allmälig und nimmt nach und nach die bei dem erwachsenen Thiere ausgebildete Form an. Die Lungen entstehen als Ausstülpungen des Schlundes unmittelbar hinter dem Kiemenbogen und stellen anfangs zwei solide Zellenanhäufungen vor, die sich erst später aushöhlen. Zu beiden Seiten der Wirbelsaite finden sich hoch oben in der Nähe der Lungen zwei, anfangs solide, später drüsig ausgebildete Körper mit Ausführungsgängen, welche den Nieren der Fische entsprechen. Es sind diese Körper aber nicht die wirklichen Nieren der erwachsenen Thiere, sondern die sogenannten Wolff'schen Körper, die bei allen Wirbelthieren während des Embryonallebens sich ausbilden, bei den Fischen als beständige Nieren während des ganzen Lebens bleiben, bei den übrigen Wirbelthieren aber nach und nach zurücksinken und auf Kosten der eigentlichen Nieren und der Geschlechtstheile zurückge- bildet werden. Diese eigentlichen Nieren entstehen bei den Larven der Lurche ziemlich früh in dem hinteren Theile der Leibeshöhle, während die ersten Rudimente der Geschlechtstheile sich erst sehr spät am Ende des Larvenlebens zeigen.
Die Lurche sind in ihrer Lebensart entweder gänzlich auf das süße Wasser angewiesen oder doch wenigstens während ihrer Larven- zeit darauf beschränkt. Bei der schleimigen Beschaffenheit ihrer Haut, der starken Ausdünstung derselben, ist ihnen auch im ausgebildeten Zustande Feuchtigkeit ein nothwendiges Lebensbedürfniß, so daß man sie nur in sumpfigen Gegenden, auf nassen Wiesen oder an schattigen, feuchten, dunklen Orten findet. Ihre Zahl ist in den tropischen Ge- genden bedeutender, als in den gemäßigten und nimmt nach dem hohen Norden hin mehr und mehr ab, so daß in der Polarregion gar keine Thiere dieser Klasse mehr vorkommen. Die Larven leben, wie schon bemerkt, nur von Wasserpflanzen, die erwachsenen Thiere dagegen we- sentlich nur von Insekten, kleinen Würmern u. s. w. Sie können außerordentlich lang, selbst Jahre hindurch ohne Nahrung existiren, wenn ihnen nur der Zutritt von hinlänglicher Luft und Feuchtigkeit gesichert ist. Hieraus erklärt sich auch das Vorkommen lebender Krö- ten in verwachsenen Baumlöchern oder fast verschlossenen Steinhöhlen, von denen man freilich übertrieben sagte, daß sie bei dem Absatze der Steinmasse von derselben umschlossen sein müßten. Angestellte Versuche haben nachgewiesen, daß vollkommen eingeschlossene Kröten sehr bald starben, daß sie aber in porösen Massen, wo der Zutritt von Luft und Feuchtigkeit ihnen gesichert war, lange Zeit hindurch existiren konnten. Die bei uns vorkommenden Lurche überwintern in Sümpfen und Grä-
Bogt. Zoologische Briefe. II. 14
allmälig und nimmt nach und nach die bei dem erwachſenen Thiere ausgebildete Form an. Die Lungen entſtehen als Ausſtülpungen des Schlundes unmittelbar hinter dem Kiemenbogen und ſtellen anfangs zwei ſolide Zellenanhäufungen vor, die ſich erſt ſpäter aushöhlen. Zu beiden Seiten der Wirbelſaite finden ſich hoch oben in der Nähe der Lungen zwei, anfangs ſolide, ſpäter drüſig ausgebildete Körper mit Ausführungsgängen, welche den Nieren der Fiſche entſprechen. Es ſind dieſe Körper aber nicht die wirklichen Nieren der erwachſenen Thiere, ſondern die ſogenannten Wolff’ſchen Körper, die bei allen Wirbelthieren während des Embryonallebens ſich ausbilden, bei den Fiſchen als beſtändige Nieren während des ganzen Lebens bleiben, bei den übrigen Wirbelthieren aber nach und nach zurückſinken und auf Koſten der eigentlichen Nieren und der Geſchlechtstheile zurückge- bildet werden. Dieſe eigentlichen Nieren entſtehen bei den Larven der Lurche ziemlich früh in dem hinteren Theile der Leibeshöhle, während die erſten Rudimente der Geſchlechtstheile ſich erſt ſehr ſpät am Ende des Larvenlebens zeigen.
