ben, wo sie sich in den Schlamm einsenken und schlafend die Früh- lingswärme erwarten. Einige Molche, wie namentlich der Olm in Krain, kommen nur in unterirdischen Höhlengewässern vor, andere, wie die Schleichenlurche, nur in Erdlöchern ähnlich denen der Regen- würmer. Von allen diesen im Verborgenen lebenden Gattungen hat man nur dürftige Notizen über ihre Lebensweise und gar keine über die Entwicklung.
Die geologische Geschichte der Lurche ist nur kurz. Eine vollkommen ausgestorbene Familie, die Wickelzähner, hat ihre Ueber- reste nur in der Trias, also in dem bunten Sandsteine, dem Muschel- kalke und dem Keuper hinterlassen. Von den übrigen Lurchen hat man Ueberreste nur an wenigen Orten in den mittleren und oberen Tertiärgebilden gefunden, darunter freilich einige riesige, an südliche Formen sich anschließende Arten.
Bei den mannigfaltigen Uebergängen, welche sich in der Klasse der Lurche unter den verschiedenen Formen mit und ohne Schwanz, mit und ohne Kiemen zeigen, hält es im allgemeinen schwieriger die Gränzen größerer Abtheilungen zu stecken, als kleinere Gruppen von einander zu sondern und genauer zu charakterisiren. Die verschiedenen Formen, welche diese Klasse zeigt, stimmen meist so sehr mit der unun- terbrochenen Folge der Entwicklungsphasen der Embryonen überein, daß bei einigen kiementragenden Gattungen lange Zeit Streit herrschte, ob sie in der That ausgebildete Thiere oder nur Larven von höher stehenden noch unbekannten Typen seien. Nachdem dieser Streit durch die Untersuchung der Geschlechtstheile zu Gunsten der ersteren Ansicht gelöst war, tauchte in den schlangenförmigen Blindwühlen ein neuer Gegenstand der Diskussion auf, der endlich zu Gunsten der Amphi- biennatur dieser Thiere entschieden wurde, obgleich durch die Anerken- nung dieser Gruppe zugleich ein sehr abweichendes Glied in die ganze Klasse gebracht wurde. Endlich ist noch jetzt die Frage über die Stel- lung jener merkwürdigen Thiere unentschieden, deren Charaktere in fast gleichmäßig abgewogener Weise diejenigen eines Fisches und eines Lurches in sich vereinigen, so daß es fast auf die individuelle Neigung der Forscher ankommt, ob sie beim Wägen der Charaktere diesem oder jenem derselben mehr Wichtigkeit beilegen und hierdurch das Thier zu der einen oder anderen Klasse stellen wollen. Indem wir uns für die Amphibiennatur dieser Thiere entscheiden, erhalten wir in der Klasse der Lurche vier schon durch äußere Kennzeichen leicht zu unterscheidende
ben, wo ſie ſich in den Schlamm einſenken und ſchlafend die Früh- lingswärme erwarten. Einige Molche, wie namentlich der Olm in Krain, kommen nur in unterirdiſchen Höhlengewäſſern vor, andere, wie die Schleichenlurche, nur in Erdlöchern ähnlich denen der Regen- würmer. Von allen dieſen im Verborgenen lebenden Gattungen hat man nur dürftige Notizen über ihre Lebensweiſe und gar keine über die Entwicklung.
Die geologiſche Geſchichte der Lurche iſt nur kurz. Eine vollkommen ausgeſtorbene Familie, die Wickelzähner, hat ihre Ueber- reſte nur in der Trias, alſo in dem bunten Sandſteine, dem Muſchel- kalke und dem Keuper hinterlaſſen. Von den übrigen Lurchen hat man Ueberreſte nur an wenigen Orten in den mittleren und oberen Tertiärgebilden gefunden, darunter freilich einige rieſige, an ſüdliche Formen ſich anſchließende Arten.
