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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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indem sie die unterdeß herangewachsenen Larven füttern, und die übri-
gen leergewordenen Fingerhutzellen mit Honig füllen. Aus den ge-
fütterten Larven entstehen kleinere Männchen, und Weibchen, die sich
begatten und von denen nachher die Weibchen ebenfalls bei den Ar-
beiten helfen; erst gegen das Ende des Sommers werden diejenigen
Eier gelegt, aus denen die Männchen und Weibchen der großen Race
hervorkommen, welche bestimmt sind, die Art über den Winter fortzu-
pflanzen. Sobald die Individuen dieser größeren Race sich begattet
haben, und die Kälte beginnt, so lös't sich die Gesellschaft auf; -- die
noch vorhandenen Larven und Puppen werden aus den Zellen heraus-
gerissen und umgebracht; die Individuen der kleineren Race so wie
die Männchen kommen vor Hunger und Kälte um, und die überblei-
benden Weibchen der größeren Race gründen im Frühjahre eine neue
Gesellschaft. Ganz in derselben Weise verhalten sich die Gesell-
schaften der Wespen
, die nur in Beziehung auf den Bau ihres
Nestes einen höheren Kunsttrieb zeigen. Die Nester bestehen aus Zel-
lenreihen, sogenannten Kuchen, die bald senkrecht, bald horizontal an
einander gereiht, und von einer äußeren Hülle umgeben sind, welche
sie gegen die Unbilden der Witterung schützt. Alle diese Nester sind
von Papier verfertigt, das von der Wespe aus gekautem Holze ge-
bildet wird, und wovon sie Stückchen für Stückchen anklebt, und dann
mit der Zunge glättet. In dem Neste der gewöhnlichen Wespe, das
in einer geräumigen Höhle unter der Erde angelegt wird, während
die Hornisse das ihre in hohle Bäume, andere Arten es ganz frei an
einem Stiele aufhängen, -- in den Nestern der gewöhnlichen Wespe, sage
ich, finden sich vier bis zehn horizontale Kuchen, aus einer einzigen
Schicht sechseckiger senkrechter Zellen gebildet, während bekanntlich in
den Bienenstöcken die senkrechten Waben aus zwei Schichten horizon-
taler Zellen bestehen, die mit den Böden aneinander stoßen. In den
Wespennestern sind die horizontalen Waben durch leere Zwischenräume
getrennt, welche den Wespen gestatten, überall umherzugehen, und die
Festigkeit des Ganzen wird durch Pfeiler hergestellt, welche hie und
da die einzelnen Waben mit einander verbinden.

In einem gewissen Gegensatze zu den jährlichen Gesellschaften
stehen die dauernden Gesellschaften, welche von den Honig-
bienen und den eigentlichen Ameisen gebildet werden. Die Wohnun-
gen, welche von diesen Thieren errichtet werden, dienen nicht nur zur
Erziehung der Jungen während des Sommers, sondern auch zur Her-
berge der ganzen Gesellschaft während des Winters. Die Gesell-

indem ſie die unterdeß herangewachſenen Larven füttern, und die übri-
gen leergewordenen Fingerhutzellen mit Honig füllen. Aus den ge-
fütterten Larven entſtehen kleinere Männchen, und Weibchen, die ſich
begatten und von denen nachher die Weibchen ebenfalls bei den Ar-
beiten helfen; erſt gegen das Ende des Sommers werden diejenigen
Eier gelegt, aus denen die Männchen und Weibchen der großen Raçe
hervorkommen, welche beſtimmt ſind, die Art über den Winter fortzu-
pflanzen. Sobald die Individuen dieſer größeren Raçe ſich begattet
haben, und die Kälte beginnt, ſo löſ’t ſich die Geſellſchaft auf; — die
noch vorhandenen Larven und Puppen werden aus den Zellen heraus-
geriſſen und umgebracht; die Individuen der kleineren Raçe ſo wie
die Männchen kommen vor Hunger und Kälte um, und die überblei-
benden Weibchen der größeren Raçe gründen im Frühjahre eine neue
Geſellſchaft. Ganz in derſelben Weiſe verhalten ſich die Geſell-
ſchaften der Wespen
, die nur in Beziehung auf den Bau ihres
Neſtes einen höheren Kunſttrieb zeigen. Die Neſter beſtehen aus Zel-
lenreihen, ſogenannten Kuchen, die bald ſenkrecht, bald horizontal an
einander gereiht, und von einer äußeren Hülle umgeben ſind, welche
ſie gegen die Unbilden der Witterung ſchützt. Alle dieſe Neſter ſind
von Papier verfertigt, das von der Wespe aus gekautem Holze ge-
bildet wird, und wovon ſie Stückchen für Stückchen anklebt, und dann
mit der Zunge glättet. In dem Neſte der gewöhnlichen Wespe, das
in einer geräumigen Höhle unter der Erde angelegt wird, während
die Horniſſe das ihre in hohle Bäume, andere Arten es ganz frei an
einem Stiele aufhängen, — in den Neſtern der gewöhnlichen Wespe, ſage
ich, finden ſich vier bis zehn horizontale Kuchen, aus einer einzigen
Schicht ſechseckiger ſenkrechter Zellen gebildet, während bekanntlich in
den Bienenſtöcken die ſenkrechten Waben aus zwei Schichten horizon-
taler Zellen beſtehen, die mit den Böden aneinander ſtoßen. In den
Wespenneſtern ſind die horizontalen Waben durch leere Zwiſchenräume
getrennt, welche den Wespen geſtatten, überall umherzugehen, und die
Feſtigkeit des Ganzen wird durch Pfeiler hergeſtellt, welche hie und
da die einzelnen Waben mit einander verbinden.

