mit dem mütterlichen Organismus selbst, aus dessen Blut es diejenigen Stoffe entnimmt, welche zu dem Aufbaue seines Körpers nöthig sind.
Jedes Thier durchläuft von dem Augenblicke seiner ersten Bil- dung an bis zu seinem normaler Weise eintretenden Tode eine Reihe von Bildungsstufen, deren genauere Betrachtung für die Naturgeschichte um so wichtiger ist, als oft die größten Gestaltveränderungen durch dieselben erzeugt werden. Wir werden im Verlaufe dieses Briefes noch die Veränderungen im Ei und die allmählige Hervorbildung des Embryo's aus dem ursprünglich formlosen Stoffe schon um deßwillen genauer in's Auge fassen, weil wir auf dieselben hauptsächlich die Ent- wickelung der Urtypen bauen, aus denen uns das Thierreich zusam- mengesetzt erscheint. Nicht minder wichtig sind aber die Veränderun- gen, welche die Thiere auch dann noch erleiden, nachdem sie durch Befreiung aus den Hüllen des Eies selbstständig geworden sind; oft betreffen diese Veränderungen und Umgestaltungen nur das Indivi- duum, in einzelnen Fällen greifen sie aber so tief, daß das Indivi- duum darüber zu Grunde geht und erst durch erneute Fortpflanzung der Typus des Mutterthieres hergestellt wird.
Der Gang der stufenweisen Entwickelung der Thiere geschieht meist in der Weise, daß die Geschlechtsreife und diejenige Periode, in welcher sie zur Fortpflanzung fähig sind, den Gipfelpunkt ihrer Aus- bildung bezeichnet. Bei denjenigen Thieren, in welchen periodisch weit von einander abstehende Epochen der Geschlechtsäußerung vorkommen, überrascht sogar die höhere und kräftigere Entfaltung aller Lebenser- scheinungen in dieser Periode des Geschlechtslebens. Mit dem Schwin- den der Fortpflanzungsthätigkeit tritt meist auch eine allmälige Zurück- bildung der Organe ein, die dem endlichen Tode entgegenführt. Es gibt aber viele Gattungen und Arten, ja größere Abtheilungen des Thierreiches, bei welchen diese Zurückbildung der Organe, diese rück- schreitende Metamorphose, wie man sie genannt hat, schon frü- her beginnt, bevor noch die Geschlechtsreife eingetreten ist. Dieses findet namentlich statt bei solchen Thieren, welche in der Jugend frei umherschweifen, während sie im Alter sich festsetzen oder endlich als Schmarotzer in andern Thieren leben. Die Bewegungsorgane, mit welchen sie ausgerüstet waren, verkümmern, die Sinnesorgane schwin- den, und oft wird der Körper in so bedeutender Weise umgestaltet, daß man die erwachsenen Thiere in andere Organisationstypen und in niederstehende Classen vertheilte, während man die jüngern Thiere höheren Classen zuwies. Wir werden die auffallendsten Beispiele die-
mit dem mütterlichen Organismus ſelbſt, aus deſſen Blut es diejenigen Stoffe entnimmt, welche zu dem Aufbaue ſeines Körpers nöthig ſind.
Jedes Thier durchläuft von dem Augenblicke ſeiner erſten Bil- dung an bis zu ſeinem normaler Weiſe eintretenden Tode eine Reihe von Bildungsſtufen, deren genauere Betrachtung für die Naturgeſchichte um ſo wichtiger iſt, als oft die größten Geſtaltveränderungen durch dieſelben erzeugt werden. Wir werden im Verlaufe dieſes Briefes noch die Veränderungen im Ei und die allmählige Hervorbildung des Embryo’s aus dem urſprünglich formloſen Stoffe ſchon um deßwillen genauer in’s Auge faſſen, weil wir auf dieſelben hauptſächlich die Ent- wickelung der Urtypen bauen, aus denen uns das Thierreich zuſam- mengeſetzt erſcheint. Nicht minder wichtig ſind aber die Veränderun- gen, welche die Thiere auch dann noch erleiden, nachdem ſie durch Befreiung aus den Hüllen des Eies ſelbſtſtändig geworden ſind; oft betreffen dieſe Veränderungen und Umgeſtaltungen nur das Indivi- duum, in einzelnen Fällen greifen ſie aber ſo tief, daß das Indivi- duum darüber zu Grunde geht und erſt durch erneute Fortpflanzung der Typus des Mutterthieres hergeſtellt wird.
