Weibchen, so daß sie sich manchmal auf dem Scheitel berühren. Auf der Stirn, in dem Raume zwischen den Fühlern und den Augen ste- hen drei kleine kuglige Nebenaugen, welche nur äußerst selten bei un- geflügelten parasitischen Gattungen fehlen. Die Mundwerkzeuge bestehen bei allen Hautflüglern aus einer ziemlich kleinen Oberlippe und aus zwei starken in ihrem ganzen Umfange hornigen Kiefern, welche meistens auf ihrer inneren Fläche gezähnelt sind und zwar in der Weise, daß die Zähne in einander passen. Die Kinnladen sind meist schwach, häutig, oft so sehr verlängert, daß sie eine Art Scheide um die dann gleichfalls verlängerte Zunge bilden; ihre Taster sind stets deutlich, oft stielförmig verlängert. Die Unterlippe ist stets groß, ihre Taster deutlich und in den meisten Fällen erscheint sie doppelt gespalten und ihr mittlerer Theil, die Zunge, mehr oder minder ver- längert und beweglich. Die meisten Hautflügler bedienen sich dieser Zunge und der daran angelegten Kinnladen, als eines Schöpfrüssels, um füße Pflanzensäfte, namentlich Honig aus den Blumen zu saugen, und man hat deßwegen auch wohl gesagt, daß bei ihnen die Zunge zum Saugorgane umgewandelt sei. Indeß scheint ein wahrhaftes Sau- gen durch Herstellen eines luftleeren Raumes in der That bei den Hautflüglern nicht statt zu finden; -- sie gebrauchen vielmehr ihre Zunge etwa in ähnlicher Weise zum Schlappen, wie die Hunde sich der ihrigen beim Saufen bedienen. Die Mundwerkzeuge stehen also bei den Hautflüglern auf einer Stufe der Ausbildung, wie bei keinem anderen Insekte, indem ihnen eines Theiles das Zerkleinern selbst der härtesten Substanzen durch ihre mächtigen Kiefer möglich gemacht wird, während sie andererseits zugleich im Stande sind, flüssige Substanzen aufzunehmen.
Die Brust besteht immer aus drei deutlichen, eng mit einander verbundenen Ringen, von denen indessen der erste meist nur sehr klein, der zweite nur selten verlängert oder mit Spitzen bewaffnet ist. Die vier Flügel sind in ihrer Struktur gleich, oft von sehr zierlichen, netz- förmigen Adern durchzogen, die aber in manchen Fällen den Unter- flügeln gänzlich, und den Vorderflügeln bis auf einige Rudimente fehlen. Die Vorderflügel sind stets weit größer, als die Hinterflügel. Bei vielen Gattungen fehlen den Weibchen, oder den Geschlechtslosen die Flügel gänzlich; -- bei anderen fallen sie nach dem Begattungs- geschäfte ab, oder werden sogar von den Thieren selbst entfernt. Die Füße sind meist schlank und dünn, die Tarsen stets aus fünf Glie- dern zusammengesetzt, und meist zwischen den beiden Endklauen ein
Weibchen, ſo daß ſie ſich manchmal auf dem Scheitel berühren. Auf der Stirn, in dem Raume zwiſchen den Fühlern und den Augen ſte- hen drei kleine kuglige Nebenaugen, welche nur äußerſt ſelten bei un- geflügelten paraſitiſchen Gattungen fehlen. Die Mundwerkzeuge beſtehen bei allen Hautflüglern aus einer ziemlich kleinen Oberlippe und aus zwei ſtarken in ihrem ganzen Umfange hornigen Kiefern, welche meiſtens auf ihrer inneren Fläche gezähnelt ſind und zwar in der Weiſe, daß die Zähne in einander paſſen. Die Kinnladen ſind meiſt ſchwach, häutig, oft ſo ſehr verlängert, daß ſie eine Art Scheide um die dann gleichfalls verlängerte Zunge bilden; ihre Taſter ſind ſtets deutlich, oft ſtielförmig verlängert. Die Unterlippe iſt ſtets groß, ihre Taſter deutlich und in den meiſten Fällen erſcheint ſie doppelt geſpalten und ihr mittlerer Theil, die Zunge, mehr oder minder ver- längert und beweglich. Die meiſten Hautflügler bedienen ſich dieſer Zunge und der daran angelegten Kinnladen, als eines Schöpfrüſſels, um füße Pflanzenſäfte, namentlich Honig aus den Blumen zu ſaugen, und man hat deßwegen auch wohl geſagt, daß bei ihnen die Zunge zum Saugorgane umgewandelt ſei. Indeß ſcheint ein wahrhaftes Sau- gen durch Herſtellen eines luftleeren Raumes in der That bei den Hautflüglern nicht ſtatt zu finden; — ſie gebrauchen vielmehr ihre Zunge etwa in ähnlicher Weiſe zum Schlappen, wie die Hunde ſich der ihrigen beim Saufen bedienen. Die Mundwerkzeuge ſtehen alſo bei den Hautflüglern auf einer Stufe der Ausbildung, wie bei keinem anderen Inſekte, indem ihnen eines Theiles das Zerkleinern ſelbſt der härteſten Subſtanzen durch ihre mächtigen Kiefer möglich gemacht wird, während ſie andererſeits zugleich im Stande ſind, flüſſige Subſtanzen aufzunehmen.
