens ein Theil ihrer vordern<lb/>
Mündung frei auf der Oberfläche er&#x017F;cheint.<lb/>
Die Thiere &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ind nur &#x017F;ehr unvoll&#x017F;tän-<lb/>
dig gekannt, &#x017F;cheinen &#x017F;ich aber durch ihre<lb/>
langen Fühler be&#x017F;onders auszuzeichnen. <hi rendition="#aq">Mille-<lb/>
pora; Retepora</hi>.</p><lb/>
          <p>In der Familie der <hi rendition="#b">Röhrenwirbler</hi><lb/>
(<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Tubuliporida</hi>)</hi> er&#x017F;cheinen die runden, röhren-<lb/>
förmigen Zellen, die ebenfalls kalkiger Natur<lb/>
&#x017F;ind, fa&#x017F;t gänzlich frei und nur an ihrem<lb/>
hinteren Ende in die allgemeine Ma&#x017F;&#x017F;e ein-<lb/>
gego&#x017F;&#x017F;en. Sie finden &#x017F;ich jetzt be&#x017F;onders in<lb/>
&#x017F;üdlichen Meeren und die ver&#x017F;chiedenen Gat-<lb/>
tungen die&#x017F;er Familie &#x017F;ind in allen Schichten<lb/>
der Erde von den älte&#x017F;ten an vorgefunden wor-<lb/>
den. <hi rendition="#aq">Tubulipora; Cellularia; Crisia; Hornera</hi>.</p><lb/>
          <p>Man unter&#x017F;cheidet von ihnen &#x017F;ehr leicht die Familie der <hi rendition="#b">Kru&#x017F;ten-<lb/>
wirbler</hi> <hi rendition="#i">(<hi rendition="#aq">Escharida</hi>)</hi>, deren mei&#x017F;t bauchige oder eiförmige Zellen mit<lb/>
einem beweglichen Deckel ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden, &#x017F;obald &#x017F;ich das Thier<lb/>
zurückzieht. Die Gattungen, welche zu die&#x017F;er Familie gehören, kom-<lb/>
men &#x017F;ehr häufig, &#x017F;owohl in un&#x017F;ern jetzigen Meeren als auch in frü-<lb/>
heren Schichten vor und bilden mei&#x017F;t dünne kalkige Ueberzüge, welche<lb/>
&#x017F;ehr feine, mit ver&#x017F;chiedenartigen Auswüch&#x017F;en gezierte Zellen zeigen.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0258] [Abbildung Fig. 260. Cellularia. Zwei Zellen von Cellularia avicularia mit den daran be- findlichen Vogelkopf-Organen, von welchen das obere geſchloſ- ſen, das untere geöffnet iſt. a Der Fühlerkranz; bei dem un- teren Thiere in die Zelle zurück- gezogen. b Hornartige Ver- längerungen und Spitzen der Zellen. c Schlund. d Magen. e Darm. f Vogelkopforgane. ] Wir theilen die Klaſſe nach der Stel- lung der Fühler in zwei Ordnungen. Bei den Kreiswirblern (Stelmalopoda) ſtehen die Fühler in einem Kreiſe um den Mund herum. Alle Gattungen, welche zu dieſer Ordnung gehören, bewohnen das Meer. Es ſind die Einzigen, welche theil- weiſe kalkige Gehäuſe haben und deßhalb im foſſilen Zuſtande gefunden werden. Hier- nach, ſowie nach der Beſchaffenheit der Zel- len kann man vier Familien unterſcheiden. Die Familie der Tauſendwirbler (Millepo- rida) zeigt kalkige, meiſt fingerartig oder baumförmig veräſtelte Polypenſtöcke, bei wel- chen die einfach runden Zellen durch eine Verbindungsmaſſe ſo zuſammen verſchmolzen ſind, daß höchſtens ein Theil ihrer vordern Mündung frei auf der Oberfläche erſcheint. Die Thiere ſelbſt ſind nur ſehr unvollſtän- dig gekannt, ſcheinen ſich aber durch ihre langen Fühler beſonders auszuzeichnen. Mille- pora; Retepora. In der Familie der Röhrenwirbler (Tubuliporida) erſcheinen die runden, röhren- förmigen Zellen, die ebenfalls kalkiger Natur ſind, faſt gänzlich frei und nur an ihrem hinteren Ende in die allgemeine Maſſe ein- gegoſſen. Sie finden ſich jetzt beſonders in ſüdlichen Meeren und die verſchiedenen Gat- tungen dieſer Familie ſind in allen Schichten der Erde von den älteſten an vorgefunden wor- den. Tubulipora; Cellularia; Crisia; Hornera. Man unterſcheidet von ihnen ſehr leicht die Familie der Kruſten- wirbler (Escharida), deren meiſt bauchige oder eiförmige Zellen mit einem beweglichen Deckel verſchloſſen werden, ſobald ſich das Thier zurückzieht. Die Gattungen, welche zu dieſer Familie gehören, kom- men ſehr häufig, ſowohl in unſern jetzigen Meeren als auch in frü- heren Schichten vor und bilden meiſt dünne kalkige Ueberzüge, welche ſehr feine, mit verſchiedenartigen Auswüchſen gezierte Zellen zeigen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/258
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/258>, abgerufen am 20.05.2024.