Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht so sehr auffallend, da es viele Fische gibt, deren Körper unge-
mein zusammengedrückt, hoch und platt ist, allein bei den Schollen
tritt hierzu noch die Eigenthümlichkeit, daß der vordere Theil ihres
Schädels so verschoben und verbogen ist, daß sich die Augen nur auf
einer Seite befinden; diese Augenseite, welche bald die rechte, bald auch
die linke ist, wird von dem Fische in der That stets nach oben gewen-

[Abbildung] Fig. 1071.

Der Steinbutt (Rhombus maximus).

det und ist allein mehr oder minder dunkel gefärbt, zuweilen getüpfelt,
während die andere Seite, auf welcher die Augen nicht stehen, stets
durchaus ungefärbt, weißlich gelb ist. Die Mundspalte ist gewöhnlich
klein, an der vorderen Kante angebracht, mit Hechelzähnen bewaffnet;
die Brustflosse zuweilen unsymmetrisch, indem sie auf der ungefärbten,
augenlosen Seite nur rudimentär ist oder selbst ganz fehlt; die Bauch-
flossen stehen ganz vorn, unmittelbar unter der Kehle. Die meisten
Schollen haben trotz der durchaus weichen Flossenstrahlen rauhe, hinten
gezähnte Kammschuppen, einige aber wirkliche Cycloidschuppen ohne
eine Spur von Zähnelung auf dem hinteren Rande. Die Fische lieben
tiefe, sandige Küsten und sind alle nur Meeresbewohner, obgleich sie
hie und da mit der Flut in größere Flußmündungen aufsteigen; ihr
Fleisch ist äußerst wohlschmeckend und gesund, ihre Größe manchmal
bedeutend. Pleuronectes; Platessa; Limanda; Hippoglossus; Rhombus;
Solea; Monochir; Achirus; Plagusia
.

Unterordnung der Schlundnähter (Paryngognatha). Der
anatomische Charakter, welcher diese Unterordnung vor allen übrigen
auszeichnet, liegt in der Verwachsung der unteren Schlundknochen,
welche bei allen übrigen Knochenfischen ohne Ausnahme vollkommen
getrennt sind, zu einem einzigen unpaaren, meist mit stumpfen Kegel-
zähnen besetzten Knochenstücke, welches gewöhnlich keine Spur von
Naht zeigt, obgleich es gewiß ursprünglich aus zwei getrennten, seit-

11*

nicht ſo ſehr auffallend, da es viele Fiſche gibt, deren Körper unge-
mein zuſammengedrückt, hoch und platt iſt, allein bei den Schollen
tritt hierzu noch die Eigenthümlichkeit, daß der vordere Theil ihres
Schädels ſo verſchoben und verbogen iſt, daß ſich die Augen nur auf
einer Seite befinden; dieſe Augenſeite, welche bald die rechte, bald auch
die linke iſt, wird von dem Fiſche in der That ſtets nach oben gewen-

[Abbildung] Fig. 1071.

Der Steinbutt (Rhombus maximus).

det und iſt allein mehr oder minder dunkel gefärbt, zuweilen getüpfelt,
während die andere Seite, auf welcher die Augen nicht ſtehen, ſtets
durchaus ungefärbt, weißlich gelb iſt. Die Mundſpalte iſt gewöhnlich
klein, an der vorderen Kante angebracht, mit Hechelzähnen bewaffnet;
die Bruſtfloſſe zuweilen unſymmetriſch, indem ſie auf der ungefärbten,
augenloſen Seite nur rudimentär iſt oder ſelbſt ganz fehlt; die Bauch-
floſſen ſtehen ganz vorn, unmittelbar unter der Kehle. Die meiſten
Schollen haben trotz der durchaus weichen Floſſenſtrahlen rauhe, hinten
gezähnte Kammſchuppen, einige aber wirkliche Cycloidſchuppen ohne
eine Spur von Zähnelung auf dem hinteren Rande. Die Fiſche lieben
tiefe, ſandige Küſten und ſind alle nur Meeresbewohner, obgleich ſie
hie und da mit der Flut in größere Flußmündungen aufſteigen; ihr
Fleiſch iſt äußerſt wohlſchmeckend und geſund, ihre Größe manchmal
bedeutend. Pleuronectes; Platessa; Limanda; Hippoglossus; Rhombus;
Solea; Monochir; Achirus; Plagusia
.

Unterordnung der Schlundnähter (Paryngognatha). Der
anatomiſche Charakter, welcher dieſe Unterordnung vor allen übrigen
auszeichnet, liegt in der Verwachſung der unteren Schlundknochen,
welche bei allen übrigen Knochenfiſchen ohne Ausnahme vollkommen
getrennt ſind, zu einem einzigen unpaaren, meiſt mit ſtumpfen Kegel-
zähnen beſetzten Knochenſtücke, welches gewöhnlich keine Spur von
Naht zeigt, obgleich es gewiß urſprünglich aus zwei getrennten, ſeit-

