Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Verdauungswerkzeuge der Rippenquallen sind äußerst

[Abbildung] Fig. 262. 262a.
Fig. 262b.

Der Venusgürtel (Cestum Veneris).
Fig. 262 das Thier schwimmend, mit ausgestreckten
Fangarmen, stark verkleinert. (Es wird bis 4 Fuß breit.)
Man sieht die oberen und unteren Schwimmplattenreihen,
die mittleren Wassergefäße, den Nervenknoten. Fig. 262b
einige Schwimmplättchen, vergrößert. Fig. 262a senk-
rechter Querdurchschnitt des Thieres, mitten durch den
Magen geführt, in natürlicher Größe. In allen Figu-
ren bezeichnen dieselben Buchstaben dieselben Organe.
a Mund. b Fangfäden (bei Fig. 262 a in ihre Scheiden
zurückgezogen. c Magen. d Trichter. e Nervenknoten.
f vordere, g hintere Schwimmplättchen. h mittlere Was-
sergefäße.

einfach. Der Mund be-
findet sich in der Axe des
Körpers und führt ent-
weder unmittelbar oder
durch eine längere Ver-
engerung in eine weitere
Höhle, den Magen, wel-
cher nach hinten zu sich
wieder verengert und
durch zwei seitliche Spal-
ten in eine trichterför-
mige Höhle ausmündet,
welche zugleich zur Auf-
nahme des Wassers be-
stimmt ist. Bei den mei-
sten Rippenquallen ist der
Mund mit zwei sehr lan-
gen und äußerst contrac-
tilen, verästelten Fang-
fäden
bewaffnet, die
meistens in besonderen
Höhlen oder Scheiden
neben dem Magen lie-
gen und dort sich in be-
ständiger, wurmförmiger Bewegung befinden. Diese Fangarme sind
mit Nessel- und Giftorganen besetzt und werden, wie es scheint, nur
zum Tasten und Umstricken der Beute benutzt.

Ueber dieser trichterförmigen Höhle, auf der Brücke zwischen den
Spaltöffnungen des Magens, liegt der einfache Nervenknoten, von
welchem deutliche Aeste nach allen Seiten strahlen und auf dem ein
Bläschen aufsitzt, in welchem ein Haufen von krystallinischen Kalkkör-
perchen zitternd bewegt wird. Man muß demnach das Bläschen für
ein Rudiment eines Ohrbläschens halten. Sonstige Nerven oder Sin-
nesorgane kommen nicht vor und namentlich kein Schlundring, wie
romantische Beobachter falschen Analogien zu Liebe behauptet haben.
Von dem Trichter aus, worin der Magen mündet, entspringen Ka-
näle, welche besonders längs den Rippen der Schwimmblättchen hin-
laufen und in ihrem Innern Flimmerbewegung zeigen. Sie dienen
wahrscheinlich zur Führung von Wasser, sind meist unverästelt, zeigen

Die Verdauungswerkzeuge der Rippenquallen ſind äußerſt

[Abbildung] Fig. 262. 262a.
Fig. 262b.

Der Venusgürtel (Cestum Veneris).
Fig. 262 das Thier ſchwimmend, mit ausgeſtreckten
Fangarmen, ſtark verkleinert. (Es wird bis 4 Fuß breit.)
Man ſieht die oberen und unteren Schwimmplattenreihen,
die mittleren Waſſergefäße, den Nervenknoten. Fig. 262b
einige Schwimmplättchen, vergrößert. Fig. 262a ſenk-
rechter Querdurchſchnitt des Thieres, mitten durch den
Magen geführt, in natürlicher Größe. In allen Figu-
ren bezeichnen dieſelben Buchſtaben dieſelben Organe.
a Mund. b Fangfäden (bei Fig. 262 a in ihre Scheiden
zurückgezogen. c Magen. d Trichter. e Nervenknoten.
f vordere, g hintere Schwimmplättchen. h mittlere Waſ-
ſergefäße.

einfach. Der Mund be-
findet ſich in der Axe des
Körpers und führt ent-
weder unmittelbar oder
durch eine längere Ver-
engerung in eine weitere
Höhle, den Magen, wel-
cher nach hinten zu ſich
wieder verengert und
durch zwei ſeitliche Spal-
ten in eine trichterför-
mige Höhle ausmündet,
welche zugleich zur Auf-
nahme des Waſſers be-
ſtimmt iſt. Bei den mei-
ſten Rippenquallen iſt der
Mund mit zwei ſehr lan-
gen und äußerſt contrac-
tilen, veräſtelten Fang-
fäden
bewaffnet, die
meiſtens in beſonderen
Höhlen oder Scheiden
neben dem Magen lie-
gen und dort ſich in be-
ſtändiger, wurmförmiger Bewegung befinden. Dieſe Fangarme ſind
mit Neſſel- und Giftorganen beſetzt und werden, wie es ſcheint, nur
zum Taſten und Umſtricken der Beute benutzt.

