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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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zuletzt getrennte Röhren. Die Schälchen am vorderen Ende sind
außerordentlich klein, dünn und unregelmäßig in ihrer Gestalt. Am
hinteren Ende des Körpers, wo die Röhren anfangen, finden sich
zwei schaufelförmige knorpelige Anhänge, durch welche das Thier mit
der Kalkröhre, mit der es seine Galerie auskleidet, verwachsen ist.
Sie zernagen alles Holz, selbst das festeste ohne Unterschied und durch-
bohren es mit Millionen sich so sehr durchkreuzender Gänge, daß
es vollkommen unhaltbar wird und zusammenbricht. Die Jungen
werden in dem Mantelsacke ausgebrütet und besitzen als Larven zwei
große, fast dreieckige Schalen, die den Körper vollständig umschließen
und aus denen sie ein lappenförmiges, mit lebhaft schwingenden Wim-
perorganen besetztes Schwimmorgan hervorstrecken können. Später wird
dieses durch einen langen zungenförmigen Fuß ersetzt, der bei dem er-
wachsenen Thiere ebenfalls vollständig verschwunden ist. Teredo; Fis-
tulana; Gastrochaena.

Die Siebmuscheln (Aspergillida) haben ebenfalls einen wurm-
förmigen Körper mit vollständig geschlossenem Mantel, der hinten zwei
Oeffnungen für Athem- und Afterröhre, vorn einen feinen Schlitz für
den Durchtritt des höchst rudimentären Fußes besitzt. Der wurmför-
mige Mantel sondert in seiner ganzen Länge eine Kalkschale ab, welche
eine lange wurmförmige Röhre bildet, an deren vorderem Ende die
meist sehr kleinen rudimentären Schälchen eingeschlossen sind. Die
Röhren, in welchen die Thiere leben, stecken senkrecht im Schlamme
oder in Felsen, sind unten offen und haben oben meist siebförmig
gestellte Oeffnungen zum Durchtritte des Wassers für die Athemröhren.
Clavagella; Aspergillum.



Betrachtet man die Geschichte der Blattkiemer während der zoo-
logischen Epochen, so zeigt sich im Ganzen eine große Gleichförmigkeit.
Die Seitenmuscheln erscheinen in den ältesten Formationen schon mit
fast allen Familien, die auch jetzt noch vorkommen und zeigen nur
wenige ausgestorbene Gattungen; -- einige Familien, wie z. B.
diejenige der Austern, erreichen in der jurassischen Periode ihren
Höhepunkt, indem sie zu dieser Zeit ebenso bankbildend und gehäuft
vorkommen, wie jetzt. Unter den Geradmuscheln sind besonders die
Familien mit weit ausgeschnittenem Mantel und langen Röhren häufig
und reich an Arten und Geschlechtern in der Uebergangs- und Koh-
lenperiode und zeigen einige Gattungen (wie z. B. Pholadomya), die

zuletzt getrennte Röhren. Die Schälchen am vorderen Ende ſind
außerordentlich klein, dünn und unregelmäßig in ihrer Geſtalt. Am
hinteren Ende des Körpers, wo die Röhren anfangen, finden ſich
zwei ſchaufelförmige knorpelige Anhänge, durch welche das Thier mit
der Kalkröhre, mit der es ſeine Galerie auskleidet, verwachſen iſt.
Sie zernagen alles Holz, ſelbſt das feſteſte ohne Unterſchied und durch-
bohren es mit Millionen ſich ſo ſehr durchkreuzender Gänge, daß
es vollkommen unhaltbar wird und zuſammenbricht. Die Jungen
werden in dem Mantelſacke ausgebrütet und beſitzen als Larven zwei
große, faſt dreieckige Schalen, die den Körper vollſtändig umſchließen
und aus denen ſie ein lappenförmiges, mit lebhaft ſchwingenden Wim-
perorganen beſetztes Schwimmorgan hervorſtrecken können. Später wird
dieſes durch einen langen zungenförmigen Fuß erſetzt, der bei dem er-
wachſenen Thiere ebenfalls vollſtändig verſchwunden iſt. Teredo; Fis-
tulana; Gastrochaena.