11*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0169" n="163"/>
nicht &#x017F;o &#x017F;ehr auffallend, da es viele Fi&#x017F;che gibt, deren Körper unge-<lb/>
mein zu&#x017F;ammengedrückt, hoch und platt i&#x017F;t, allein bei den Schollen<lb/>
tritt hierzu noch die Eigenthümlichkeit, daß der vordere Theil ihres<lb/>
Schädels &#x017F;o ver&#x017F;choben und verbogen i&#x017F;t, daß &#x017F;ich die Augen nur auf<lb/>
einer Seite befinden; die&#x017F;e Augen&#x017F;eite, welche bald die rechte, bald auch<lb/>
die linke i&#x017F;t, wird von dem Fi&#x017F;che in der That &#x017F;tets nach oben gewen-<lb/><figure><head>Fig. 1071.</head><lb/><p>Der Steinbutt <hi rendition="#aq">(Rhombus maximus)</hi>.</p></figure><lb/>
det und i&#x017F;t allein mehr oder minder dunkel gefärbt, zuweilen getüpfelt,<lb/>
während die andere Seite, auf welcher die Augen nicht &#x017F;tehen, &#x017F;tets<lb/>
durchaus ungefärbt, weißlich gelb i&#x017F;t. Die Mund&#x017F;palte i&#x017F;t gewöhnlich<lb/>
klein, an der vorderen Kante angebracht, mit Hechelzähnen bewaffnet;<lb/>
die Bru&#x017F;tflo&#x017F;&#x017F;e zuweilen un&#x017F;ymmetri&#x017F;ch, indem &#x017F;ie auf der ungefärbten,<lb/>
augenlo&#x017F;en Seite nur rudimentär i&#x017F;t oder &#x017F;elb&#x017F;t ganz fehlt; die Bauch-<lb/>
flo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tehen ganz vorn, unmittelbar unter der Kehle. Die mei&#x017F;ten<lb/>
Schollen haben trotz der durchaus weichen Flo&#x017F;&#x017F;en&#x017F;trahlen rauhe, hinten<lb/>
gezähnte Kamm&#x017F;chuppen, einige aber wirkliche Cycloid&#x017F;chuppen ohne<lb/>
eine Spur von Zähnelung auf dem hinteren Rande. Die Fi&#x017F;che lieben<lb/>
tiefe, &#x017F;andige Kü&#x017F;ten und &#x017F;ind alle nur Meeresbewohner, obgleich &#x017F;ie<lb/>
hie und da mit der Flut in größere Flußmündungen auf&#x017F;teigen; ihr<lb/>
Flei&#x017F;ch i&#x017F;t äußer&#x017F;t wohl&#x017F;chmeckend und ge&#x017F;und, ihre Größe manchmal<lb/>
bedeutend. <hi rendition="#aq">Pleuronectes; Platessa; Limanda; Hippoglossus; Rhombus;<lb/>
Solea; Monochir; Achirus; Plagusia</hi>.</p><lb/>
              <p>Unterordnung der <hi rendition="#b">Schlundnähter <hi rendition="#aq">(Paryngognatha)</hi>.</hi> Der<lb/>
anatomi&#x017F;che Charakter, welcher die&#x017F;e Unterordnung vor allen übrigen<lb/>
auszeichnet, liegt in der Verwach&#x017F;ung der unteren Schlundknochen,<lb/>
welche bei allen übrigen Knochenfi&#x017F;chen ohne Ausnahme vollkommen<lb/>
getrennt &#x017F;ind, zu einem einzigen unpaaren, mei&#x017F;t mit &#x017F;tumpfen Kegel-<lb/>
zähnen be&#x017F;etzten Knochen&#x017F;tücke, welches gewöhnlich keine Spur von<lb/>
Naht zeigt, obgleich es gewiß ur&#x017F;prünglich aus zwei getrennten, &#x017F;eit-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">11*</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0169] nicht ſo ſehr auffallend, da es viele Fiſche gibt, deren Körper unge- mein zuſammengedrückt, hoch und platt iſt, allein bei den Schollen tritt hierzu noch die Eigenthümlichkeit, daß der vordere Theil ihres Schädels ſo verſchoben und verbogen iſt, daß ſich die Augen nur auf einer Seite befinden; dieſe Augenſeite, welche bald die rechte, bald auch die linke iſt, wird von dem Fiſche in der That ſtets nach oben gewen- [Abbildung Fig. 1071. Der Steinbutt (Rhombus maximus).] det und iſt allein mehr oder minder dunkel gefärbt, zuweilen getüpfelt, während die andere Seite, auf welcher die Augen nicht ſtehen, ſtets durchaus ungefärbt, weißlich gelb iſt. Die Mundſpalte iſt gewöhnlich klein, an der vorderen Kante angebracht, mit Hechelzähnen bewaffnet; die Bruſtfloſſe zuweilen unſymmetriſch, indem ſie auf der ungefärbten, augenloſen Seite nur rudimentär iſt oder ſelbſt ganz fehlt; die Bauch- floſſen ſtehen ganz vorn, unmittelbar unter der Kehle. Die meiſten Schollen haben trotz der durchaus weichen Floſſenſtrahlen rauhe, hinten gezähnte Kammſchuppen, einige aber wirkliche Cycloidſchuppen ohne eine Spur von Zähnelung auf dem hinteren Rande. Die Fiſche lieben tiefe, ſandige Küſten und ſind alle nur Meeresbewohner, obgleich ſie hie und da mit der Flut in größere Flußmündungen aufſteigen; ihr Fleiſch iſt äußerſt wohlſchmeckend und geſund, ihre Größe manchmal bedeutend. Pleuronectes; Platessa; Limanda; Hippoglossus; Rhombus; Solea; Monochir; Achirus; Plagusia. Unterordnung der Schlundnähter (Paryngognatha). Der anatomiſche Charakter, welcher dieſe Unterordnung vor allen übrigen auszeichnet, liegt in der Verwachſung der unteren Schlundknochen, welche bei allen übrigen Knochenfiſchen ohne Ausnahme vollkommen getrennt ſind, zu einem einzigen unpaaren, meiſt mit ſtumpfen Kegel- zähnen beſetzten Knochenſtücke, welches gewöhnlich keine Spur von Naht zeigt, obgleich es gewiß urſprünglich aus zwei getrennten, ſeit- 11*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/169
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/169>, abgerufen am 27.11.2024.