wespen sind gekniet und aus dreizehn Gliedern zusammengesetzt, von denen das erste sehr lang ist und den Stiel der Geißel bildet. Die Adern der Flügel sind meist sehr unvollständig entwickelt; die Lege- röhre ist nur kurz, aber dick und stark, so daß die Thiere empfindlich damit stechen können; -- da sie aber nicht in Verbindung mit einem Giftbläschen steht, so ist auch dieser Stich bei weitem nicht so em- pfindlich oder bösartig, als derjenige der eigentlichen stacheltragen- den Hautflügler, zu welchen die Goldwespen den Uebergang bilden. Die Larven der Goldwespen, soweit man sie bis jetzt beobachtet hat, leben hauptsächlich in den Nestern der Grabwespen und der einsamen Bienen, deren Larven sie auffressen. Die Goldwespen schleichen sich in diese Nester ein, indem sie den Augenblick abpassen, wo die Biene oder Grabwespe sich entfernt, um Provision zu holen; die Gold- wespe legt dann ihre Eier an Stellen, wo sie von der heimkehrenden Erbauerin des Nestes nicht leicht entdeckt werden können; oft indeß werden sie bei diesem Geschäfte von jener überrascht und mit äußer- ster Wuth angegriffen, wo ihnen dann die Fähigkeit, sich zusammen zu kugeln, ein vortreffliches Vertheidigungsmittel bietet. Chrysis; He- dychrum; Parnopes; Stilbum; Pyria.
Die Holzwespen, welche wir hier folgen lassen, obgleich sie, genauer genommen, wohl eine Reihe für sich bilden dürften, da so- wohl die Bildung des vollkommenen Insektes, als namentlich diejeni- gen der Larven, sehr bedeutend von den Typen der übrigen Haupt- flügler abweicht, zeichnen sich durch einen langen, gestreckten Körper aus, an welchem der Hinterleib sich unmittelbar als eine Fortsetzung der Brust darstellt und niemals einen Stiel zeigt. Die Larven dieser Thiere haben wenigstens sechs Füße, meist aber noch eine große An- zahl von falschen Bauchfüßen, wodurch sie Schmetterlingsraupen so ähnlich werden, daß einige ältere Beobachter sie wirklich dafür an- sahen, und die aus den Puppen hervorgehenden Holzwespen für Schmarotzer hielten, die in ähnlichem Verhältnisse zu den Raupen stünden, wie die Schlupfwespen. Wir unterscheiden zwei Familien.
Die eigentlichen Holzwespen (Urocerida) haben einen beinahe runden Kopf, der meist der Brust unmittelbar aufsitzt, und einen cy- lindrischen Körper, an dessen hinterem Ende die sehr starke, sägeför- mige Legeröhre hervorsteht. Die Fühler sind sehr lang, borstenförmig, aus vielen kleinen Gliedern zusammengesetzt und oft in der Form von Widderhörnern gekrümmt. Die Mundwerkzeuge bestehen aus zwei
wespen ſind gekniet und aus dreizehn Gliedern zuſammengeſetzt, von denen das erſte ſehr lang iſt und den Stiel der Geißel bildet. Die Adern der Flügel ſind meiſt ſehr unvollſtändig entwickelt; die Lege- röhre iſt nur kurz, aber dick und ſtark, ſo daß die Thiere empfindlich damit ſtechen können; — da ſie aber nicht in Verbindung mit einem Giftbläschen ſteht, ſo iſt auch dieſer Stich bei weitem nicht ſo em- pfindlich oder bösartig, als derjenige der eigentlichen ſtacheltragen- den Hautflügler, zu welchen die Goldwespen den Uebergang bilden. Die Larven der Goldwespen, ſoweit man ſie bis jetzt beobachtet hat, leben hauptſächlich in den Neſtern der Grabwespen und der einſamen Bienen, deren Larven ſie auffreſſen. Die Goldwespen ſchleichen ſich in dieſe Neſter ein, indem ſie den Augenblick abpaſſen, wo die Biene oder Grabwespe ſich entfernt, um Proviſion zu holen; die Gold- wespe legt dann ihre Eier an Stellen, wo ſie von der heimkehrenden Erbauerin des Neſtes nicht leicht entdeckt werden können; oft indeß werden ſie bei dieſem Geſchäfte von jener überraſcht und mit äußer- ſter Wuth angegriffen, wo ihnen dann die Fähigkeit, ſich zuſammen zu kugeln, ein vortreffliches Vertheidigungsmittel bietet. Chrysis; He- dychrum; Parnopes; Stilbum; Pyria.