Die Siebmuſcheln (Aspergillida) haben ebenfalls einen wurm-
förmigen Körper mit vollſtändig geſchloſſenem Mantel, der hinten zwei
Oeffnungen für Athem- und Afterröhre, vorn einen feinen Schlitz für
den Durchtritt des höchſt rudimentären Fußes beſitzt. Der wurmför-
mige Mantel ſondert in ſeiner ganzen Länge eine Kalkſchale ab, welche
eine lange wurmförmige Röhre bildet, an deren vorderem Ende die
meiſt ſehr kleinen rudimentären Schälchen eingeſchloſſen ſind. Die
Röhren, in welchen die Thiere leben, ſtecken ſenkrecht im Schlamme
oder in Felſen, ſind unten offen und haben oben meiſt ſiebförmig
geſtellte Oeffnungen zum Durchtritte des Waſſers für die Athemröhren.
Clavagella; Aspergillum.



Betrachtet man die Geſchichte der Blattkiemer während der zoo-
logiſchen Epochen, ſo zeigt ſich im Ganzen eine große Gleichförmigkeit.
Die Seitenmuſcheln erſcheinen in den älteſten Formationen ſchon mit
faſt allen Familien, die auch jetzt noch vorkommen und zeigen nur
wenige ausgeſtorbene Gattungen; — einige Familien, wie z. B.
diejenige der Auſtern, erreichen in der juraſſiſchen Periode ihren
Höhepunkt, indem ſie zu dieſer Zeit ebenſo bankbildend und gehäuft
vorkommen, wie jetzt. Unter den Geradmuſcheln ſind beſonders die
Familien mit weit ausgeſchnittenem Mantel und langen Röhren häufig
und reich an Arten und Geſchlechtern in der Uebergangs- und Koh-
lenperiode und zeigen einige Gattungen (wie z. B. Pholadomya), die

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[314/0320] zuletzt getrennte Röhren. Die Schälchen am vorderen Ende ſind außerordentlich klein, dünn und unregelmäßig in ihrer Geſtalt. Am hinteren Ende des Körpers, wo die Röhren anfangen, finden ſich zwei ſchaufelförmige knorpelige Anhänge, durch welche das Thier mit der Kalkröhre, mit der es ſeine Galerie auskleidet, verwachſen iſt. Sie zernagen alles Holz, ſelbſt das feſteſte ohne Unterſchied und durch- bohren es mit Millionen ſich ſo ſehr durchkreuzender Gänge, daß es vollkommen unhaltbar wird und zuſammenbricht. Die Jungen werden in dem Mantelſacke ausgebrütet und beſitzen als Larven zwei große, faſt dreieckige Schalen, die den Körper vollſtändig umſchließen und aus denen ſie ein lappenförmiges, mit lebhaft ſchwingenden Wim- perorganen beſetztes Schwimmorgan hervorſtrecken können. Später wird dieſes durch einen langen zungenförmigen Fuß erſetzt, der bei dem er- wachſenen Thiere ebenfalls vollſtändig verſchwunden iſt. Teredo; Fis- tulana; Gastrochaena. Die Siebmuſcheln (Aspergillida) haben ebenfalls einen wurm- förmigen Körper mit vollſtändig geſchloſſenem Mantel, der hinten zwei Oeffnungen für Athem- und Afterröhre, vorn einen feinen Schlitz für den Durchtritt des höchſt rudimentären Fußes beſitzt. Der wurmför- mige Mantel ſondert in ſeiner ganzen Länge eine Kalkſchale ab, welche eine lange wurmförmige Röhre bildet, an deren vorderem Ende die meiſt ſehr kleinen rudimentären Schälchen eingeſchloſſen ſind. Die Röhren, in welchen die Thiere leben, ſtecken ſenkrecht im Schlamme oder in Felſen, ſind unten offen und haben oben meiſt ſiebförmig geſtellte Oeffnungen zum Durchtritte des Waſſers für die Athemröhren. Clavagella; Aspergillum. Betrachtet man die Geſchichte der Blattkiemer während der zoo- logiſchen Epochen, ſo zeigt ſich im Ganzen eine große Gleichförmigkeit. Die Seitenmuſcheln erſcheinen in den älteſten Formationen ſchon mit faſt allen Familien, die auch jetzt noch vorkommen und zeigen nur wenige ausgeſtorbene Gattungen; — einige Familien, wie z. B. diejenige der Auſtern, erreichen in der juraſſiſchen Periode ihren Höhepunkt, indem ſie zu dieſer Zeit ebenſo bankbildend und gehäuft vorkommen, wie jetzt. Unter den Geradmuſcheln ſind beſonders die Familien mit weit ausgeſchnittenem Mantel und langen Röhren häufig und reich an Arten und Geſchlechtern in der Uebergangs- und Koh- lenperiode und zeigen einige Gattungen (wie z. B. Pholadomya), die

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/320>, abgerufen am 23.12.2024.