Die Lurche ſind in ihrer Lebensart entweder gänzlich auf das ſüße Waſſer angewieſen oder doch wenigſtens während ihrer Larven- zeit darauf beſchränkt. Bei der ſchleimigen Beſchaffenheit ihrer Haut, der ſtarken Ausdünſtung derſelben, iſt ihnen auch im ausgebildeten Zuſtande Feuchtigkeit ein nothwendiges Lebensbedürfniß, ſo daß man ſie nur in ſumpfigen Gegenden, auf naſſen Wieſen oder an ſchattigen, feuchten, dunklen Orten findet. Ihre Zahl iſt in den tropiſchen Ge- genden bedeutender, als in den gemäßigten und nimmt nach dem hohen Norden hin mehr und mehr ab, ſo daß in der Polarregion gar keine Thiere dieſer Klaſſe mehr vorkommen. Die Larven leben, wie ſchon bemerkt, nur von Waſſerpflanzen, die erwachſenen Thiere dagegen we- ſentlich nur von Inſekten, kleinen Würmern u. ſ. w. Sie können außerordentlich lang, ſelbſt Jahre hindurch ohne Nahrung exiſtiren, wenn ihnen nur der Zutritt von hinlänglicher Luft und Feuchtigkeit geſichert iſt. Hieraus erklärt ſich auch das Vorkommen lebender Krö- ten in verwachſenen Baumlöchern oder faſt verſchloſſenen Steinhöhlen, von denen man freilich übertrieben ſagte, daß ſie bei dem Abſatze der Steinmaſſe von derſelben umſchloſſen ſein müßten. Angeſtellte Verſuche haben nachgewieſen, daß vollkommen eingeſchloſſene Kröten ſehr bald ſtarben, daß ſie aber in poröſen Maſſen, wo der Zutritt von Luft und Feuchtigkeit ihnen geſichert war, lange Zeit hindurch exiſtiren konnten. Die bei uns vorkommenden Lurche überwintern in Sümpfen und Grä-
Bogt. Zoologiſche Briefe. II. 14
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allmälig und nimmt nach und nach die bei dem erwachſenen Thiere
ausgebildete Form an. Die Lungen entſtehen als Ausſtülpungen des
Schlundes unmittelbar hinter dem Kiemenbogen und ſtellen anfangs
zwei ſolide Zellenanhäufungen vor, die ſich erſt ſpäter aushöhlen. Zu
beiden Seiten der Wirbelſaite finden ſich hoch oben in der Nähe der
Lungen zwei, anfangs ſolide, ſpäter drüſig ausgebildete Körper mit
Ausführungsgängen, welche den Nieren der Fiſche entſprechen. Es
ſind dieſe Körper aber nicht die wirklichen Nieren der erwachſenen
Thiere, ſondern die ſogenannten Wolff’ſchen Körper, die bei allen
Wirbelthieren während des Embryonallebens ſich ausbilden, bei den
Fiſchen als beſtändige Nieren während des ganzen Lebens bleiben,
bei den übrigen Wirbelthieren aber nach und nach zurückſinken und
auf Koſten der eigentlichen Nieren und der Geſchlechtstheile zurückge-
bildet werden. Dieſe eigentlichen Nieren entſtehen bei den Larven der
Lurche ziemlich früh in dem hinteren Theile der Leibeshöhle, während
die erſten Rudimente der Geſchlechtstheile ſich erſt ſehr ſpät am Ende
des Larvenlebens zeigen.
Die Lurche ſind in ihrer Lebensart entweder gänzlich auf das
ſüße Waſſer angewieſen oder doch wenigſtens während ihrer Larven-
zeit darauf beſchränkt. Bei der ſchleimigen Beſchaffenheit ihrer Haut,
der ſtarken Ausdünſtung derſelben, iſt ihnen auch im ausgebildeten
Zuſtande Feuchtigkeit ein nothwendiges Lebensbedürfniß, ſo daß man
ſie nur in ſumpfigen Gegenden, auf naſſen Wieſen oder an ſchattigen,
feuchten, dunklen Orten findet. Ihre Zahl iſt in den tropiſchen Ge-
genden bedeutender, als in den gemäßigten und nimmt nach dem hohen
Norden hin mehr und mehr ab, ſo daß in der Polarregion gar keine
Thiere dieſer Klaſſe mehr vorkommen. Die Larven leben, wie ſchon
bemerkt, nur von Waſſerpflanzen, die erwachſenen Thiere dagegen we-
ſentlich nur von Inſekten, kleinen Würmern u. ſ. w. Sie können
außerordentlich lang, ſelbſt Jahre hindurch ohne Nahrung exiſtiren,
wenn ihnen nur der Zutritt von hinlänglicher Luft und Feuchtigkeit
geſichert iſt. Hieraus erklärt ſich auch das Vorkommen lebender Krö-
ten in verwachſenen Baumlöchern oder faſt verſchloſſenen Steinhöhlen,
von denen man freilich übertrieben ſagte, daß ſie bei dem Abſatze der
Steinmaſſe von derſelben umſchloſſen ſein müßten. Angeſtellte Verſuche
haben nachgewieſen, daß vollkommen eingeſchloſſene Kröten ſehr bald
ſtarben, daß ſie aber in poröſen Maſſen, wo der Zutritt von Luft und
Feuchtigkeit ihnen geſichert war, lange Zeit hindurch exiſtiren konnten.
Die bei uns vorkommenden Lurche überwintern in Sümpfen und Grä-
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/215>, abgerufen am 23.11.2024.
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