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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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[Abbildung]

Die Seitentheile des Kopfbrustschildes sind entfernt und die Kiemen hervorge-
zogen worden, um ihr Verhältniß zur Basis der Beine zu zeigen.
Fig. 472. Derselbe Embryo entwickelt; der Hinterleib ist zurückgeschlagen,
die Kaufüße der einen Seite ausgebreitet worden. Man vergleiche diese Fi-
gur mit Fig. 447., S. 398., die den erwachsenen Flußkrebs von der Bauch-
seite darstellt.

Wachsthume nach innen ein, so daß ihre Spitzen sich in der Mittel-
linie berühren. Der Saum des Kopfbrustschildes wächst stets mehr
nach oben über den Dotter zusammen und an seinem Rande oder
zwischen ihm und dem Dotter entstehen nun allmählig die Organe des
vegetativen Lebens, Herz, Leber, Darm, Kiemen, während die An-
hänge stets mehr und mehr auswachsen und ihre definitive Form an-
nehmen. In der letzten Periode des Embryonallebens schließt sich
endlich das Kopfbrustschild ganz über dem Dotter, der allmählig schwin-
det und der Embryo liegt nun zusammengekugelt, mit eingeschlagenem
Hinterleibe, angezogenen Beinen und Fühlern in der Eischale, die er
bald durchbricht, um ein selbstständiges Leben zu beginnen.

Die Entwickelung sämmtlicher Krustenthiere, wie überhaupt aller
Gliederthiere stimmt in den Hauptpunkten mit den oben auseinander
gesetzten Thatsachen überein. -- Die Bildung des Embryo's geht stets
von der Mittellinie der Bauchfläche aus, wo das Nervensystem liegt;
die Anhänge sprossen zuerst auf der unteren Fläche und zeigen Anfangs
plumpe unausgebildete Formen. Aber nicht alle Krustenthiere kommen
in einer, dem erwachsenen Alter so ähnlichen Gestalt aus dem Eie,
wie dieß bei dem Flußkrebse der Fall ist. Die meisten durchlaufen als
junge Thiere eine Reihe von Metamorphosen, deren Kenntniß um so
wichtiger ist, als die ursprünglichen Gestalten der Jungen oft außer-
ordentlich von der Form des zeugungsfähigen Alters abweichen und
ganze Reihen im Alter höchst verschieden gestalteter Thiere sich durch
die Uebereinstimmung ihrer Jugendzustände als Sprossen eines und
desselben Stammbaumes ausweisen.

Die Klasse der Krustenthiere erscheint mit einer Menge eigen-
thümlicher Formen mit dem ersten Beginne organischen Lebens auf
der Erde und repräsentirt in den Schichten des Uebergangsgebirges
für sich allein den ganzen Kreis der Gliederthiere. In den jurassischen
Meeren zeigt sie besonders eine bedeutende Fülle verschiedener Formen
und fast alle wesentlichen Typen, die noch heute unsere Gewässer
bevölkern.

Die Eintheilung der Krustenthiere wird außerordentlich erschwert
durch die ungemein zahlreichen Uebergänge, welche mittelst allmähliger
Umgestaltung der Körperform, wie der einzelnen Anhänge zwischen


[Abbildung]

Die Seitentheile des Kopfbruſtſchildes ſind entfernt und die Kiemen hervorge-
zogen worden, um ihr Verhältniß zur Baſis der Beine zu zeigen.
Fig. 472. Derſelbe Embryo entwickelt; der Hinterleib iſt zurückgeſchlagen,
die Kaufüße der einen Seite ausgebreitet worden. Man vergleiche dieſe Fi-
gur mit Fig. 447., S. 398., die den erwachſenen Flußkrebs von der Bauch-
ſeite darſtellt.

Wachsthume nach innen ein, ſo daß ihre Spitzen ſich in der Mittel-
linie berühren. Der Saum des Kopfbruſtſchildes wächſt ſtets mehr
nach oben über den Dotter zuſammen und an ſeinem Rande oder
zwiſchen ihm und dem Dotter entſtehen nun allmählig die Organe des
vegetativen Lebens, Herz, Leber, Darm, Kiemen, während die An-
hänge ſtets mehr und mehr auswachſen und ihre definitive Form an-
nehmen. In der letzten Periode des Embryonallebens ſchließt ſich
endlich das Kopfbruſtſchild ganz über dem Dotter, der allmählig ſchwin-
det und der Embryo liegt nun zuſammengekugelt, mit eingeſchlagenem
Hinterleibe, angezogenen Beinen und Fühlern in der Eiſchale, die er
bald durchbricht, um ein ſelbſtſtändiges Leben zu beginnen.