Der Gang der ſtufenweiſen Entwickelung der Thiere geſchieht meiſt in der Weiſe, daß die Geſchlechtsreife und diejenige Periode, in welcher ſie zur Fortpflanzung fähig ſind, den Gipfelpunkt ihrer Aus- bildung bezeichnet. Bei denjenigen Thieren, in welchen periodiſch weit von einander abſtehende Epochen der Geſchlechtsäußerung vorkommen, überraſcht ſogar die höhere und kräftigere Entfaltung aller Lebenser- ſcheinungen in dieſer Periode des Geſchlechtslebens. Mit dem Schwin- den der Fortpflanzungsthätigkeit tritt meiſt auch eine allmälige Zurück- bildung der Organe ein, die dem endlichen Tode entgegenführt. Es gibt aber viele Gattungen und Arten, ja größere Abtheilungen des Thierreiches, bei welchen dieſe Zurückbildung der Organe, dieſe rück- ſchreitende Metamorphoſe, wie man ſie genannt hat, ſchon frü- her beginnt, bevor noch die Geſchlechtsreife eingetreten iſt. Dieſes findet namentlich ſtatt bei ſolchen Thieren, welche in der Jugend frei umherſchweifen, während ſie im Alter ſich feſtſetzen oder endlich als Schmarotzer in andern Thieren leben. Die Bewegungsorgane, mit welchen ſie ausgerüſtet waren, verkümmern, die Sinnesorgane ſchwin- den, und oft wird der Körper in ſo bedeutender Weiſe umgeſtaltet, daß man die erwachſenen Thiere in andere Organiſationstypen und in niederſtehende Claſſen vertheilte, während man die jüngern Thiere höheren Claſſen zuwies. Wir werden die auffallendſten Beiſpiele die-
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mit dem mütterlichen Organismus ſelbſt, aus deſſen Blut es diejenigen
Stoffe entnimmt, welche zu dem Aufbaue ſeines Körpers nöthig ſind.
Jedes Thier durchläuft von dem Augenblicke ſeiner erſten Bil-
dung an bis zu ſeinem normaler Weiſe eintretenden Tode eine Reihe
von Bildungsſtufen, deren genauere Betrachtung für die Naturgeſchichte
um ſo wichtiger iſt, als oft die größten Geſtaltveränderungen durch
dieſelben erzeugt werden. Wir werden im Verlaufe dieſes Briefes
noch die Veränderungen im Ei und die allmählige Hervorbildung des
Embryo’s aus dem urſprünglich formloſen Stoffe ſchon um deßwillen
genauer in’s Auge faſſen, weil wir auf dieſelben hauptſächlich die Ent-
wickelung der Urtypen bauen, aus denen uns das Thierreich zuſam-
mengeſetzt erſcheint. Nicht minder wichtig ſind aber die Veränderun-
gen, welche die Thiere auch dann noch erleiden, nachdem ſie durch
Befreiung aus den Hüllen des Eies ſelbſtſtändig geworden ſind; oft
betreffen dieſe Veränderungen und Umgeſtaltungen nur das Indivi-
duum, in einzelnen Fällen greifen ſie aber ſo tief, daß das Indivi-
duum darüber zu Grunde geht und erſt durch erneute Fortpflanzung
der Typus des Mutterthieres hergeſtellt wird.
Der Gang der ſtufenweiſen Entwickelung der Thiere geſchieht
meiſt in der Weiſe, daß die Geſchlechtsreife und diejenige Periode, in
welcher ſie zur Fortpflanzung fähig ſind, den Gipfelpunkt ihrer Aus-
bildung bezeichnet. Bei denjenigen Thieren, in welchen periodiſch weit
von einander abſtehende Epochen der Geſchlechtsäußerung vorkommen,
überraſcht ſogar die höhere und kräftigere Entfaltung aller Lebenser-
ſcheinungen in dieſer Periode des Geſchlechtslebens. Mit dem Schwin-
den der Fortpflanzungsthätigkeit tritt meiſt auch eine allmälige Zurück-
bildung der Organe ein, die dem endlichen Tode entgegenführt. Es
gibt aber viele Gattungen und Arten, ja größere Abtheilungen des
Thierreiches, bei welchen dieſe Zurückbildung der Organe, dieſe rück-
ſchreitende Metamorphoſe, wie man ſie genannt hat, ſchon frü-
her beginnt, bevor noch die Geſchlechtsreife eingetreten iſt. Dieſes
findet namentlich ſtatt bei ſolchen Thieren, welche in der Jugend frei
umherſchweifen, während ſie im Alter ſich feſtſetzen oder endlich als
Schmarotzer in andern Thieren leben. Die Bewegungsorgane, mit
welchen ſie ausgerüſtet waren, verkümmern, die Sinnesorgane ſchwin-
den, und oft wird der Körper in ſo bedeutender Weiſe umgeſtaltet,
daß man die erwachſenen Thiere in andere Organiſationstypen und
in niederſtehende Claſſen vertheilte, während man die jüngern Thiere
höheren Claſſen zuwies. Wir werden die auffallendſten Beiſpiele die-
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/66>, abgerufen am 22.12.2024.
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