In einem gewiſſen Gegenſatze zu den jährlichen Geſellſchaften
ſtehen die dauernden Geſellſchaften, welche von den Honig-
bienen und den eigentlichen Ameiſen gebildet werden. Die Wohnun-
gen, welche von dieſen Thieren errichtet werden, dienen nicht nur zur
Erziehung der Jungen während des Sommers, ſondern auch zur Her-
berge der ganzen Geſellſchaft während des Winters. Die Geſell-

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[682/0688] indem ſie die unterdeß herangewachſenen Larven füttern, und die übri- gen leergewordenen Fingerhutzellen mit Honig füllen. Aus den ge- fütterten Larven entſtehen kleinere Männchen, und Weibchen, die ſich begatten und von denen nachher die Weibchen ebenfalls bei den Ar- beiten helfen; erſt gegen das Ende des Sommers werden diejenigen Eier gelegt, aus denen die Männchen und Weibchen der großen Raçe hervorkommen, welche beſtimmt ſind, die Art über den Winter fortzu- pflanzen. Sobald die Individuen dieſer größeren Raçe ſich begattet haben, und die Kälte beginnt, ſo löſ’t ſich die Geſellſchaft auf; — die noch vorhandenen Larven und Puppen werden aus den Zellen heraus- geriſſen und umgebracht; die Individuen der kleineren Raçe ſo wie die Männchen kommen vor Hunger und Kälte um, und die überblei- benden Weibchen der größeren Raçe gründen im Frühjahre eine neue Geſellſchaft. Ganz in derſelben Weiſe verhalten ſich die Geſell- ſchaften der Wespen, die nur in Beziehung auf den Bau ihres Neſtes einen höheren Kunſttrieb zeigen. Die Neſter beſtehen aus Zel- lenreihen, ſogenannten Kuchen, die bald ſenkrecht, bald horizontal an einander gereiht, und von einer äußeren Hülle umgeben ſind, welche ſie gegen die Unbilden der Witterung ſchützt. Alle dieſe Neſter ſind von Papier verfertigt, das von der Wespe aus gekautem Holze ge- bildet wird, und wovon ſie Stückchen für Stückchen anklebt, und dann mit der Zunge glättet. In dem Neſte der gewöhnlichen Wespe, das in einer geräumigen Höhle unter der Erde angelegt wird, während die Horniſſe das ihre in hohle Bäume, andere Arten es ganz frei an einem Stiele aufhängen, — in den Neſtern der gewöhnlichen Wespe, ſage ich, finden ſich vier bis zehn horizontale Kuchen, aus einer einzigen Schicht ſechseckiger ſenkrechter Zellen gebildet, während bekanntlich in den Bienenſtöcken die ſenkrechten Waben aus zwei Schichten horizon- taler Zellen beſtehen, die mit den Böden aneinander ſtoßen. In den Wespenneſtern ſind die horizontalen Waben durch leere Zwiſchenräume getrennt, welche den Wespen geſtatten, überall umherzugehen, und die Feſtigkeit des Ganzen wird durch Pfeiler hergeſtellt, welche hie und da die einzelnen Waben mit einander verbinden. In einem gewiſſen Gegenſatze zu den jährlichen Geſellſchaften ſtehen die dauernden Geſellſchaften, welche von den Honig- bienen und den eigentlichen Ameiſen gebildet werden. Die Wohnun- gen, welche von dieſen Thieren errichtet werden, dienen nicht nur zur Erziehung der Jungen während des Sommers, ſondern auch zur Her- berge der ganzen Geſellſchaft während des Winters. Die Geſell-

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 682. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/688>, abgerufen am 23.12.2024.