Die Bruſt beſteht immer aus drei deutlichen, eng mit einander verbundenen Ringen, von denen indeſſen der erſte meiſt nur ſehr klein, der zweite nur ſelten verlängert oder mit Spitzen bewaffnet iſt. Die vier Flügel ſind in ihrer Struktur gleich, oft von ſehr zierlichen, netz- förmigen Adern durchzogen, die aber in manchen Fällen den Unter- flügeln gänzlich, und den Vorderflügeln bis auf einige Rudimente fehlen. Die Vorderflügel ſind ſtets weit größer, als die Hinterflügel. Bei vielen Gattungen fehlen den Weibchen, oder den Geſchlechtsloſen die Flügel gänzlich; — bei anderen fallen ſie nach dem Begattungs- geſchäfte ab, oder werden ſogar von den Thieren ſelbſt entfernt. Die Füße ſind meiſt ſchlank und dünn, die Tarſen ſtets aus fünf Glie- dern zuſammengeſetzt, und meiſt zwiſchen den beiden Endklauen ein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0684"n="678"/>
Weibchen, ſo daß ſie ſich manchmal auf dem Scheitel berühren. Auf<lb/>
der Stirn, in dem Raume zwiſchen den Fühlern und den Augen ſte-<lb/>
hen drei kleine kuglige Nebenaugen, welche nur äußerſt ſelten bei un-<lb/>
geflügelten paraſitiſchen Gattungen fehlen. Die <hirendition="#g">Mundwerkzeuge</hi><lb/>
beſtehen bei allen Hautflüglern aus einer ziemlich kleinen Oberlippe<lb/>
und aus zwei ſtarken in ihrem ganzen Umfange hornigen Kiefern,<lb/>
welche meiſtens auf ihrer inneren Fläche gezähnelt ſind und zwar in<lb/>
der Weiſe, daß die Zähne in einander paſſen. Die Kinnladen ſind<lb/>
meiſt ſchwach, häutig, oft ſo ſehr verlängert, daß ſie eine Art Scheide<lb/>
um die dann gleichfalls verlängerte Zunge bilden; ihre Taſter ſind<lb/>ſtets deutlich, oft ſtielförmig verlängert. Die Unterlippe iſt ſtets groß,<lb/>
ihre Taſter deutlich und in den meiſten Fällen erſcheint ſie doppelt<lb/>
geſpalten und ihr mittlerer Theil, die Zunge, mehr oder minder ver-<lb/>
längert und beweglich. Die meiſten Hautflügler bedienen ſich dieſer<lb/>
Zunge und der daran angelegten Kinnladen, als eines Schöpfrüſſels,<lb/>
um füße Pflanzenſäfte, namentlich Honig aus den Blumen zu ſaugen,<lb/>
und man hat deßwegen auch wohl geſagt, daß bei ihnen die Zunge<lb/>
zum Saugorgane umgewandelt ſei. Indeß ſcheint ein wahrhaftes Sau-<lb/>
gen durch Herſtellen eines luftleeren Raumes in der That bei den<lb/>
Hautflüglern nicht ſtatt zu finden; —ſie gebrauchen vielmehr ihre<lb/>
Zunge etwa in ähnlicher Weiſe zum Schlappen, wie die Hunde ſich<lb/>
der ihrigen beim Saufen bedienen. Die Mundwerkzeuge ſtehen alſo<lb/>
bei den Hautflüglern auf einer Stufe der Ausbildung, wie bei keinem<lb/>
anderen Inſekte, indem ihnen eines Theiles das Zerkleinern ſelbſt der<lb/>
härteſten Subſtanzen durch ihre mächtigen Kiefer möglich gemacht wird,<lb/>
während ſie andererſeits zugleich im Stande ſind, flüſſige Subſtanzen<lb/>
aufzunehmen.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">Bruſt</hi> beſteht immer aus drei deutlichen, eng mit einander<lb/>
verbundenen Ringen, von denen indeſſen der erſte meiſt nur ſehr klein,<lb/>
der zweite nur ſelten verlängert oder mit Spitzen bewaffnet iſt. Die<lb/>
vier <hirendition="#g">Flügel</hi>ſind in ihrer Struktur gleich, oft von ſehr zierlichen, netz-<lb/>
förmigen Adern durchzogen, die aber in manchen Fällen den Unter-<lb/>
flügeln gänzlich, und den Vorderflügeln bis auf einige Rudimente<lb/>