Ueber dieſer trichterförmigen Höhle, auf der Brücke zwiſchen den
Spaltöffnungen des Magens, liegt der einfache Nervenknoten, von
welchem deutliche Aeſte nach allen Seiten ſtrahlen und auf dem ein
Bläschen aufſitzt, in welchem ein Haufen von kryſtalliniſchen Kalkkör-
perchen zitternd bewegt wird. Man muß demnach das Bläschen für
ein Rudiment eines Ohrbläschens halten. Sonſtige Nerven oder Sin-
nesorgane kommen nicht vor und namentlich kein Schlundring, wie
romantiſche Beobachter falſchen Analogien zu Liebe behauptet haben.
Von dem Trichter aus, worin der Magen mündet, entſpringen Ka-
näle, welche beſonders längs den Rippen der Schwimmblättchen hin-
laufen und in ihrem Innern Flimmerbewegung zeigen. Sie dienen
wahrſcheinlich zur Führung von Waſſer, ſind meiſt unveräſtelt, zeigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0261" n="255"/>
          <p>Die <hi rendition="#g">Verdauungswerkzeuge</hi> der Rippenquallen &#x017F;ind äußer&#x017F;t<lb/><figure><head>Fig. 262. 262<hi rendition="#aq">a.</hi><lb/>
Fig. 262<hi rendition="#aq">b</hi>.</head><lb/><p>Der Venusgürtel <hi rendition="#aq">(Cestum Veneris)</hi>.<lb/>
Fig. 262 das Thier &#x017F;chwimmend, mit <choice><sic>ansge&#x017F;treckten</sic><corr>ausge&#x017F;treckten</corr></choice><lb/>
Fangarmen, &#x017F;tark verkleinert. (Es wird bis 4 Fuß breit.)<lb/>
Man &#x017F;ieht die oberen und unteren Schwimmplattenreihen,<lb/>
die mittleren Wa&#x017F;&#x017F;ergefäße, den Nervenknoten. Fig. 262<hi rendition="#aq">b</hi><lb/>
einige Schwimmplättchen, vergrößert. Fig. 262<hi rendition="#aq">a</hi> &#x017F;enk-<lb/>
rechter Querdurch&#x017F;chnitt des Thieres, mitten durch den<lb/>
Magen geführt, in natürlicher Größe. In allen Figu-<lb/>
ren bezeichnen die&#x017F;elben Buch&#x017F;taben die&#x017F;elben Organe.<lb/><hi rendition="#aq">a</hi> Mund. <hi rendition="#aq">b</hi> Fangfäden (bei Fig. 262 <hi rendition="#aq">a</hi> in ihre Scheiden<lb/>
zurückgezogen. <hi rendition="#aq">c</hi> Magen. <hi rendition="#aq">d</hi> Trichter. <hi rendition="#aq">e</hi> Nervenknoten.<lb/><hi rendition="#aq">f</hi> vordere, <hi rendition="#aq">g</hi> hintere Schwimmplättchen. <hi rendition="#aq">h</hi> mittlere Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ergefäße.</p></figure><lb/>
einfach. Der Mund be-<lb/>
findet &#x017F;ich in der Axe des<lb/>
Körpers und führt ent-<lb/>
weder unmittelbar oder<lb/>
durch eine längere Ver-<lb/>
engerung in eine weitere<lb/>
Höhle, den Magen, wel-<lb/>
cher nach hinten zu &#x017F;ich<lb/>
wieder verengert und<lb/>
durch zwei &#x017F;eitliche Spal-<lb/>
ten in eine trichterför-<lb/>
mige Höhle ausmündet,<lb/>
welche zugleich zur Auf-<lb/>
nahme des Wa&#x017F;&#x017F;ers be-<lb/>
&#x017F;timmt i&#x017F;t. Bei den mei-<lb/>
&#x017F;ten Rippenquallen i&#x017F;t der<lb/>
Mund mit zwei &#x017F;ehr lan-<lb/>
gen und äußer&#x017F;t contrac-<lb/>
tilen, verä&#x017F;telten <hi rendition="#g">Fang-<lb/>
fäden</hi> bewaffnet, die<lb/>
mei&#x017F;tens in be&#x017F;onderen<lb/>
Höhlen oder Scheiden<lb/>
neben dem Magen lie-<lb/>
gen und dort &#x017F;ich in be-<lb/>
&#x017F;tändiger, wurmförmiger Bewegung befinden. Die&#x017F;e Fangarme &#x017F;ind<lb/>
mit Ne&#x017F;&#x017F;el- und Giftorganen be&#x017F;etzt und werden, wie es &#x017F;cheint, nur<lb/>
zum Ta&#x017F;ten und Um&#x017F;tricken der Beute benutzt.</p><lb/>
          <p>Ueber die&#x017F;er trichterförmigen Höhle, auf der Brücke zwi&#x017F;chen den<lb/>