Die Holzwespen, welche wir hier folgen laſſen, obgleich ſie, genauer genommen, wohl eine Reihe für ſich bilden dürften, da ſo- wohl die Bildung des vollkommenen Inſektes, als namentlich diejeni- gen der Larven, ſehr bedeutend von den Typen der übrigen Haupt- flügler abweicht, zeichnen ſich durch einen langen, geſtreckten Körper aus, an welchem der Hinterleib ſich unmittelbar als eine Fortſetzung der Bruſt darſtellt und niemals einen Stiel zeigt. Die Larven dieſer Thiere haben wenigſtens ſechs Füße, meiſt aber noch eine große An- zahl von falſchen Bauchfüßen, wodurch ſie Schmetterlingsraupen ſo ähnlich werden, daß einige ältere Beobachter ſie wirklich dafür an- ſahen, und die aus den Puppen hervorgehenden Holzwespen für Schmarotzer hielten, die in ähnlichem Verhältniſſe zu den Raupen ſtünden, wie die Schlupfwespen. Wir unterſcheiden zwei Familien.
Die eigentlichen Holzwespen (Urocerida) haben einen beinahe runden Kopf, der meiſt der Bruſt unmittelbar aufſitzt, und einen cy- lindriſchen Körper, an deſſen hinterem Ende die ſehr ſtarke, ſägeför- mige Legeröhre hervorſteht. Die Fühler ſind ſehr lang, borſtenförmig, aus vielen kleinen Gliedern zuſammengeſetzt und oft in der Form von Widderhörnern gekrümmt. Die Mundwerkzeuge beſtehen aus zwei
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wespen ſind gekniet und aus dreizehn Gliedern zuſammengeſetzt, von
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Adern der Flügel ſind meiſt ſehr unvollſtändig entwickelt; die Lege-
röhre iſt nur kurz, aber dick und ſtark, ſo daß die Thiere empfindlich
damit ſtechen können; — da ſie aber nicht in Verbindung mit einem
Giftbläschen ſteht, ſo iſt auch dieſer Stich bei weitem nicht ſo em-
pfindlich oder bösartig, als derjenige der eigentlichen ſtacheltragen-
den Hautflügler, zu welchen die Goldwespen den Uebergang bilden.
Die Larven der Goldwespen, ſoweit man ſie bis jetzt beobachtet hat,
leben hauptſächlich in den Neſtern der Grabwespen und der einſamen
Bienen, deren Larven ſie auffreſſen. Die Goldwespen ſchleichen ſich
in dieſe Neſter ein, indem ſie den Augenblick abpaſſen, wo die Biene
oder Grabwespe ſich entfernt, um Proviſion zu holen; die Gold-
wespe legt dann ihre Eier an Stellen, wo ſie von der heimkehrenden
Erbauerin des Neſtes nicht leicht entdeckt werden können; oft indeß
werden ſie bei dieſem Geſchäfte von jener überraſcht und mit äußer-
ſter Wuth angegriffen, wo ihnen dann die Fähigkeit, ſich zuſammen
zu kugeln, ein vortreffliches Vertheidigungsmittel bietet. Chrysis; He-
dychrum; Parnopes; Stilbum; Pyria.
Die Holzwespen, welche wir hier folgen laſſen, obgleich ſie,
genauer genommen, wohl eine Reihe für ſich bilden dürften, da ſo-
wohl die Bildung des vollkommenen Inſektes, als namentlich diejeni-
gen der Larven, ſehr bedeutend von den Typen der übrigen Haupt-
flügler abweicht, zeichnen ſich durch einen langen, geſtreckten Körper
aus, an welchem der Hinterleib ſich unmittelbar als eine Fortſetzung
der Bruſt darſtellt und niemals einen Stiel zeigt. Die Larven dieſer
Thiere haben wenigſtens ſechs Füße, meiſt aber noch eine große An-
zahl von falſchen Bauchfüßen, wodurch ſie Schmetterlingsraupen ſo
ähnlich werden, daß einige ältere Beobachter ſie wirklich dafür an-
ſahen, und die aus den Puppen hervorgehenden Holzwespen für
Schmarotzer hielten, die in ähnlichem Verhältniſſe zu den Raupen
ſtünden, wie die Schlupfwespen. Wir unterſcheiden zwei Familien.
Die eigentlichen Holzwespen (Urocerida) haben einen beinahe
runden Kopf, der meiſt der Bruſt unmittelbar aufſitzt, und einen cy-
lindriſchen Körper, an deſſen hinterem Ende die ſehr ſtarke, ſägeför-
mige Legeröhre hervorſteht. Die Fühler ſind ſehr lang, borſtenförmig,
aus vielen kleinen Gliedern zuſammengeſetzt und oft in der Form von
Widderhörnern gekrümmt. Die Mundwerkzeuge beſtehen aus zwei
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 693. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/699>, abgerufen am 23.12.2024.
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