fehlen. Die Vorderflügel ſind ſtets weit größer, als die Hinterflügel.<lb/>
Bei vielen Gattungen fehlen den Weibchen, oder den Geſchlechtsloſen<lb/>
die Flügel gänzlich; — bei anderen fallen ſie nach dem Begattungs-<lb/>
geſchäfte ab, oder werden ſogar von den Thieren ſelbſt entfernt. Die<lb/><hirendition="#g">Füße</hi>ſind meiſt ſchlank und dünn, die Tarſen ſtets aus fünf Glie-<lb/>
dern zuſammengeſetzt, und meiſt zwiſchen den beiden Endklauen ein<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[678/0684]
Weibchen, ſo daß ſie ſich manchmal auf dem Scheitel berühren. Auf
der Stirn, in dem Raume zwiſchen den Fühlern und den Augen ſte-
hen drei kleine kuglige Nebenaugen, welche nur äußerſt ſelten bei un-
geflügelten paraſitiſchen Gattungen fehlen. Die Mundwerkzeuge
beſtehen bei allen Hautflüglern aus einer ziemlich kleinen Oberlippe
und aus zwei ſtarken in ihrem ganzen Umfange hornigen Kiefern,
welche meiſtens auf ihrer inneren Fläche gezähnelt ſind und zwar in
der Weiſe, daß die Zähne in einander paſſen. Die Kinnladen ſind
meiſt ſchwach, häutig, oft ſo ſehr verlängert, daß ſie eine Art Scheide
um die dann gleichfalls verlängerte Zunge bilden; ihre Taſter ſind
ſtets deutlich, oft ſtielförmig verlängert. Die Unterlippe iſt ſtets groß,
ihre Taſter deutlich und in den meiſten Fällen erſcheint ſie doppelt
geſpalten und ihr mittlerer Theil, die Zunge, mehr oder minder ver-
längert und beweglich. Die meiſten Hautflügler bedienen ſich dieſer
Zunge und der daran angelegten Kinnladen, als eines Schöpfrüſſels,
um füße Pflanzenſäfte, namentlich Honig aus den Blumen zu ſaugen,
und man hat deßwegen auch wohl geſagt, daß bei ihnen die Zunge
zum Saugorgane umgewandelt ſei. Indeß ſcheint ein wahrhaftes Sau-
gen durch Herſtellen eines luftleeren Raumes in der That bei den
Hautflüglern nicht ſtatt zu finden; — ſie gebrauchen vielmehr ihre
Zunge etwa in ähnlicher Weiſe zum Schlappen, wie die Hunde ſich
der ihrigen beim Saufen bedienen. Die Mundwerkzeuge ſtehen alſo
bei den Hautflüglern auf einer Stufe der Ausbildung, wie bei keinem
anderen Inſekte, indem ihnen eines Theiles das Zerkleinern ſelbſt der
härteſten Subſtanzen durch ihre mächtigen Kiefer möglich gemacht wird,
während ſie andererſeits zugleich im Stande ſind, flüſſige Subſtanzen
aufzunehmen.
Die Bruſt beſteht immer aus drei deutlichen, eng mit einander
verbundenen Ringen, von denen indeſſen der erſte meiſt nur ſehr klein,
der zweite nur ſelten verlängert oder mit Spitzen bewaffnet iſt. Die
vier Flügel ſind in ihrer Struktur gleich, oft von ſehr zierlichen, netz-
förmigen Adern durchzogen, die aber in manchen Fällen den Unter-
flügeln gänzlich, und den Vorderflügeln bis auf einige Rudimente
fehlen. Die Vorderflügel ſind ſtets weit größer, als die Hinterflügel.
Bei vielen Gattungen fehlen den Weibchen, oder den Geſchlechtsloſen
die Flügel gänzlich; — bei anderen fallen ſie nach dem Begattungs-
geſchäfte ab, oder werden ſogar von den Thieren ſelbſt entfernt. Die
Füße ſind meiſt ſchlank und dünn, die Tarſen ſtets aus fünf Glie-
dern zuſammengeſetzt, und meiſt zwiſchen den beiden Endklauen ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 678. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/684>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.