Bei den mannigfaltigen Uebergängen, welche ſich in der Klaſſe der Lurche unter den verſchiedenen Formen mit und ohne Schwanz, mit und ohne Kiemen zeigen, hält es im allgemeinen ſchwieriger die Gränzen größerer Abtheilungen zu ſtecken, als kleinere Gruppen von einander zu ſondern und genauer zu charakteriſiren. Die verſchiedenen Formen, welche dieſe Klaſſe zeigt, ſtimmen meiſt ſo ſehr mit der unun- terbrochenen Folge der Entwicklungsphaſen der Embryonen überein, daß bei einigen kiementragenden Gattungen lange Zeit Streit herrſchte, ob ſie in der That ausgebildete Thiere oder nur Larven von höher ſtehenden noch unbekannten Typen ſeien. Nachdem dieſer Streit durch die Unterſuchung der Geſchlechtstheile zu Gunſten der erſteren Anſicht gelöſt war, tauchte in den ſchlangenförmigen Blindwühlen ein neuer Gegenſtand der Diskuſſion auf, der endlich zu Gunſten der Amphi- biennatur dieſer Thiere entſchieden wurde, obgleich durch die Anerken- nung dieſer Gruppe zugleich ein ſehr abweichendes Glied in die ganze Klaſſe gebracht wurde. Endlich iſt noch jetzt die Frage über die Stel- lung jener merkwürdigen Thiere unentſchieden, deren Charaktere in faſt gleichmäßig abgewogener Weiſe diejenigen eines Fiſches und eines Lurches in ſich vereinigen, ſo daß es faſt auf die individuelle Neigung der Forſcher ankommt, ob ſie beim Wägen der Charaktere dieſem oder jenem derſelben mehr Wichtigkeit beilegen und hierdurch das Thier zu der einen oder anderen Klaſſe ſtellen wollen. Indem wir uns für die Amphibiennatur dieſer Thiere entſcheiden, erhalten wir in der Klaſſe der Lurche vier ſchon durch äußere Kennzeichen leicht zu unterſcheidende
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0216"n="210"/>
ben, wo ſie ſich in den Schlamm einſenken und ſchlafend die Früh-<lb/>
lingswärme erwarten. Einige Molche, wie namentlich der Olm in<lb/>
Krain, kommen nur in unterirdiſchen Höhlengewäſſern vor, andere,<lb/>
wie die Schleichenlurche, nur in Erdlöchern ähnlich denen der Regen-<lb/>
würmer. Von allen dieſen im Verborgenen lebenden Gattungen hat<lb/>
man nur dürftige Notizen über ihre Lebensweiſe und gar keine über<lb/>
die Entwicklung.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">geologiſche Geſchichte</hi> der Lurche iſt nur kurz. Eine<lb/>
vollkommen ausgeſtorbene Familie, die Wickelzähner, hat ihre Ueber-<lb/>
reſte nur in der Trias, alſo in dem bunten Sandſteine, dem Muſchel-<lb/>
kalke und dem Keuper hinterlaſſen. Von den übrigen Lurchen hat<lb/>
man Ueberreſte nur an wenigen Orten in den mittleren und oberen<lb/>
Tertiärgebilden gefunden, darunter freilich einige rieſige, an ſüdliche<lb/>
Formen ſich anſchließende Arten.</p><lb/><p>Bei den mannigfaltigen Uebergängen, welche ſich in der Klaſſe<lb/>
der Lurche unter den verſchiedenen Formen mit und ohne Schwanz,<lb/>
mit und ohne Kiemen zeigen, hält es im allgemeinen ſchwieriger die<lb/>
Gränzen größerer Abtheilungen zu ſtecken, als kleinere Gruppen von<lb/>
einander zu ſondern und genauer zu charakteriſiren. Die verſchiedenen<lb/>
Formen, welche dieſe Klaſſe zeigt, ſtimmen meiſt ſo ſehr mit der unun-<lb/>
terbrochenen Folge der Entwicklungsphaſen der Embryonen überein,<lb/>
daß bei einigen kiementragenden Gattungen lange Zeit Streit herrſchte,<lb/>
ob ſie in der That ausgebildete Thiere oder nur Larven von höher<lb/>ſtehenden noch unbekannten Typen ſeien. Nachdem dieſer Streit durch<lb/>
die Unterſuchung der Geſchlechtstheile zu Gunſten der erſteren Anſicht<lb/>
gelöſt war, tauchte in den ſchlangenförmigen Blindwühlen ein neuer<lb/>