Die Entwickelung ſämmtlicher Kruſtenthiere, wie überhaupt aller
Gliederthiere ſtimmt in den Hauptpunkten mit den oben auseinander
geſetzten Thatſachen überein. — Die Bildung des Embryo’s geht ſtets
von der Mittellinie der Bauchfläche aus, wo das Nervenſyſtem liegt;
die Anhänge ſproſſen zuerſt auf der unteren Fläche und zeigen Anfangs
plumpe unausgebildete Formen. Aber nicht alle Kruſtenthiere kommen
in einer, dem erwachſenen Alter ſo ähnlichen Geſtalt aus dem Eie,
wie dieß bei dem Flußkrebſe der Fall iſt. Die meiſten durchlaufen als
junge Thiere eine Reihe von Metamorphoſen, deren Kenntniß um ſo
wichtiger iſt, als die urſprünglichen Geſtalten der Jungen oft außer-
ordentlich von der Form des zeugungsfähigen Alters abweichen und
ganze Reihen im Alter höchſt verſchieden geſtalteter Thiere ſich durch
die Uebereinſtimmung ihrer Jugendzuſtände als Sproſſen eines und
deſſelben Stammbaumes ausweiſen.

Die Klaſſe der Kruſtenthiere erſcheint mit einer Menge eigen-
thümlicher Formen mit dem erſten Beginne organiſchen Lebens auf
der Erde und repräſentirt in den Schichten des Uebergangsgebirges
für ſich allein den ganzen Kreis der Gliederthiere. In den juraſſiſchen
Meeren zeigt ſie beſonders eine bedeutende Fülle verſchiedener Formen
und faſt alle weſentlichen Typen, die noch heute unſere Gewäſſer
bevölkern.

Die Eintheilung der Kruſtenthiere wird außerordentlich erſchwert
durch die ungemein zahlreichen Uebergänge, welche mittelſt allmähliger
Umgeſtaltung der Körperform, wie der einzelnen Anhänge zwiſchen

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[420/0426] [Abbildung Die Seitentheile des Kopfbruſtſchildes ſind entfernt und die Kiemen hervorge- zogen worden, um ihr Verhältniß zur Baſis der Beine zu zeigen. Fig. 472. Derſelbe Embryo entwickelt; der Hinterleib iſt zurückgeſchlagen, die Kaufüße der einen Seite ausgebreitet worden. Man vergleiche dieſe Fi- gur mit Fig. 447., S. 398., die den erwachſenen Flußkrebs von der Bauch- ſeite darſtellt.] Wachsthume nach innen ein, ſo daß ihre Spitzen ſich in der Mittel- linie berühren. Der Saum des Kopfbruſtſchildes wächſt ſtets mehr nach oben über den Dotter zuſammen und an ſeinem Rande oder zwiſchen ihm und dem Dotter entſtehen nun allmählig die Organe des vegetativen Lebens, Herz, Leber, Darm, Kiemen, während die An- hänge ſtets mehr und mehr auswachſen und ihre definitive Form an- nehmen. In der letzten Periode des Embryonallebens ſchließt ſich endlich das Kopfbruſtſchild ganz über dem Dotter, der allmählig ſchwin- det und der Embryo liegt nun zuſammengekugelt, mit eingeſchlagenem Hinterleibe, angezogenen Beinen und Fühlern in der Eiſchale, die er bald durchbricht, um ein ſelbſtſtändiges Leben zu beginnen. Die Entwickelung ſämmtlicher Kruſtenthiere, wie überhaupt aller Gliederthiere ſtimmt in den Hauptpunkten mit den oben auseinander geſetzten Thatſachen überein. — Die Bildung des Embryo’s geht ſtets von der Mittellinie der Bauchfläche aus, wo das Nervenſyſtem liegt; die Anhänge ſproſſen zuerſt auf der unteren Fläche und zeigen Anfangs plumpe unausgebildete Formen. Aber nicht alle Kruſtenthiere kommen in einer, dem erwachſenen Alter ſo ähnlichen Geſtalt aus dem Eie, wie dieß bei dem Flußkrebſe der Fall iſt. Die meiſten durchlaufen als junge Thiere eine Reihe von Metamorphoſen, deren Kenntniß um ſo wichtiger iſt, als die urſprünglichen Geſtalten der Jungen oft außer- ordentlich von der Form des zeugungsfähigen Alters abweichen und ganze Reihen im Alter höchſt verſchieden geſtalteter Thiere ſich durch die Uebereinſtimmung ihrer Jugendzuſtände als Sproſſen eines und deſſelben Stammbaumes ausweiſen. Die Klaſſe der Kruſtenthiere erſcheint mit einer Menge eigen- thümlicher Formen mit dem erſten Beginne organiſchen Lebens auf der Erde und repräſentirt in den Schichten des Uebergangsgebirges für ſich allein den ganzen Kreis der Gliederthiere. In den juraſſiſchen Meeren zeigt ſie beſonders eine bedeutende Fülle verſchiedener Formen und faſt alle weſentlichen Typen, die noch heute unſere Gewäſſer bevölkern. Die Eintheilung der Kruſtenthiere wird außerordentlich erſchwert durch die ungemein zahlreichen Uebergänge, welche mittelſt allmähliger Umgeſtaltung der Körperform, wie der einzelnen Anhänge zwiſchen

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/426>, abgerufen am 23.12.2024.