Spaltöffnungen des Magens, liegt der einfache <hi rendition="#g">Nervenknoten</hi>, von<lb/>
welchem deutliche Ae&#x017F;te nach allen Seiten &#x017F;trahlen und auf dem ein<lb/>
Bläschen auf&#x017F;itzt, in welchem ein Haufen von kry&#x017F;tallini&#x017F;chen Kalkkör-<lb/>
perchen zitternd bewegt wird. Man muß demnach das Bläschen für<lb/>
ein Rudiment eines Ohrbläschens halten. Son&#x017F;tige Nerven oder Sin-<lb/>
nesorgane kommen nicht vor und namentlich kein Schlundring, wie<lb/>
romanti&#x017F;che Beobachter fal&#x017F;chen Analogien zu Liebe behauptet haben.<lb/>
Von dem Trichter aus, worin der Magen mündet, ent&#x017F;pringen Ka-<lb/>
näle, welche be&#x017F;onders längs den Rippen der Schwimmblättchen hin-<lb/>
laufen und in ihrem Innern Flimmerbewegung zeigen. Sie dienen<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich zur Führung von Wa&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;ind mei&#x017F;t unverä&#x017F;telt, zeigen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0261] Die Verdauungswerkzeuge der Rippenquallen ſind äußerſt [Abbildung Fig. 262. 262a. Fig. 262b. Der Venusgürtel (Cestum Veneris). Fig. 262 das Thier ſchwimmend, mit ausgeſtreckten Fangarmen, ſtark verkleinert. (Es wird bis 4 Fuß breit.) Man ſieht die oberen und unteren Schwimmplattenreihen, die mittleren Waſſergefäße, den Nervenknoten. Fig. 262b einige Schwimmplättchen, vergrößert. Fig. 262a ſenk- rechter Querdurchſchnitt des Thieres, mitten durch den Magen geführt, in natürlicher Größe. In allen Figu- ren bezeichnen dieſelben Buchſtaben dieſelben Organe. a Mund. b Fangfäden (bei Fig. 262 a in ihre Scheiden zurückgezogen. c Magen. d Trichter. e Nervenknoten. f vordere, g hintere Schwimmplättchen. h mittlere Waſ- ſergefäße.] einfach. Der Mund be- findet ſich in der Axe des Körpers und führt ent- weder unmittelbar oder durch eine längere Ver- engerung in eine weitere Höhle, den Magen, wel- cher nach hinten zu ſich wieder verengert und durch zwei ſeitliche Spal- ten in eine trichterför- mige Höhle ausmündet, welche zugleich zur Auf- nahme des Waſſers be- ſtimmt iſt. Bei den mei- ſten Rippenquallen iſt der Mund mit zwei ſehr lan- gen und äußerſt contrac- tilen, veräſtelten Fang- fäden bewaffnet, die meiſtens in beſonderen Höhlen oder Scheiden neben dem Magen lie- gen und dort ſich in be- ſtändiger, wurmförmiger Bewegung befinden. Dieſe Fangarme ſind mit Neſſel- und Giftorganen beſetzt und werden, wie es ſcheint, nur zum Taſten und Umſtricken der Beute benutzt. Ueber dieſer trichterförmigen Höhle, auf der Brücke zwiſchen den Spaltöffnungen des Magens, liegt der einfache Nervenknoten, von welchem deutliche Aeſte nach allen Seiten ſtrahlen und auf dem ein Bläschen aufſitzt, in welchem ein Haufen von kryſtalliniſchen Kalkkör- perchen zitternd bewegt wird. Man muß demnach das Bläschen für ein Rudiment eines Ohrbläschens halten. Sonſtige Nerven oder Sin- nesorgane kommen nicht vor und namentlich kein Schlundring, wie romantiſche Beobachter falſchen Analogien zu Liebe behauptet haben. Von dem Trichter aus, worin der Magen mündet, entſpringen Ka- näle, welche beſonders längs den Rippen der Schwimmblättchen hin- laufen und in ihrem Innern Flimmerbewegung zeigen. Sie dienen wahrſcheinlich zur Führung von Waſſer, ſind meiſt unveräſtelt, zeigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/261
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/261>, abgerufen am 23.12.2024.