Gegenſtand der Diskuſſion auf, der endlich zu Gunſten der Amphi-<lb/>
biennatur dieſer Thiere entſchieden wurde, obgleich durch die Anerken-<lb/>
nung dieſer Gruppe zugleich ein ſehr abweichendes Glied in die ganze<lb/>
Klaſſe gebracht wurde. Endlich iſt noch jetzt die Frage über die Stel-<lb/>
lung jener merkwürdigen Thiere unentſchieden, deren Charaktere in<lb/>
faſt gleichmäßig abgewogener Weiſe diejenigen eines Fiſches und eines<lb/>
Lurches in ſich vereinigen, ſo daß es faſt auf die individuelle Neigung<lb/>
der Forſcher ankommt, ob ſie beim Wägen der Charaktere dieſem oder<lb/>
jenem derſelben mehr Wichtigkeit beilegen und hierdurch das Thier zu<lb/>
der einen oder anderen Klaſſe ſtellen wollen. Indem wir uns für<lb/>
die Amphibiennatur dieſer Thiere entſcheiden, erhalten wir in der Klaſſe<lb/>
der Lurche vier ſchon durch äußere Kennzeichen leicht zu unterſcheidende<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[210/0216]
ben, wo ſie ſich in den Schlamm einſenken und ſchlafend die Früh-
lingswärme erwarten. Einige Molche, wie namentlich der Olm in
Krain, kommen nur in unterirdiſchen Höhlengewäſſern vor, andere,
wie die Schleichenlurche, nur in Erdlöchern ähnlich denen der Regen-
würmer. Von allen dieſen im Verborgenen lebenden Gattungen hat
man nur dürftige Notizen über ihre Lebensweiſe und gar keine über
die Entwicklung.
Die geologiſche Geſchichte der Lurche iſt nur kurz. Eine
vollkommen ausgeſtorbene Familie, die Wickelzähner, hat ihre Ueber-
reſte nur in der Trias, alſo in dem bunten Sandſteine, dem Muſchel-
kalke und dem Keuper hinterlaſſen. Von den übrigen Lurchen hat
man Ueberreſte nur an wenigen Orten in den mittleren und oberen
Tertiärgebilden gefunden, darunter freilich einige rieſige, an ſüdliche
Formen ſich anſchließende Arten.
Bei den mannigfaltigen Uebergängen, welche ſich in der Klaſſe
der Lurche unter den verſchiedenen Formen mit und ohne Schwanz,
mit und ohne Kiemen zeigen, hält es im allgemeinen ſchwieriger die
Gränzen größerer Abtheilungen zu ſtecken, als kleinere Gruppen von
einander zu ſondern und genauer zu charakteriſiren. Die verſchiedenen
Formen, welche dieſe Klaſſe zeigt, ſtimmen meiſt ſo ſehr mit der unun-
terbrochenen Folge der Entwicklungsphaſen der Embryonen überein,
daß bei einigen kiementragenden Gattungen lange Zeit Streit herrſchte,
ob ſie in der That ausgebildete Thiere oder nur Larven von höher
ſtehenden noch unbekannten Typen ſeien. Nachdem dieſer Streit durch
die Unterſuchung der Geſchlechtstheile zu Gunſten der erſteren Anſicht
gelöſt war, tauchte in den ſchlangenförmigen Blindwühlen ein neuer
Gegenſtand der Diskuſſion auf, der endlich zu Gunſten der Amphi-
biennatur dieſer Thiere entſchieden wurde, obgleich durch die Anerken-
nung dieſer Gruppe zugleich ein ſehr abweichendes Glied in die ganze
Klaſſe gebracht wurde. Endlich iſt noch jetzt die Frage über die Stel-
lung jener merkwürdigen Thiere unentſchieden, deren Charaktere in
faſt gleichmäßig abgewogener Weiſe diejenigen eines Fiſches und eines
Lurches in ſich vereinigen, ſo daß es faſt auf die individuelle Neigung
der Forſcher ankommt, ob ſie beim Wägen der Charaktere dieſem oder
jenem derſelben mehr Wichtigkeit beilegen und hierdurch das Thier zu
der einen oder anderen Klaſſe ſtellen wollen. Indem wir uns für
die Amphibiennatur dieſer Thiere entſcheiden, erhalten wir in der Klaſſe
der Lurche vier ſchon durch äußere Kennzeichen leicht zu unterſcheidende
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/216>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.